Ölkrieg und Gold: Russ­lands Unabhängigkeitskrieg

Jeder Krieg, selbst der sieg­reichste, hat unver­meidlich Ver­luste zur Folge. Es sind bald 2 Monate seit dem Beginn von Russ­lands Ölkrieg ver­gangen. Und es gibt bereits Infor­ma­tionen über die Ver­luste des ersten Monats.

Gemäß den weltweit füh­renden Experten, auf die sich die Finanz­analyse-Web­seite Bloomberg bezieht, hat Russland während des ersten Monats der Schlacht $ 6 Mil­li­arden ver­loren. Die Ver­luste Saudi Ara­biens sind viel größer – $27 Milliarden.

Gleich­zeitig sind die Wäh­rungs­re­serven der Saudis die nied­rigsten seit 2011 und von $2 Bil­lionen auf $464 Mil­li­arden gefallen. Die Lage von Dik­tator Prinz Salman wird durch die rie­sigen Staats­schulden erschwert – 180 Mil­li­arden seit Jah­res­beginn und etwa 20 weitere, die man sich im ersten Quartal dieses Jahres geliehen hat. Zusätzlich schuldet die Staats­firma Aramco, der größte Ölpro­duzent der Welt, etwa weitere $200 Milliarden.

Ins­gesamt über­steigen diese Schulden bereits die sau­di­schen Gold­re­serven und den Staats­haushalt, dessen Ein­künfte rund $330 Mil­li­arden betragen. Man kann leicht vor­her­sehen, dass die Ver­luste aus diesem Ölkrieg (und andere Dinge gleich bleiben) in einem Jahr ähnlich groß sind wie das Ein­kommen des Landes.

Dies zeigt, dass 90% ihres Ein­kommens aus dem Ölexport und den Diensten der Ölin­dustrie stammen, und diese ein­seitige Wirt­schaft ist extrem ver­wundbar und zwingt den Staat viel schneller und weitaus wirk­samer in die Knie als die leeren Dro­hungen des Herr­schers dieses Landes.

Der Finanz­mi­nister Saudi Ara­biens und der Bloomberg Finanz­ex­perte Ziad Daoud gehen davon aus, dass die all­ge­meinen Ver­luste im Haushalt Saudi Ara­biens bei $32 Mil­li­arden liegen. Das ist eine sehr opti­mis­tische Vor­hersage, was ver­ständlich ist – der Minister hängt an seiner Position und an seinem Leben, und Prinz Salman regiert streng.

Die Schätzung des Inter­na­tio­nalen Wäh­rungs­fonds (IWF) ist viel schlechter und erinnert daran, dass das Budget des Landes nur bei einem Brent­preis von $76,1 pro Fass kon­so­li­diert werden kann, während heute die Bezugs­größe $50 nied­riger liegt.

Saudi Arabien ist in einer sehr kri­ti­schen Lage“, sagt die Chef­öko­nomin der Abu Dhabi Com­mercial Bank, Monica Malik. „Wir erwarten ein wei­teres Abschmelzen der Reserven des Landes, und im zweiten Quartal wird sich der Druck auf sie vor dem Hin­ter­grund nied­riger Ölpreise und einer Abnahme des Pro­duk­ti­ons­vo­lumens ver­stärken. Wir glauben, dass Riad ver­suchen wird, die Abnahme der Reserven durch Markt­an­leihen zu begrenzen.“

Und tat­sächlich hat die Regierung des Landes Pläne ent­hüllt, in diesem Jahr $58 Mil­li­arden zu leihen, um das Haus­halts­de­fizit aus­zu­gleichen. Ich erinnere daran, dass dieser Teu­fels­kreislauf in den letzten 4 Jahren mehr als $1,5 Bil­lionen der Gold­vorräte und Devi­sen­re­serven „auf­ge­fressen“ hat. Und was jetzt geschieht, garan­tiert den Saudis im März noch größere Verluste.

Die Sache ist die, dass als Antwort auf Russ­lands Wei­gerung, an dem OPEC+ Deal teil­zu­nehmen und nach dem demons­tra­tiven Ver­lassen des Treffens von Minister Novak am 4. März (Novak wurde über­redet, zwei weitere Tage zu bleiben), Riad am 6. März ver­sprochen hat, ganz Russland und Prä­sident Putin per­sönlich in die Knie zu zwingen, indem man die ganze Welt mit bil­ligem Öl überschwemmt.

Diese Drohung war genauso emo­tionell wie dumm. Jene Raf­fi­nerien, die für das rus­sische Ural-Öl „kon­fi­gu­riert“ wurden, werden weder die Anlagen auf leichtes ara­bi­sches Öl umrüsten, vor allem nicht in Kri­sen­zeiten, noch werden sie lang­fristige Ver­träge mit Russland auf­lösen. Und der Markt, den die Saudis mit ihrem Öl beliefern könnten, ist men­gen­mäßig begrenzt und auf­grund der welt­weiten Ver­brauchs­krise noch stärker rückläufig.

