Bri­ti­scher Erfolgs­autor über Merkel: „Auto­ritär, unnach­giebig, gren­zenlos arrogant“

Douglas Kear Murray ist ein bri­ti­scher Erfolgs­autor und Publizist. Er selbst bezeichnet sich als Neo­kon­ser­va­tiven und Zio­nisten. Er ist Mit­her­aus­geber der alt­ehr­wür­digen, bri­ti­schen Zeitung „The Spec­tator“. Und er hält über­haupt nichts von Frau Merkel. Das bringt er jeden­falls in seinem Beitrag in der Daily Mail unmiss­ver­ständlich zum Aus­druck. Unter der Headline „DOUGLAS MURRAY: Auto­ritär, unnach­giebig. Merkel ver­steht alles so falsch, weil ihre Arroganz gren­zenlos ist“ bekommt „Mutti“ mit der Draht­bürste den Rost abgemacht.

Das, was die Trotz-Allem-Wähler unserer all­seits geliebten Bun­des­kanz­lerin, Frau Dr. Angela Merkel als „Stimme der Ver­nunft“ und Durch­steh­ver­mögen schätzen, was die Ame­ri­kaner als „Teflon-Merkel“ bespötteln, das geht dem Briten Douglas Murray und den meisten seiner Lands­leute gewaltig gegen den Strich. Das immer noch unge­löste Problem des EU-Aus­trittes von Groß­bri­tannien werde, so Murray, für alle höchst schmerzhaft enden, weil die Bun­des­kanz­lerin weder ver­stehe, wie die Briten denken und was sie tun werden, noch bereit ist, eine prag­ma­tische Lösung, die ganz Europa helfen würde, auch nur in Betracht zu ziehen.

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Mr. Murray zeichnet noch einmal die Hand­lungs­weise der beiden Haupt-Agi­ta­toren gegen das Ver­ei­nigte König­reich in der Aus­ein­an­der­setzung und dem Ent­schluss zum Brexit nach: Der spätere, fran­zö­sische Prä­sident Emmanuel Macron und Frau Bun­des­kanz­lerin Merkel. Ja, sicher, Mon­sieur Macron sei der Vor­reiter dafür gewesen, Groß­bri­tannien für sein Ver­lassen der EU zu bestrafen. Er wollte um jeden Preis die Vor­teile der fran­zö­si­schen Fischer erhalten und er wollte unbe­dingt als Retter des ganzen „Euro­päi­schen Pro­jekts“ in die Geschichte eingehen.

Aber, so fährt Mr. Murray fort, Noch-Nicht-Prä­sident Macron sei kei­neswegs der Einzige, der diese uner­freu­liche „Sabotage-Kam­pagne“ gegen Groß­bri­tannien durch­ge­zogen hat. Auch Amts­kol­legin Merkel habe eine durchaus unrühm­liche Rolle dabei gespielt. Es sei Frau Merkel, die Groß­bri­tannien über­haupt nicht ver­standen und voll­kommen falsch ein­ge­schätzt habe. Sie hat, so sieht es Douglas Murray, eine „kata­stro­phale Art“ gezeigt, für die EU die Ver­hand­lungen zu führen und es darauf angelegt, Groß­bri­tannien so nach­teilig wie möglich dabei abzu­fer­tigen. Das sei zum Teil auf ihre Per­sön­lichkeit zurückzuführen.

Das Per­sön­lich­keits­profil, das Mr. Murray von „Mutti“ zeichnet, ist nicht besonders schmei­chelhaft. Die Tochter eines luthe­ri­schen Pastors sei – wie alle anderen auch – Mit­glied in der „Freien deut­schen Jugend“ gewesen, der offi­zi­ellen kom­mu­nis­ti­schen Jugend­be­wegung in der dama­ligen DDR. Und von diesem Stasi-Staat sei sie auch geprägt worden. Mit bemer­kens­werter Her­ab­lassung und einer Aura von Recht­schaf­fenheit, Selbst­ge­rech­tigkeit und Bestimmtheit habe sie den bri­ti­schen Pre­mier­mi­nister Boris Johnson links liegen lassen, den sie für einen eigen­wil­ligen Frei­geist und einen Selbst­dar­steller hält. Obwohl Pre­mier­mi­nister Boris Johnson mit großer Mehrheit gewählt worden ist und die deutsche Bun­des­kanz­lerin wusste, dass er für Mil­lionen Briten spricht und ver­handelt, begegnete sie ihm mit Miss­trauen und „Her­ab­lassung“. Ihre Auf­tritte vor den Pres­se­ka­meras waren ruhig und gelassen, hinter geschlos­senen Türen erwies sie sich als voll­kommen kom­pro­misslos und unnach­giebig, berichtet Mr. Murray.

