Coro­na­virus: Chinas Krieg gegen die Wahrheit

“Auf dem der­zei­tigen Kurs ist China ver­ant­wortlich dafür, dem Rest der Welt durch Unfall oder Absicht erheb­lichen Schaden zuzu­fügen”, schrieb der Kolumnist Daniel Hen­ninger am 29. Januar im Wall Street Journal.

(von Giulio Meotti)

“Die chi­ne­sische kom­mu­nis­tische Regierung stellt zunehmend eine exis­ten­zielle Bedrohung nicht nur für ihre eigenen 1,4 Mil­li­arden Bürger, sondern für die Welt ins­gesamt dar”, schrieb der bekannte His­to­riker Victor Davis Hanson am 20. Februar.

Laut der Sunday Times:

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“Chi­ne­sische Labore haben Ende Dezember letzten Jahres ein mys­te­riöses Virus als hoch­in­fek­tiösen neuen Erreger iden­ti­fi­ziert, doch sie wurden ange­wiesen, die Tests zu stoppen, Proben zu ver­nichten und die Nach­richten zu unter­drücken, wie ein chi­ne­si­sches Medi­en­un­ter­nehmen ent­hüllt hat.”

“Ein regio­naler Gesund­heits­be­amter in Wuhan, dem Zentrum des Aus­bruchs, for­derte die Ver­nichtung der Labor­proben, die die Ursache der uner­klär­lichen virale Pneu­monie am 1. Januar fest­ge­stellt hatten. China hat die Über­tragung von Mensch zu Mensch erst mehr als drei Wochen später zugegeben.”

“Die detail­lierten Ent­hül­lungen von Caixin Global, einer ange­se­henen unab­hän­gigen Publi­kation, sind der bisher klarste Beweis für das Ausmaß der Ver­tu­schung in den ent­schei­denden ersten Wochen, als die Gele­genheit zur Kon­trolle des Aus­bruchs ver­loren ging.”

In einer Rede am 31. Dezember 2019 läutete Xi Jinping bereits tri­um­phierend ein neues Jahr ein, das “einen Mei­len­stein bei der Ver­wirk­li­chung des ersten Hun­dert­jah­res­ziels” darstellt.

“Zensur. Sie kann töd­liche Folgen haben”, sagte US-Außen­mi­nister Mike Pompeo am 25. Februar. “Hätte China seinen eigenen und aus­län­di­schen Jour­na­listen und medi­zi­ni­schem Per­sonal erlaubt, frei zu sprechen und zu recher­chieren, wären chi­ne­sische Beamte und andere Nationen viel besser auf die Her­aus­for­derung vor­be­reitet gewesen. Leider tat die Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sation das Gegenteil und “lobte” China für die Bekämpfung des Virus. Auch Europa war damit beschäftigt, China zu beschwichtigen.

In China leben 780 Mil­lionen Men­schen – etwa die Hälfte der Bevöl­kerung – unter Rei­se­be­schrän­kungen, und sein Prä­sident Xi Jinping nutzt die Krise, um seine Kon­trolle zu ver­stärken. Seit 2013 hat er seine immense Auto­rität weiter aus­gebaut, um “Prä­sident auf Lebenszeit” zu bleiben, und ver­sucht nun, das Coro­na­virus zu nutzen, um seine Kon­trolle über die Öffent­lichkeit noch weiter zu ver­schärfen und gleich­zeitig abwei­chende Mei­nungen zum Schweigen zu bringen.

Die Folgen für Italien, das derzeit weit mehr Infi­zierte hat als der Rest Europas zusammen, beschreibt Massimo Galli, der Spe­zialist für primäre Infek­ti­ons­krank­heiten am Mai­länder Sacco-Krankenhaus:

“Wir befinden uns in einer abso­luten Notlage. Ja, ich mache mir Sorgen. Die Epi­demie hat in der Tat einen Teil Ita­liens erobert… Die Situation ist, offen gesagt, eine Notlage aus der Sicht des Gesund­heits­systems. Sie ent­spricht einem Tsunami in Bezug auf die Anzahl der Pati­enten mit schweren Krank­heiten, die auf einmal ins Kran­kenhaus ein­ge­liefert werden. Dies ist nur die Spitze des Eis­bergs. Selbst die beste Gesund­heits­or­ga­ni­sation der Welt, und wir gehören dazu, läuft Gefahr, einer solchen Aus­wirkung nicht stand­halten zu können”.

Unter­dessen schreitet Chinas Krieg gegen die Wahrheit weiter voran. Das Labor des Gesund­heits­zen­trums von Shanghai wurde am 12. Januar geschlossen, einen Tag nachdem das Team von Pro­fessor Zhang Yongzhen die Sequenz des Coro­na­virus-Genoms auf offenen Platt­formen ent­hüllt hatte. Das chi­ne­sische Regime hin­derte seine Wis­sen­schaftler daran, Wege zur Ein­dämmung der Epi­demie zu finden. Ihr “Ver­brechen”? Die Sequenz der Welt zu über­geben, bevor es die chi­ne­si­schen Behörden taten.

