Zuerst einmal: Europa wird überleben. Aber ob die EU überlebt, das erscheint keineswegs sicher. Denn gerade sehen wir, dass, wenn‘s drauf ankommt, jedes Land sich abschottet und zusieht, dass es sich selbst rettet. Das ist nicht neu, aber noch nie so offensichtlich zutage getreten. Und nach „Corona“ fängt die wirtschaftliche und finanzielle Krise erst richtig an.
Bisher hat es geholpert, auch stark geholpert, aber die Menschen in Europa haben — je nach Region — nicht allzu viel davon bemerkt. Die Finanzkrise 2008 wurde mit einem Wasserfall von Geld zugeschüttet. In der Folge mussten die maroden Banken, Firmen und Länder immer weiter mit Fiat-Geld zu immer niedrigeren Zinsen am Laufen gehalten werden. Aber es lief eben doch noch. Solange die Leute alles, was sie brauchen, bekamen, solange das Sorglos-Paket für alle irgendwie noch mehr oder weniger funktionierte, war die EU als Konstruktion nicht in Gefahr. Die mächtige EZB federte die Folgen der Finanzkrise mit dicken Schichten von Geld und Kredit ab. Und doch tat sich ein Riss durch Europa auf: Die ärmeren Südstaaten kamen nicht auf die Füße. Der Euro war zu stark für sie, sie brauchten immer mehr Geld, forderten sogar eine EU-Schuldenunion. Die reicheren und wirtschaftlich effizienteren Nordstaaten zahlten, aber das immer widerwilliger. Das böse Wort vom „Durchfüttern“ tauchte auf. Diese Kluft ist nicht kleiner geworden.
Es fing an, noch deutlicher zu knirschen, als 2015 die Migrationskrise die EU in zwei andere Lager teilte. Sowohl innerhalb der Nationen als auch die Nationen untereinander. Die Visegrad-Staaten sperrten sich vehement gegen die Einwanderung und kündigten die Gefolgschaft auf. Griechenland leidet seitdem unter der Grenzsituation an seiner Südostseite und steht auch jetzt wieder im Feuer des Migrationsdrucks. Die reicheren Nordstaaten der EU füllten sich mit Migranten.
Ein Teil der Neuankömmlinge ist seitdem eine ständige Herausforderung für die öffentliche Sicherheit und eine Belastung für die Bürger, Polizei und kommunalen Haushalte. Der Brexit ist hauptsächlich den Problemen geschuldet, die mit der massiven Immigration in die britische Gesellschaft entstanden sind. Frankreichs Präsident hat sogar eine „Wiedereroberung der Republik“ angekündigt. Eine Steilvorlage für das nationale Lager um Frau Le Pen, die spitz anmerkte, man könne ja nur „wiedererobern“ was der Feind bereits erobert hat. Touché.
Das Europa der EU war bereits zutiefst zerrissen, bevor Corona kam. Den Altparteien in den Mitgliedsländern läuft die Wählerschaft davon, weil der beschluchzenswerte Zustand Europas ihr Werk ist. Die Menschen in allen Ländern streben immer mehr zu den politischen Rändern, was sich in den Wahlergebnissen niederschlägt. Es entsteht nicht nur unversöhnlicher Hass zwischen den politischen Lagern bis in die Familien hinein, im selben Maß steigen — aus Furcht vor dem Volk — die Repressalien und Überwachungsmethoden der (noch) Herrschenden.
Das Coronavirus befällt ein geschwächtes, instabiles Europa, sozusagen einen Patienten mit Vorerkrankungen. Und nun zeigt sich, dass von einem vereinten, solidarischen Europa als Europäische Union keine Rede sein kann. Jetzt, wo es ans Eingemachte geht, zeigt sich klar, dass nur die Nationalstaaten handlungsfähig sind. Und dass nun jeder zusieht, wie er sich schützen kann. Und, oh Wunder! Auf einmal sind die Grenzen dicht. Jeder schottet sich ab. Das Schengener Abkommen ist auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Jedes Mitgliedsland der EU ist nun auf sich allein gestellt, und nicht immer geht es freundschaftlich untereinander zu.
