Bun­des­tags­prä­sident beklagt über­bor­denden Sozialstaat

Bun­des­tags­prä­sident Wolfgang Schäuble (CDU) beklagt einen über­bor­denden Sozi­al­staat. “Wir geben im Bun­des­haushalt einen immer grö­ßeren Teil für Soziales aus. Das ist nicht besonders weit­sichtig”, sagte der frühere Bun­des­fi­nanz­mi­nister dem “Handelsblatt”.Zur Krise des poli­ti­schen Systems trägt nach seiner Meinung auch der lang­an­hal­tende Auf­schwung bei. “Alles, was wir glauben im Über­fluss zu haben, ist nichts wert”, sagte Schäuble und sprach von einer “Erschöpfung unserer Wohl­stands­ge­sell­schaft”. Das gelte derzeit auch für die Politik, die so tue, als gebe es unendlich Geld. Die der­zeitige Ren­ten­po­litik hält Schäuble auf Dauer für nicht finan­zierbar. Als kon­kretes Bei­spiel nannte er die von der CSU durch­ge­setzte Müt­ter­rente. “Schließlich kam noch die SPD und for­derte im Gegenzug für die Müt­ter­rente die Rente mit 63. Da hat ein Fehler den anderen nach sich gezogen”, sagte Schäuble. Das werde aber auf Dauer nicht gut gehen. Ähnlich skep­tisch äußerte er sich zur Grund­rente. “Ich will hier nichts gegen die Grund­rente an sich sagen. Die hat durchaus ihre Berech­tigung, was die Aner­kennung von Lebens­leistung angeht”, sagte Schäuble. Er frage sich aller­dings, ob wirklich alle bedürftig sind, die die Leistung beziehen könnten. Als Bei­spiel nannte er seine eigene Frau, die wahr­scheinlich auch Grund­rente beziehen könnte. Schäuble for­derte deshalb: “Sozi­al­po­litik sollte sich stärker um die wirklich Bedürf­tigen kümmern.” Eines der größten Pro­bleme sieht Schäuble im man­gelnden Abfluss von Geldern für Inves­ti­tionen. “Sie können heute die Inves­ti­tionen im Haushalt um 100 Mil­li­arden Euro erhöhen, dann haben sie am Ende des Jahres 100 Mil­li­arden Euro mehr Über­schuss”. Das Geld fließe nicht ab. “Bei der Bahn ist der Engpass nicht das Geld. Oder bei der Bun­deswehr: Auch 50 Mil­li­arden Euro mehr im Ver­tei­di­gungs­haushalt helfen nicht, wenn schon die Beschaffung von Schuhen drei Jahre dauert.” Die geplante Pro­duktion von Elek­tro­autos durch Tesla in Deutschland nannte Schäuble einen Glücksfall für die Region Bran­denburg-Berlin. Umso weniger konnte er die Klage von Umwelt­ak­ti­visten dagegen ver­stehen. “Es klingt hart, aber die Per­fek­tio­nierung des Rechts­schutzes ist eine Wachs­tums­bremse in Deutschland”, sagte Schäuble. Wenn die Politik beschließe, eine Straße oder Bahn­strecke zu bauen, müsse das in fünf Jahren erledigt sein. “Derzeit ist selbst eine kleine Orts­um­gehung nicht unter 15 Jahren rea­li­sierbar”, beklagte Schäuble die lang­wie­rigen Verfahren.

 


Berlin (dts Nach­rich­ten­agentur) — Foto: Wolfgang Schäuble, über dts Nachrichtenagentur