“Die Epi­demie hat dieses Land in seiner Kor­ruption, Büro­kratie, Infor­ma­ti­ons­kon­trolle und Zensur voll­ständig ent­larvt”, sagte Phillip Wu, ein frei­schaf­fender Schrift­steller in Peking. Und wenn Sie glauben, dass sich das chi­ne­sische Regime nur im eigenen Land ein­mischt, lesen Sie einen kürzlich erschie­nenen bri­ti­schen Bericht, der auf­zeigt, wie China auch die aka­de­mische Freiheit in Groß­bri­tannien einschränkt.

Zeng Yingchun und Zhen Yan, zwei Kran­ken­schwestern aus Wuhan, dem Epi­zentrum des Coro­na­virus, schrieben einen dra­ma­ti­schen Brief für die medi­zi­nische Fach­zeit­schrift The Lancet, in dem sie die inter­na­tionale wis­sen­schaft­liche Gemein­schaft um Hilfe baten:

“Die Bedin­gungen und das Umfeld hier in Wuhan sind schwie­riger und extremer, als wir uns je hätten vor­stellen können. Es besteht ein gra­vie­render Mangel an Schutz­aus­rüstung, wie z.B. N95-Atem­schutz­masken, Gesichts­schutz, Schutz­brillen, Kittel und Hand­schuhe. Die Schutz­brillen sind aus Kunst­stoff, der auf der Station wie­derholt gereinigt und ste­ri­li­siert werden muss, so dass man nur schwer hin­durch sieht.”

Einen Tag später baten die Kran­ken­schwestern darum, dass ihr Brief zurück­ge­zogen werde.

Das chi­ne­sische Regime ver­haftete Li Wen­liang, den Arzt, der die erste Ermahnung über die Epi­demie aus­ge­sprochen hatte, die ihn bald tötete. Am 30. Dezember hatte er eine Warnung an seine medi­zi­ni­schen Kol­legen ver­schickt, aber die Polizei sagte ihm, er solle auf­hören, “falsche Bemer­kungen zu machen”. Viele Jour­na­listen sagten die Wahrheit, wurden aber ver­haftet oder “ver­schwanden”. Die sozialen Medien in China sprachen schon Wochen vor der Regierung über das Virus. Jetzt kündigt das chi­ne­sische kom­mu­nis­tische Regime Pläne zur Ver­öf­fent­li­chung eines Buches in sechs Sprachen über den Aus­bruch an; das Buch stellt Prä­sident Xi als “Groß­macht­führer” mit “Sorge um das Volk” dar.

Am Wuhan-Institut für Viro­logie for­schen Wis­sen­schaftler in einem Labor, das die höchste Stufe der bio­lo­gi­schen Ein­dämmung auf dem Festland auf­weist, um die “gefähr­lichsten Krank­heits­er­reger” der Welt zu unter­suchen. Dass das Coro­na­virus mit dem Virus-For­schungs­labor in Wuhan in Ver­bindung stehen könnte, wird von manchen als “Ver­schwö­rungs­theorie” betrachtet, doch die sofortige Wei­gerung Chinas, Hilfe vom US-Center for Disease Control anzu­nehmen, erweckt ver­ständ­li­cher­weise Ver­dacht. Laut Paul Wol­fowitz, ehe­ma­liger Prä­sident der Weltbank und ehe­ma­liger stell­ver­tre­tender US-Verteidigungsminister:

“Die Tat­sache, dass sich in Wuhan Chinas hoch­mo­dernes Virus­for­schungs­labor befindet, das als Wuhan-Institut für Viro­logie bekannt ist und einige geheime Arbeiten für das chi­ne­sische Militär durch­führt, hat vor­her­sehbar Spe­ku­la­tionen aus­gelöst, dass das neu­artige Corona-Virus irgendwie aus diesem Institut aus­ge­treten sein könnte.”

“Kaufen Sie China die Story nicht ab: Das Coro­na­virus könnte aus einem Labor aus­ge­treten sein”, schrieb Steven Mosher, Chi­na­ex­perte, in der New York Post. Wir kennen die Wahrheit nicht und werden sie viel­leicht nie erfahren. Die Theorie, dass das Virus aus einem Bio-For­schungs­labor stammt, könnte sich in der Tat als “Rand­problem” her­aus­stellen. Aber ist es ange­sichts des Geheim­hal­tungs­grades Chinas und seiner gefähr­lichen Kam­pagne der Zensur von Gesprächen über das Virus nicht zumindest legitim?