Die Entzauberung der Königin Europas — Kanzlerin Merkel: ratlos, planlos, hilflos, und allein
Die Kaiserin ist nackt. Das kam bei ihrer „Rede an die Nation“ am Mittwoch klar zutage. Mit betroffener Miene und eintönig salbungsvollen, aber leeren Phrasen schob sie alles den Bürgern zu. Es gab keine echten Informationen. Nur zur Schau getragene Anteilnahme und den Befehl, keinen „Gerüchten“ zu glauben, sondern folgsam das zu tun, was die Regierung sagt. „Mutti“ wirkte müde und resigniert. Jemand hatte ihr eine Rede geschrieben, die mitfühlend wirken sollte.
Die EU-Kommission versuchte sich halbherzig an Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Infektionskrise, aber weiß irgendwer, was sie vorschlugen? Nein. Weil es genauso ratlos und sinnlos ist, wie die ungekrönte Königin Europas, Frau Bundeskanzlerin Merkel, bei ihrer Rede an die Nation. Die Mitgliedsländer scheren sich einen Dreck drum, was Brüssel sagt.
Europa, die EU, bräuchte jetzt eine kluge, umsichtige, starke Führung, die alle Mitgliedsländer zusammenruft. Die eine gut durchdachte, überzeugende Strategie vorstellt und koordiniert, innerhalb derer jedes Mitglied solidarisch eingebettet ist, aber auch selbstverantwortlich mitzieht. Stattdessen offenbart sich, dass in einer der schwersten Krisen der EU Brüssel schlicht keine Rolle spielt. Wie Frau von der Leyen es so wundervoll offenherzig ausdrückte: „Wir alle, die keine Experten sind, haben das Virus unterschätzt.“
Ja, Frau von der Leyen. Wie so vieles andere auch. So ist das, wenn es nur „politisches Personal“ gibt, das bar jeder Sachkenntnis nur einer Agenda gehorcht. Und keine Staatsmänner mit Verantwortungsgefühl, Weitblick und Mut.
Mit anderen Worten: Alle haben das Spiel „EU“ mitgespielt, solange man sich davon Vorteile erhoffte und alles halbwegs gut lief und Frau Dr. Merkel und die EU-Globalisten durften die großen Weltenlenker spielen. Jetzt, wo es wirklich um‘s Eingemachte geht, interessiert die Länder das „EU-Spiel“ einfach nicht mehr. Jeder schaut, wie er am besten zurechtkommt. Was in Brüssel geschwätzt wird, will keiner mehr hören.
Jetzt offenbart sich, dass die vielbejubelte, mächtigste Frau der Welt, eigentlich immer schon nichts anderes konnte, als salbungsvoll reden und alles stur aussitzen, bis sie bekam, was sie wollte.
Der Härtetest kommt erst noch
Die Generationen im Alter unter Achtzig haben weder Krieg noch Nachkriegszeit durchstehen müssen. Wir sind alle aufgewachsen mit dem Versprechen, dass es alles gibt und alles immer noch besser wird. Wenn die Pandemiewelle abebbt, werden sich die brutalen Bremsspuren im System zeigen. Zombiefirmen, Zombiebanken und defizitäre Betriebe, aber auch private Schuldner, die sich nur durch billiges Geld für fast keine Zinsen am Tropf der Banken am Leben halten konnten, werden weggefegt. Aber leider auch mittelständische Betriebe, die monatelange Dürreperioden nicht durchstehen konnten. Viele werden arbeitslos und bettelarm sein, viele davon völlig unverschuldet. Sowohl im einstmals reichen Deutschland, als auch in anderen EU-Ländern. Die geplante Schuldenunion wird es nicht geben, weil nichts mehr zu verteilen da ist – oder man spielt das alte Spiel noch eine Runde weiter und druckt Geld für alle. Was ebenfalls zum Scheitern verurteilt ist.
Doch zur Zeit sieht es eher danach aus, dass das ganze System, das wir bisher gekannt haben und in dem wir luxuriös auf Pump gelebt haben, abgebrochen wird. Viele Zeitgenossen sagen, dass sie das Gefühl haben, es kommt „etwas Großes“. Dass wir in nicht allzu ferner Zukunft aufwachen werden und die Welt ist eine andere. Das Ponzi-Schema des Schuldgeldsystems wird wahrscheinlich abgebrochen werden. Und damit ist auch die Globalisierung ein Konstrukt, das wahrscheinlich erheblich abgespeckt oder ganz aufgegeben werden muss.
Solche Systemumbrüche sind nie angenehm. Wir werden neue Fähigkeiten entwickeln müssen, bescheidener leben, und andere Prioritäten setzen müssen. Der Mensch ist findig und zäh. Er findet immer einen Weg, durchzukommen. Das war schon immer so. Nur angenehm ist es meistens nicht.
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