Da die Saudis zudem die Pläne Russ­lands und den Verlauf des andau­ernden Ölkrieges nicht kal­ku­liert haben, haben sie sich im Voraus weder mit der Fracht der Tan­ker­flotte noch mit der Ver­mietung von Öllagern beschäftigt. Infol­ge­dessen schossen die Kosten für den Transport des Öls in die Höhe, und es gibt keinen Platz, um bereits geför­dertes Öl zu lagern.

Tank­schiffe haben sich zu sehr teuren Öllagern ent­wi­ckelt, und sau­di­sches Öl wird auf dem süd­eu­ro­päi­schen Markt bereits zu einem Preis von 5 Dollar pro Barrel ange­boten. Die Saudis ver­kauften das Öl in der EU mit einem Abschlag von 10,25 Dollar gegenüber dem Brent-Preis, und die Saudis ver­kauften ihr Öl an Ort und Stelle sogar für einen Dollar (die Benchmark „Brent“ fiel unter 10 Dollar). Und dennoch belagern Armadas von über­füllten Tankern alle poten­zi­ellen Käufer.

Etwa 1000 Tanker mit einer Trag­fä­higkeit von 50.000 Tonnen bis hin zu gigan­ti­schen Super­tankern mit einer halben Million Tonnen ankerten in der Hoffnung auf einen Käufer. Es gibt War­te­schlangen am Pana­ma­kanal und in Gibraltar, mehr als hundert Tanker in der Straße von Sin­gapur, etwa 150 vor der Küste der Nie­der­lande, Dut­zende bei Malta, Grie­chenland, in ganz Europa.

Twitter

Mit dem Laden des Tweets akzep­tieren Sie die Daten­schutz­er­klärung von Twitter.
Mehr erfahren

Inhalt laden

Die US-Küs­ten­wache ist gezwungen, Dut­zende von Tankern vor der ame­ri­ka­ni­schen Küste unter ihren Schutz zu nehmen, einige Dutzend weitere kommen zur Hilfe, und mehr als 50 werden derzeit nicht nur vor der Küste Saudi-Ara­biens, sondern auch vor Katar und den Ver­ei­nigten Ara­bi­schen Emi­raten beladen.

Infol­ge­dessen meldete Riad, ohne den 1. Mai abzu­warten, wenn die Redu­zierung der Ölför­derung im Rahmen der OPEC+ in Kraft tritt, eine vor­zeitige Redu­zierung der eigenen Produktion.

Die Aus­sichten für die Ver­ei­nigten Staaten sind nicht weniger trüb­selig. Laut Reuters haben die Saudis bereits rund 50 Mil­lionen Barrel Öl an die Küste Nord­ame­rikas geliefert oder werden in den nächsten Tagen liefern. Der Hedge­fonds-Manager Kyle Bass schrieb auf Twitter:

„Die Saudis und die Russen haben den ame­ri­ka­ni­schen Frack­ing­firmen den Krieg erklärt. Es sieht so aus als wären sie mit der ame­ri­ka­ni­schen Ener­gie­un­ab­hän­gigkeit nicht glücklich. Die Lager voll…die größte Schwemme in der Geschichte…die Saudis schicken uns eine Ölbombe mit 50 Mil­lionen Fass. Wie negativ wird der Roh­öl­kon­trakt für Juni aus­fallen? #Oil #USOIL – Kyle Bass (@Jkylebass) 22. April 2020

Am 5. Mai werden die texa­ni­schen Ölpro­du­zenten, die 48% des Öls in den Ver­ei­nigten Staaten pro­du­zieren, die Ent­scheidung treffen, die Pro­duktion zu redu­zieren, und werden For­de­rungen an das Weiße Haus stellen, um die Industrie zu retten. Niedrige Preise und über­füllte Lager haben bereits zum Beginn von Kon­kursen und sogar zu Nach­zah­lungen der Öl för­dernden Unter­nehmen an die Käufer von Öl geführt.

Die Öllie­fe­rungen aus Kanada wurden redu­ziert, und auf dem Tisch von Trump liegt der Entwurf eines Erlasses über die Ein­führung eines Embargos für Ölim­porte. Aber es ist schon jetzt offen­sichtlich, dass keine Beschränkung in der Lage sein wird, den Preis in den nächsten Monaten wieder min­destens auf das Niveau von 40 Dollar zu bringen – was auch das US-Schie­feröl nicht retten wird.