Soweit man sehen kann, nimmt das chi­ne­sische kom­mu­nis­tische Regime keine Rück­sicht auf mensch­liches Leben, Freiheit und Würde. Das Regime tötet Gefangene, um ihre Organe für die Trans­plan­tation zu ernten, und führt “Zwangs­ab­trei­bungen” zur “Bevöl­ke­rungs­kon­trolle” durch. Es gibt nicht nur eine Epi­demie von Viren, sondern auch von “Kin­dermord”. Nach Recherchen von Harry Wu, einem 75-jäh­rigen chi­ne­si­schen Men­schen­rechts­ak­ti­visten, “arbeiten heute sechs bis acht Mil­lionen Häft­linge” in Chinas “Umer­zie­hungs­lagern”. Unter­dessen hat das chi­ne­sische Regime durch die Unter­drü­ckung der Wahrheit über sein töd­liches Coro­na­virus nicht nur sein eigenes Volk, sondern auch die inter­na­tionale Gemein­schaft gefährdet.

Der fatale Fehler Ita­liens war, dem chi­ne­si­schen Regime zu ver­trauen. Anstatt alle – egal ob Chi­nesen oder Ita­liener – zu kon­trol­lieren, die seit Januar aus China zurück­kehrten, hielt Italien seine Grenzen offen. Heute haben wir es mit Zehn­tau­senden von Ita­lienern unter Qua­rantäne, 5.883 Infi­zierten und 233 Toten (Stand: 8. März) zu tun und kämpfen mit der Lähmung der nord­ita­lie­ni­schen Wirt­schaft, der Angst und Hys­terie in der Bevöl­kerung, mit leeren Super­märkten in Mailand, um nur einige Aus­wir­kungen des Coro­na­virus zu nennen. Italien ist heute nach China und Süd­korea das am dritt­häu­figsten infi­zierte Land der Welt, mit dem Iran nicht weit dahinter.

Pro­fessor Dali Yang, Poli­tologe an der Uni­ver­sität von Chicago, ver­glich in einem Interview mit der süd­chi­ne­si­schen Zeitung South China Morning Post den Nie­der­schlag des Coro­na­virus mit der Kata­strophe im Kern­kraftwerk Tscher­nobyl 1986 in der Ukraine. “Es wird eine Krise von Tscher­nobyl-Ausmaß sein, vor allem weil wir noch jah­relang mit dem Virus werden kämpfen müssen”, sagte Yang. Weltweit arbeiten Pharma- und Biotech-Unter­nehmen an einem Impf­stoff, der den Schaden irgendwann begrenzen soll. 1979 kam es zu einem Milz­brand­aus­bruch in Swerd­lowsk, als töd­liche Sporen, die aus einer sowje­ti­schen Bio­waf­fen­anlage aus­traten, min­destens 64 Men­schen töteten. Die sowje­ti­schen und rus­si­schen Behörden waren in der Lage, den Vorfall bis 1992 zu ver­tu­schen. Nukleare, virale und bio­lo­gische Kata­strophen – gefolgt von einer staat­lichen Kam­pagne zur Wahrung dieser Geheim­nisse – scheinen in Dik­ta­turen Routine zu sein.

Leider scheinen wir im Westen mit dem kom­mu­nis­ti­schen China den gleichen unver­zeih­lichen Fehler zu machen wie mit der Sowjet­union: einer para­noiden und gna­den­losen Dik­tatur zu ver­trauen. “Es ist klar”, hielt der chi­ne­sische Dis­sident Ma Jian fest, “dass der Virus der tota­li­tären Herr­schaft von Xi die Gesundheit und die Frei­heiten nicht nur des chi­ne­si­schen Volkes, sondern von uns allen überall bedroht”.

Ein WeChat-Posting, das dem ver­stor­benen Dr. Li Wen­liang gewidmet war, ent­hielt Zitate des sowje­ti­schen Che­mikers Valery Legasov, der die Kata­strophe von Tscher­nobyl unter­suchte und die Wahrheit sagen wollte, aber vom Sowjet­regime zum Schweigen gebracht, ver­folgt und zur Lüge gezwungen wurde:

“Was kosten Lügen? Es ist nicht, dass wir sie mit der Wahrheit ver­wechseln könnten. Die wirk­liche Gefahr ist, dass wir, wenn wir genug Lügen hören, die Wahrheit nicht mehr erkennen…”

Legasow nahm sich das Leben. Eines Tages könnten auch wir Westler Reue dafür emp­finden, dass wir das chi­ne­sische kom­mu­nis­tische Regime nicht für seine kalt­blü­tigen Ver­brechen zur Rechen­schaft gezogen haben. China zu beschwich­tigen, wie wir es mit der Sowjet­union getan haben, ist nicht nur ein Miss­erfolg, sondern eine töd­liche Bedrohung.

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Giulio Meotti, Kul­tur­re­daktor für Il Foglio, ist ein ita­lie­ni­scher Jour­nalist und Autor.

 


Quelle: gatestoneinstitute.org