Der erste Lockdown hat viele Betriebe in arge Bedrängnis gebracht. Das war der Bundesregierung vollkommen klar, sie hat es dennoch gemacht und – welch gloriose Idee! — die Meldepflicht für Insolvenzen einfach ausgesetzt. Nicht, dass Ökonomen nicht schon damals gewarnt haben. Auch davor, dass de facto insolvente Unternehmen durch ihre Zahlungsunfähigkeit ihre Zulieferer mit in den Abgrund reißen. Das ist ähnlich, als würde man die Covid-19-Pandemie dadurch aussitzen wollen, dass man jeden, der schon schwer krank fiebrig durch die Gegend röchelt, für gesund erklärt, damit die Statistiken schön aussehen. Gestorben wird trotzdem. Immerhin wurde damals schnell und unbürokratisch überwiesen. Jetzt, beim zweiten Lockdown funktioniert auch das nicht mehr.
Es war gegen Ende Oktober, als die rechte Hand der Bundeskanzlerin Frau Dr. Merkel, Peter Altmaier, den entsetzten Unternehmen gar tröstliche Verheißungen machte: „Wir lassen in dieser ernsten Lage unsere Unternehmen und ihre Beschäftigen nicht allein, sondern erweitern nochmals unsere Hilfsangebote für die betroffenen Selbstständigen, Unternehmen und Einrichtungen.“
Ein tröstend‘ Wort zur rechten Zeit, verbreitet stille Duldsamkeit. Schöne Versprechungen hielten den wütenden Protest des Mittelstandes in Grenzen, es gibt ja Geld. Gottseidank, wenn es auch weder reicht, noch wirklich die Firma rettet.
Nun ist bald der November vorbei und die gebeutelten Betriebe haben immer noch keinen Cent von den verheißenen fünfzehn Milliarden Euro Novemberhilfe gesehen. Insbesondere Freizeiteinrichtungen, Fitnesscenter, Tanzschulen, Kinos, Theater, Comedians, Schauspieler, Theater und Opern samt ihrer Darsteller, Bars, Hoteliers, Spaßparks, Restaurants, Bordelle, Konzerthallen, Gemeindezentren, Volkshochschulen, Seminarräume, Sportvereine etc. etc. haben kaum oder keine Rücklagen mehr. Schmerzhaft zähes Warten auf Godot – oder besser Altmaier – ist angesagt.
Die neuesten Nachrichten aus Berlin dürften die Laune der in Not geratenen Betriebe erst richtig in Fetzen reißen. Laut der „Welt“ müssen sich die von den Einschränkungen geschädigten Unternehmen auf noch viel längere Wartezeiten einstellen. Vor allem, wenn es um höhere Summen geht: Es könne sich „bis in den Januar hineinziehen“, dass die für den November versprochenen Gelder auch auf dem Konto sind. Es dauert eben, bis die Bürokratie den „Schimmel Amts“ aufgesattelt hat. Nur beim Ausrufen von neuen Einschränkungen und beim Aussetzen von verfassungsmäßig garantierten Grund- und Bürgerrechten oder dem Durchpeitschen von wahrscheinlich verfassungswidrigen Gesetzen, da geht der Gaul schon durch, bevor er den Sattel überhaupt gesehen hat.
„Und bei den Dezemberhilfen“, warnt die Welt die Firmen schon einmal vor, „könnte es sogar noch länger dauern“. Das ist mal ökonomischer Top-Experten-Sachverstand, lieber Leser. Die Kornfelder vertrocknen lassen und dann mit dem Gießkännchen auf das verdorrte Stroh tröpfeln und frisches Brot fordern.
