By CDU - This file was provided to Wikimedia Commons by the Konrad-Adenauer-Stiftung, a German political foundation, as part of a cooperation project., CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=30249286

Nach­fol­ge­dis­kussion in der CDU — Wofür steht Friedrich Merz?

Nach dem Chaos in der CDU wird Friedrich Merz nun wieder ins Spiel gebracht. Wofür steht der Mann und was können wir unter ihm als Kanzler erwarten?

Friedrich Merz ist ein ein­ge­fleischter Trans­at­lan­tiker, was nichts anderes bedeutet, als das er poli­tisch der Position Washingtons folgt. US-Inter­essen, die in Deutschland gerne als „trans­at­lan­tisch“ bezeichnet werden, sind ihm weit wich­tiger, als die Inter­essen der Men­schen in Deutschland. Ganze zehn Jahre, von 2009 bis 2019, war er Vor­sit­zender der Atlantik Brücke, einer der füh­renden Lob­by­or­ga­ni­sa­tionen für die US-Politik in Deutschland. Daher steht zu befürchten, dass er noch kom­pro­miss­loser für die US-Politik stehen wird, als es eine Merkel tut. Merkel setzt sich beim Thema Nord-Stream 2 zumindest mal für deutsche Inter­essen ein, unter einem Kanzler Merz dürfte auch das ein Ende haben und Deutschland dürfte anfangen, teures US-Frack­inggas zu importieren.

Die Ziele der Atlantik Brücke stellt Merz aller­dings auf seiner eigenen Homepage ganz anders dar:

„Von 2009 bis 2019 war er Vor­sit­zender der Atlantik-Brücke, die sich für Mul­ti­la­te­ra­lismus, offene Gesell­schaften und den freien Handel einsetzt.“

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Merz wird nach­gesagt, er sei gut für die Wirt­schaft, was ja als etwas Posi­tives gilt. Aber was bedeutet das tat­sächlich? Es bedeutet nichts anderes, als das Merz dafür sorgen wird, dass Deutschland auch wei­terhin ein Nied­rig­lohnland in West­europa bleibt und die Gewinne der Kon­zerne wei­terhin steigen.

Und beim Thema Rente ist zu befürchten, dass Merz das (kom­mende) Problem der Alters­armut noch ver­schärfen wird, denn er tritt für eine Pri­va­ti­sierung der Rente ein. Was gut klingt, bedeutet nichts anderes, als dass die Bei­träge an Fonds gehen und damit das Risiko besteht, dass die Renten in einer Finanz­krise ver­spielt werden. Das konnten wir anschaulich in den USA beob­achten, wo in der Finanz­krise 2008 hun­dert­tau­sende Men­schen ihre Erspar­nisse, die sie für´s Alter zurück­gelegt haben, ver­loren haben. Als Füh­rungs­kraft bei Blackrock, einem der größten Fonds für solche pri­vaten Renten, macht Merz immer wieder mit Vor­schlägen in diese Richtung Schlagzeilen.

Und als wäre das noch nicht genug, hat Merz auch noch ein sehr zwei­fel­haftes Demo­kra­tie­ver­ständnis. Das zeigte ein Spiegel-Artikel am 12. Februar anschaulich auf, der gleich mit fol­gendem Absatz begann:

„Der Uni­ons­po­li­tiker Friedrich Merz will die Par­tei­mit­glieder nicht an der Bestimmung einer neuen CDU-Spitze betei­ligen. „Ich halte davon über­haupt nichts“, sagte Merz laut der Nach­rich­ten­agentur dpa auf dem Jah­res­empfang des Wirt­schaftsrats der CDU Sachsen-Anhalt in Mag­deburg. „Wir können Mit­glieder befragen, aber eine Ent­scheidung zu treffen, dafür haben wir Gremien.“

Merz hält also nichts davon, dass die Par­tei­mit­glieder demo­kra­tisch ent­scheiden, wer die Partei führen soll, er findet es besser, wenn „Gremien“ hinter ver­schlos­senen Türen ent­scheiden. Merz beruft sich darauf, dass die SPD gerade gezeigt hat, dass ein Mit­glie­der­ent­scheid kein gutes Per­sonal an die Spitze der Partei gebracht hat. Damit hat er sicher recht, aber die SPD hat vorher schon unge­zählte Vor­sit­zende gehabt, die von den „Gremien“ ernannt worden sind. Trotzdem war die SPD seit Jahr­zehnten glücklos bei der Wahl ihrer Vor­sit­zenden. Das ist kein Problem, das der Mit­glie­der­ent­scheid geschaffen hat.

Nach meiner Meinung sollte Merz schon Ende 2018 Par­teichef der CDU werden. Dass AKK damals die Wahl knapp gewonnen hat, war wohl eher ein Betriebs­unfall. Und der Gegenwind, den sie vom ersten Tag in Partei und Medien hatte, bestätigt das in meinen Augen.

Nun ist zu erwarten, dass Merz einen zweiten Anlauf macht, um Par­teichef der CDU und wohl auch nächster Kanzler zu werden.

Im Spiegel konnte man auch noch lesen:

„Neben Mit­glie­der­be­fra­gungen warnte Merz auch vor anderen Formen der direkten Demo­kratie. „Sie können in Groß­bri­tannien sehen, was aus Volks­be­fra­gungen und der Laune des Augen­blicks heraus wird“, sagte Merz mit Blick auf den Brexit. Im bri­ti­schen Unterhaus habe es niemals eine Mehrheit für den Aus­tritt der Briten gegeben.“

Man muss ja kein Freund des Brexit sein, aber als Demokrat muss man aner­kennen, wenn die Wähler etwas wollen. Und dass der Brexit in Groß­bri­tannien von der Mehrheit gewollt wird, hat nicht nur das Refe­rendum gezeigt. Die vor­ge­zogene Neuwahl Ende 2019 war eine Abstimmung über den Brexit: Johnson, der sich für den kom­pro­miss­losen Brexit ein­ge­setzt hat, hat haushoch gewonnen und Corbyn, der gegen den Brexit war, hat kra­chend ver­loren. Das muss man nun einmal anerkennen.

Dass es im bri­ti­schen Unterhaus keine Mehrheit für den Brexit gegeben hat, zeigt höchstens auf, wie sehr sich das Par­lament vom Willen des Volkes ent­fernt hat. Aber für Merz scheint der Wille der Abge­ord­neten, die über Par­tei­listen auf­ge­stellt werden, wich­tiger zu sein, als der Wille des Volkes, das die Abge­ord­neten wählt.

Wenn das Deutsch­lands neuer Kanzler wird, dann werden sich viele wohl schon bald sogar eine Merkel zurückwünschen.


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru

Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Ost­europa in ver­schie­denen Ver­si­che­rungs- und Finanz­dienst­leis­tungs­un­ter­nehmen in Ost­europa und Russland Vor­stands- und Auf­sichts­rats­po­si­tionen bekleidet, bevor er sich ent­schloss, sich als unab­hän­giger Unter­neh­mens­be­rater in seiner Wahl­heimat St. Petersburg nie­der­zu­lassen. Er lebt ins­gesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite  www.anti-spiegel.ru. Die Schwer­punkte seiner medi­en­kri­ti­schen Arbeit sind das (mediale) Russ­landbild in Deutschland, Kritik an der Bericht­erstattung west­licher Medien im All­ge­meinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Thomas Röper ist Autor des Buches „Vla­dimir Putin: Seht Ihr, was Ihr ange­richtet habt?“