Alexander Kekulé, Virologe und Fachmann für Seuchenbekämpfung, hat die Bundesregierung aufgefordert, rasch Maßnahmen gegen die weitere Ausbreitung des Coronavirus einzuleiten. “In Deutschland haben wir derzeit nur einzelne Infektionen, hier lässt sich die Lage noch einfangen”, sagte Kekulé der “Welt” (Freitagsausgabe). “Darum müssen wir dieses kleine Zeitfenster nutzen, bevor wir norditalienische Verhältnisse erleben.“Kekulé warnte: “Die Coronavirus-Epidemie ist eine gewaltige Bedrohung. Wie schlimm sie für uns in Deutschland wird, hängt davon ab, wie wir jetzt reagieren.” Kekulé empfiehlt, flächendeckend jeden zu testen, der die Symptome einer ungewöhnlich schweren, akuten Atemwegserkrankung mit grippeähnlichen Symptomen zeigt. “Zusätzlich müssen alle Personen, die kürzlich in der betroffenen Region in Norditalien waren, umgehend auf Coronavirus getestet werden. Bis das Ergebnis vorliegt, sollten sie Kontakt zu gefährdeten Personen, Kitas und Großveranstaltungen vermeiden. Nur so können wir auch die Kollateralschäden verhindern, die eine Virusepidemie mit sich bringt.” Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sage, es gebe im Moment keinen Grund, die Grenze zu sperren, so Kekulé. “Es wird niemals einen Grund geben, denn das Virus ist längst im Land.” Zustände wie in Norditalien könne Deutschland “verhindern, wenn wir jetzt rasch damit beginnen, die einzelnen Fälle in Deutschland auszumachen und zu bekämpfen”. In der Epidemiologie gebe es einen Ausdruck für diese Maßnahme: “Man spricht von ‘stamping out‘ die Infektionsherde müssen ausgetreten werden wie glimmende Zigaretten, bevor es einen Waldbrand gibt.” Der Virologe kritisierte, dass in Deutschland teilweise das Gesundheitsamt entscheide, ob bei einem Verdachtsfall überhaupt auf Coronavirus getestet werde. “Sie können sich vorstellen, das dauert zu lange.” Er warnte davor, Sars-CoV‑2 zu unterschätzen. Es sei “gefährlicher als die jährliche Grippe”. Aktuell breite es sich unerwartet schnell aus. “Die Infektion verläuft häufiger schwer oder tödlich.”
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Halle (Saale) (dts Nachrichtenagentur) — Foto: Überfüllte U‑Bahn, über dts Nachrichtenagentur
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