Der deutsche 411-Fall der Georgeta Tapu
Der Fall der rätselhaft verschwundenen Georgeta Tapu beschäftigt – trotz Corona-Panik – die Gemüter. So etwas ist in Deutschland bisher sehr selten passiert. Der Fall erninnert an die immer wieder geschehenden Vermisstenfälle in den USA, die dort unter den Polizeicode „Missing 411“ fallen. Die hinzugerufene Polizei steht dabei regelmäßig vor einem Rätsel. Das Verschwinden dieser Menschen ist so mysteriös wie das bisweilen spätere Auftauchen. Auch, was die Überlebenden erzählen, ist bisweilen schwer zu glauben.
Die Gastarbeiterin Georgeta Tapu könnte natürlich auch das Opfer einer Straftat geworden sein, doch die Polizei hat keine Anhaltspunkte dafür.
Wir können nur hoffen, dass die arme Georgeta doch noch wohlbehalten wieder auftaucht.
Was sind „Missing 411“-Fälle?
Es sind Hunderte von solchen unfassbaren, rätselhaften Fällen. Sehr viele finden in den riesigen, amerikanischen Nationalparks statt und werden nie aufgeklärt. Es gibt einen Mann, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, diese Fälle zu analysieren und zu archivieren und zu ermitteln. Er geht jeder Spur nach und hat die auffälligen, seltsamen Gemeinsamkeiten zusammengetragen.
Die Rede ist von dem amerikanischen Ex-Polizisten, Investigativ-Journalisten und Autor David Paulides. Er forscht seit Jahrzehnten nach unerklärlich vermissten Menschen in den USA. Er untersuchte mittlerweile viele hundert Fälle, die sich ausdrücklich nicht mit den üblichen Erklärungsmodellen wie Selbstmord, Unfall, Gewaltverbrechen, Drogen oder Tierangriff in Zusammenhang bringen ließen. Während er die „üblichen“ – wenngleich nicht minder tragischen – Fälle ausklammert, konzentriert er sich auf das unerklärliche Verschwinden von Menschen, die sehr häufig rätselhafte Gemeinsamkeiten aufweisen.
Die zurückliegenden Fälle, deren Polizeiakten Paulides untersucht, gehen teilweise bis in die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurück und können für den Vergleich ähnlicher heutiger Fälle herangezogen werden.
In Interviews mit Paulides weist der besonnen wirkende Autor und Forscher nachdrücklich darauf hin, dass die US-Nationalparks in keinster Weise gewillt sind, konkrete Auskunft über Vermisste oder deren Existenz zu erteilen. Naiv nachgefragt, erhält man die lapidare Antwort, dass dort nichts vorkäme und man im Übrigen keine Statistiken darüber vorliegen hätte. Besucher der Parks werden darum auch nicht mit Steckbriefen über Vermisste behelligt – das Thema wird sorgfältig unter den Teppich gekehrt.
Gemeinsamkeiten obskurer „Zufälle“
Paulides hat ein Muster erarbeitet, nach welchem sich in unterschiedlichsten Parks unerklärliche Vermisstenfälle über die Jahrzehnte gehäuft haben und untersucht nur diejenigen, die diesem rätselhaften Muster entsprechen. Er legt für gewöhnlich folgende Kriterien zugrunde:
– Auf Selbstmord, Unfall, Gewaltverbrechen, menschliche Dramen oder Tierangriffe gibt es keinerlei Hinweise (auch obduktionstechnisch nicht)
– Die Menschen verschwinden von einem Moment auf den anderen und werden, wenn überhaupt, erst nach Monaten gefunden (häufig nur noch deren Überreste)
– Kinder zwischen 2–6 Jahren, die urplötzlich von einem Moment auf den anderen verschwinden und teilweise bis zu 10–15 Meilen tot oder lebendig von der Stelle des Verschwindens entfernt aufgefunden werden.
– Die Fundstellen der Leichen (selten auch lebende Personen – manchmal Kinder) befinden sich dort, wo die Behörden meist sogar mehrfach vorher schon gesucht hatten. Selbst, wenn hunderte von Ermittlern die entsprechende Stelle schon passiert hatten.
– Die Todesursachen können häufig nicht festgestellt werden
Die Liste der Gemeinsamkeiten geht im Grunde noch weiter und immer wiederholen sich bestimmte Muster des Verschwindens einschließlich des Suchens. In stundenlangen Interviews gibt Paulides zu verstehen, dass die Unerklärlichkeit dieser Fälle, die er im Einzelnen beschreibt, von Gemeinsamkeiten überschattet werden, die selbst bei nüchterner Herangehensweise keinerlei Erklärung bieten und genauso gut Stoff für Schauermärchen oder Hollywood liefern könnten. Das Einzige, was bleibt, sind die unerklärlichen gemeinsamen Nenner.