Nur ein „kleiner sieg­reicher Krieg“ kann die Situation retten, was vor allem für Trump gilt, dessen Hoffnung auf einen Wahlsieg mit unglaub­licher Geschwin­digkeit schwindet. Es ist kein Zufall, dass ihnen bereits der Befehl erteilt wurde, das Feuer auf ira­nische Schiffe zu eröffnen, die den Schiffen der US-Marine im Per­si­schen Golf „zu nahe“ kommen. Das Schlimme an diesem Plan ist, dass ein Krieg im Nahen Osten die Ölpreise sicherlich nicht auf 40 Dollar, sondern auf 80 und 100 Dollar anheben wird. Nur wird der Sieg hier nicht „klein und sieg­reich“ sein.

Die Yankees werden nicht in der Lage sein, das ira­nische Regime zu stürzen und das Land zu besetzen. Aber die gesamte Region wird sich sofort ent­zünden – jeder wird auf jeden schießen und „niemand wird sich beleidigt davon­machen“. Ein­schließlich der Ame­ri­kaner, die hier sehr unge­liebt sind. Und nicht nur der Iran verfügt über genügend Anti-Schiffs­ra­keten, auch die jeme­ni­tische Gue­rilla hat eine Menge, und sie hat bereits ihre Fähigkeit bewiesen, ins Schwarze zu treffen.

Im All­ge­meinen haben unsere „ame­ri­ka­ni­schen Partner“ und ihre „Freunde im Nahen Osten“ ernst­hafte Pro­bleme, und es gibt keinen klaren Plan, sie zu lösen. Trump ris­kiert, den Prä­si­den­ten­thron zu ver­lieren, und Prinz Salman ris­kiert, sein Leben zu verlieren.

Vor diesem Hin­ter­grund zeigt Moskau olym­pische Ruhe, und das rus­sische Öl der Sorte Ural wird zu etwa 20 Dollar pro Barrel gehandelt, und seine Ver­käufe steigen, auch nach China, wo es das Öl aus dem Nahen Osten ver­drängt. Die nörd­lichen Häfen Russ­lands arbeiten mit voller Aus­lastung und liefern Öl und Ölpro­dukte nur auf Vor­aus­zah­lungs­basis in die Häfen der Euro­päi­schen Union. Selbst Polen, das vor kurzem die Ablehnung rus­si­schen Öls zugunsten Saudi-Ara­biens ankün­digte, rechnet derzeit mit 100.000 Tonnen aus Russland – ein Tanker aus Ust-Luga ist bereits auf dem Weg nach Danzig.

Generell zeigt Russland zum ersten Mal in der Geschichte die Fähigkeit und das Geschick, nicht nur einen ent­schei­denden Ein­fluss auf die Welt­wirt­schaft aus­zuüben, sondern gleich­zeitig im Ver­gleich zu Kon­kur­renten geringere Ver­luste zu tragen. Nicht weniger wichtig ist die Tat­sache, dass „unsere west­lichen Partner“ sich, wenn auch wider­willig, an den Gedanken gewöhnen, dass die gol­denen Zeiten der Pere­stroika UdSSR und des frühen Russland der 90er Jahre unwi­der­ruflich der Ver­gan­genheit ange­hören. Heute muss mit Russland nicht nur als Streit­macht, sondern auch als wich­tiger Wirt­schafts­akteur gerechnet werden.

Folglich wird Russland in einer Welt, die sich nach der Coro­na­virus-Pan­demie und der Welt­wirt­schafts­krise dra­ma­tisch ver­ändern wird, nicht die Rolle spielen, die Washington und Brüssel für es vor­be­reitet haben. Natürlich liegen noch viele Monate des „Kampfes“ und unver­meid­licher Ver­luste vor uns, aber zum ersten Mal in den letzten 40 Jahren gibt die UdSSR-Russland ihre Posi­tionen nicht auf und fordert erfolg­reich sowohl seinen „Platz an der Sonne“ als auch das Recht auf einen eigenen Weg und Unab­hän­gigkeit zurück.

REFERENZ: Russland hat Gold­re­serven von mehr als 550 Mil­li­arden Dollar. Noch wich­tiger ist, dass der Nationale Wohl­fahrts­fonds Russ­lands vom 1. März bis zum 1. April von 123,14 Mrd. USD auf 165,38 Mrd. USD gestiegen ist und damit ein Wachstum von mehr als 42 Mrd. USD ver­zeichnet hat!

Es ist nicht über­ra­schend, dass Russland es sich leisten kann, jah­relang „Kämpfe“ ohne fatale Aus­wir­kungen auf die nationale Wirt­schaft zu führen, und dass seine Führung ein gestärktes, kon­kretes Ver­trauen in den Sieg aus­strahlen kann. Im Gegensatz zu Saudi-Arabien wird der Haushalt Russ­lands nicht nur mit Petro­dollars gefüllt und stammt aus einem Ölpreis von nicht 71, sondern 42 Dollar.

300 x 250 (Medium Rectangle)Gold und Silber zu gün

 


Quellen: PublicDomain/linkezeitung.de am 04.05.2020