Die Welt schreibt vorsichtig: „Die betroffenen Betriebe hatten sich das anders vorgestellt. Allein für den Antrag mussten sie bis zum späten Mittwochnachmittag warten. Die Ungeduld war groß. Noch am Mittag hatte der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband enttäuscht festgestellt, dass eine ‚Antragstellung noch nicht möglich‘ sei. Sie war vom Wirtschaftsministerium schon vor Wochen für den 25. November in Aussicht gestellt worden.“
Die Seite Hamburg.de der Behörde für Wirtschaft und Innovation war geradezu überglücklich, dass es doch noch im November möglich wurde, das lang angekündigte Geld zu beantragen. Der Titel verrät es: „Endlich möglich: Novemberhilfe jetzt beantragen! Senat fordert vom Bund, die Abschlagszahlungen deutlich zu erhöhen“:
„26. November 2020 11:15 Uhr
Ab sofort kann unter www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de die sogenannte Novemberhilfe beantragt werden. Sie richtet sich an die Unternehmen, (Solo-) Selbstständigen, Vereine und Einrichtungen, die von den aktuellen Einschränkungen durch die Corona-Pandemie besonders betroffen sind und im November schließen mussten, beziehungsweise von den Schließungen erheblich betroffen sind. Nach den gestrigen Bund-Länder-Beschlüssen wird die Novemberhilfe zudem in den Dezember verlängert – eine wichtige Weichenstellung, die der Hamburger Senat ebenfalls frühzeitig gefordert hatte.“
Man darf mehr als gespannt sein, ob die von Herrn Altmaier „noch im November“ fest zugesagten Auszahlungen tatsächlich noch diesen Monat kommen. Nun sollen zumindest die ersten Abschlagszahlungen doch noch im November auf dem Konto eintreffen. Bis zu 50 Prozent der von den Firmen beantragten Summe sollen es werden. Aber: nur bis maximal 10.000 Euro. „Für größere Betriebe ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Thorsten Hellwig, Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) NRW.
10.000 € reichen wirklich nicht einmal für die Löhne eines Klein-Unternehmens mit nur 10 Angestellten, um deren dringendste Lebenshaltungskosten zu decken. Dazu kommt, dass das Unternehmen ein so genanntes „Elster-Zertifikat“ haben muss (damit kann man seine Steuererklärungen, auch die Umsatzsteuer, online abwickeln). Gerade sehr kleine Firmen haben das oft nicht. Die keins haben, müssen einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer beauftragen.
Mit anderen Worten: Die betroffenen Firmen müssen sich wahrscheinlich damit abfinden, dass die mit Aplomb angekündigte Novemberhilfe und ihre „Ausweitung“ nicht mehr vor Weihnachten auf dem Konto erscheint. Und die „Hilfen im Dezember werden ganz wesentlich im Januar ausgezahlt werden“, erwartet Otto Fricke, Chefhaushälter der FDP.
Bei den Solo-Selbstständigen sieht es noch dramatischer aus. Der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland e.V. titelt weniger freundlich: „Solo-Selbstständige von ‚Neustarthilfe‘ enttäuscht – Zu wenig, zu spät und falsch gedacht.“ Die beschlossene „Neustarthilfe“ will Solo-Selbstständige mit einmalig 5.000 Euro unterstützen, die aber für die ganzen sieben Monate von Dezember 2020 bis Juni 2021 reichen müssen. „Im Verhältnis zu dem finanziellen Schaden, der ihnen ja letztlich zum Schutz der Allgemeinheit aufgebürdet wird, sind 714 Euro pro Monat zu wenig.“
Weiter sagt Andreas Lutz vom Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD) e.V.: „Seit Beginn der Krise sind zudem fast neun Monate vergangen. Über den Gesamtzeitraum gerechnet erhalten die Betroffenen aus der Neustarthilfe also gerade einmal 313 Euro pro Monat, auf die dann auch Steuern und Beiträge zu zahlen sind. Zugleich ist die Hilfe so ausgestaltet, dass sie andere Hilfen bis auf die Grundsicherung ausschließt.“
Hei, wird das ein schönes Weihnachten für viele werden! Keinen Lohn auf dem Konto, kein Geld im Portemonnaie, keine Geschenke, kein schönes, gemütliches Familienweihnachten mit Opa, Oma, Tante, Onkel, Neffen, Nichten, Cousins und Cousinen, kein Weihnachtsbaum. Billige Tiefkühlpizza als Weihnachts-Festessen. Vielleicht auch noch in der kalten Bude, wenn‘s nicht für das Heizöl gelangt hat. Kriegsweihnachten-Atmosphäre mitten im Frieden, dank der Corona-Politik von Bundeskanzlerin Frau Dr. Angela Merkel.
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