Abgesehen von Hotspot-Parks wie Yosemite (dort sollen mindestens 25 Fälle in dieses Raster fallen) oder Winnipeg, wo besonders viele Menschen auf die ebenso unerklärliche Weise verschwinden, ziehen sich die Fälle im Grunde durchs ganze Nationalpark-„Land“ der USA – bis einschließlich Kanada.
Paulides kennt sie alle, die unheimlichen Geschichten, bei denen Ranger und Behörden den Park besonders gründlich durchkämmen und doch nach Monaten auf einem der Hauptwege einen umgestürzten Baum finden, über dem sauber und ordentlich die Leiche der vermissten Person abgelegt wurde – ohne erkennbare Verletzungen.
Manchmal finden die Ermittler Leichen in Flüssen oder Seen von Personen, die 3 Wochen lang vermisst waren und der Gerichtsmediziner jedoch feststellt, dass derjenige lediglich 3 Tage im Wasser war. Was die Frage aufwirft: Wo war er die restliche Zeit? Stolz wird in solchen Fällen mitunter auch verkündet, dass der Tod durch Ertrinken (ohne Fremdeinwirkung) eintrat. Wie passt das mit dem Verschwinden und der Zeitlücke zusammen?
Ein typischer Fall mit diesem Muster: Das Verschwinden von James McGrogan
Kinder, die kaum Kraft haben, mehrere Meter zur krabbeln, finden sich nach etlichen Monate 10–15 Meilen entfernt in absolut unwegsamem Gelände wieder, wohin sie aus eigener Kraft nicht hätten hinkommen können. Sie sind meistens tot, weisen aber keinerlei Gewalteinwirkungen auf. Sie verschwinden einfach und werden nur wenige Stunden nach der Vermisstenmeldung von Helikoptern mit Wärmebildkameras oder gigantischen Suchtrupps gefunden, die sich zum Einsatzort begaben und denen nichts hätte entgehen dürfen. Und irgendwann entdeckt man ihre Überreste genau da, wo man penibel alles abgesucht hat.
Der kleine Jaryd Atadero verschwand am 2. Oktober 1999 bei einer Wanderung mit einer ganzen Gruppe. David Paulides zeigt dem Zuschauer in diesem kurzen Video, in welcher Landschaft und auf welchem Weg das geschah. An einer kleinen, überdachten Info-Stand gibt es seitdem sogar genaue Anweisungen, welche Sicherheitsregeln man besonders bei Kindern beachten muss und was sofort zu tun ist, wenn ein Kind verschwunden ist. Jaryd lief der Wandergruppe etwas voraus, um sie dann „zu überraschen“, Das war das letzte, was die Wandergruppe von ihm sah. Offenbar haben ihn noch zwei Fischer gesehen. Der Kleine fragte sie, ob es Bären in der Gegend gebe und sie antworteten ihm, ja, hier sei man in Bärenland. Von da an war Jaryd verschwunden. 5 Tage lang wurde nach dem Dreijährigen gesucht, ohne Erfolg. Erst Jahre später wurden Kleidungsreste und Teile des Skelettes gefunden.
Viele seltsame Umstände bei der Suche nach den Vermissten
In vielerlei Hinsicht ist auch das Verhalten von Spürhunden rätselhaft: Es wird davon berichtet, dass Hunde die Spur der Kinder, die erst kurz vorher verschwanden, nicht aufnehmen konnten oder wollten. Stattdessen drehten sich die Hunde im Kreis und legten sich faul hin.
Eine weitere Merkwürdigkeit scheint nach Paulides Aussage auch die Tatsache zu sein, dass sich bei Eintritt der Suche nach vermissten Personen recht häufig auf gespenstische Weise die Wetterverhältnisse verschlechtern. Entweder gibt es dann von einem Moment auf den anderen starken Nebel, schwere Regenfälle oder plötzlichen Schneefall. Dabei schlägt das Wetter auch nachhaltig um und die Unwägbarkeiten können über Tage oder gar Wochen anhalten.
Die allermeisten Fälle dieser Art ereignen sich zwischen 14:00 Uhr und 17:00 Uhr.
David Paulides kennt viele solcher Fälle und ihre Merkwürdigkeiten in- und auswendig. Das „Von-jetzt-auf-gleich“ Verschwinden ist dabei besonders verwirrend: Er berichtet z.B. von zwei Jugendlichen, die hintereinander her joggen und der hintere auf einmal geräuschlos verschwindet oder von Kindern, die eben noch mitten im Kreis ihrer Familie gespielt hatten und plötzlich einfach verschwanden.
Paulides spricht von insgesamt etwa 35 Clustern (Gruppierungen/Häufungen – zusammengestellt bzw. definiert nach bestimmten Kriterien), zu denen rund 650 solcher unerklärlichen Fälle in „offenen Bereichen“ (ländlichen Gegenden wie Nationalparks), passen.
Wenn aber jemand doch sein schlagartiges Verschwinden überlebt hat, findet er sich meilenweit von dort entfernt wieder und hat keinerlei Erinnerung. Es scheint sich auch häufig ein mulmiges Gefühl oder Unwohlsein bei demjenigen einzustellen, der dann eine Minute später für immer verschwunden ist – so zumindest berichten es Zeugen, die noch ganz kurz vorher mit dem Vermissten zusammen waren.
Der mysteriöse Bär
Ein besonders beeindruckender Fall ist der des kleinen Casey Hathaway. Er verschwand, als er mit Freunden auf einem Feld spielte. Suchtrupps von Hunderten Helfen durchkämmten sofort die Gegend. Auch hier behinderte ein plötzlich einsetzender, sehr starker Regen die Suche. Der kleine Junge wurde drei Tage später glücklicherweise wiedergefunden, als eine Nachbarin der Familie beim Gassigehen mit dem Hund im Wald ein Weinen hörte. Der kleine Casey war in einen Dornbusch verheddert, ausgekühlt, völlig durchnässt, und verkratzt und rief nach seiner Mutter. Der Bub erzählte, dass in den Tagen ein Bär auf ihn aufgepasst und ihm geholfen habe.
Diese Dinge geschehen aber nicht nur im Wald. Auch in weniger ländlichen Gebieten. Wenn auch das Hotel, vor dem Georgeta Tapu vor wenigen Tagen direkt nach ihrem Handyanruf bei ihrer Familie verschwand, praktisch auf offenem Feld lag, so ist die arme Frau dennoch genauso schlagartig und gründlich verschwunden, wie in anderen Fällen.
Nicht nur im Wald — und oft bei Handytelefonaten…
David Paulides, der mittlerweile mehrere Bücher unter dem Titel „Missing – 411“ veröffentlicht hat, geht der Stoff für seine Berichterstattung nicht aus. Er erwähnt in Interviews auch, dass das spurlose Verschwinden auch in weniger ländlichen Gebieten auftritt – Er spricht davon, dass die Leute während ihrer Handytelefonate von einem Moment auf den anderen genauso plötzlich verschwinden (siehe den besonders gruseligen Fall Henry McCabe, der seiner Frau noch auf den Anrufbeantworter sprach) oder mitten in einer Gruppe beim gemeinsamen Kajakfahren.
Genauso rätselhaft ist, dass die Vermissten sich auffallend oft ihrer Socken und Schuhe (häufig ordentlich abgelegt) entledigen, um dann meilenweit davon entfernt tot aufgefunden zu werden. Das scheint auch bei verlassenen Fahrzeugen von Vermissten der Fall zu sein, die offroad abgestellt wurden und wo man die Schuhe oder Wäsche des Verschwundenen ordentlich neben den Autos zurückgelassen findet. In den meisten Fällen sagt man den Vermissten nach, dass dieses Verhalten für sie völlig untypisch gewesen sei. Ein 21-jähriger, der nur mal eben kurz vor die Tür wollte, wurde drei Wochen später in einem nahegelegenen Rückhaltebecken gefunden, das allerdings von Suchtrupps vorher bereits ordentlich abgesucht wurde (1. Merkwürdigkeit). Weder trug er Socken, noch Schuhe – und das im November (2. Merkwürdigkeit). Außerdem war er als exzellenter Schwimmer bekannt (3. Merkwürdigkeit). Auch hier wies die Obduktion weder Alkohol, Drogen, Gewaltverbrechen o. ä. nach. Wie bei den anderen untersuchten Fällen lagen objektiv keinerlei Selbstmordabsichten oder psychosomatische Störungen vor.
Dass dieses Phänomen – wie gesagt – auch in belebten Städten vorkommen kann, beweist David Paulides Auffassung nach auch das mysteriöse Verschwinden junger Männer, die einfach in die Kanäle in Manchester (U.K.) fallen. Dort werden 60 Tote seit 2008 verzeichnet. Es gibt darüber sogar eine eigene Facebook-Community .
Erstaunlicherweise gibt es in der Stadt überall Kameras, doch haben weder diese etwas verzeichnet noch gab es jemals Augenzeugen, die beobachtet hätten, wie einer der jungen Männer ins Wasser fiel oder sprang. Ähnliches gilt für Minneapolis (St. Paul Area). Dass solche Phänomene nicht nur auf die USA beschränkt sind, gibt Paulides unumwunden zu. Diese Phänomene gebe es überall, sagt er.