Das sei, so führt er weiter aus, keine Über­ra­schung. Die Briten hatten immerhin schon Erfahrung mit den Win­kel­zügen und der Ver­hand­lungs­taktik der deut­schen Bun­des­kanz­lerin gemacht. Nachdem die Aus­tritts­ver­hand­lungen fest­ge­fahren waren, kam damals, im Jahr 2016, der damalige Pre­mier­mi­nister David Cameron kurz vor dem Refe­rendum im letzten Moment noch einmal nach Brüssel, um doch noch mit den Zuge­ständ­nissen und bes­seren Bedin­gungen für‘s Ver­einte König­reich im Gepäck zurück zu kommen und den Brexit viel­leicht noch abzu­wenden. Mr. Murray schreibt, der Premier habe seine euro­päi­schen Partner regel­recht um fairere Bedin­gungen ange­bettelt, damit er auf der Insel damit argu­men­tieren könne, dass ein Ver­bleib in der EU für die Briten doch von Vorteil sei. Aber Kanz­lerin Merkel „sent him packing“ – sie setzte ihm die Koffer vor die Tür.

Die Briten votierten end­gültig für den Brexit.

Das ganze Desaster sei einzig und allein die Ver­ant­wortung der deut­schen Kanz­lerin, urteilt der Autor. Bun­des­kanz­lerin Angela Merkel, die „in 15 Jahren ihrer Regent­schaft ‚Große Über­le­bende‘ der Euro­päi­schen Politik“. Ihr Mar­ken­zeichen sei schon immer eine kom­pro­misslose Effi­zienz gewesen, eine hübsche Umschreibung für „rück­sichtslos“. Ja, sie habe Europa durch die Euro­krise geführt, kon­zi­diert er, dies aber mit einer auto­ri­tären Uner­bitt­lichkeit, für die sie der euro­päische Süden heute noch hasse. Obwohl Deutschland großen Profit aus seinen Han­dels­bi­lanzen mit den Süd­ländern gezogen hatte, wei­gerte sich die Kanz­lerin, dem „nichts­nut­zigen“ Süden der EU zu helfen, wo man so doof war, die deut­schen Pro­dukte zu kaufen.

(Anmerkung: Das stimmt aller­dings so nicht ganz. Die Waren wurden damals zum großen Teil im Prinzip auf Pump an die Süd­länder, vor allem Grie­chenland, geliefert. Der Target2-Saldo der Deut­schen Bun­desbank schoss damals steil in die Höhe, etwa auf eine drei­viertel Billion. Die Schulden der Süd­länder für deutsche Lie­fe­rungen sind bis heute nicht aus­ge­glichen und werden es auch nicht …  und auch für den Ret­tungs­schirm für die in Not gera­tenen Länder steht zum großen Teil Deutschland gerade.)

Auch die Grenz­öffnung im Sommer 2015 the­ma­ti­siert er. Auch hier habe Merkel ganz allein die „ver­häng­nis­volle Ent­scheidung“ getroffen, ohne die anderen EU-Länder über­haupt zu fragen. Sie habe es einfach so gemacht – und damit im Alleingang aus einem bewäl­tig­baren Migra­ti­ons­problem eine aus­ge­wachsene Migra­ti­ons­krise gemacht. Bis heute ver­suche sie unter Androhung von Strafen, die wider­spens­tigen Länder in Zentral- und Ost­europa zu zwingen, große Kon­tin­gente an Migranten auf­zu­nehmen und die Suppe, die sie allein ein­ge­brockt hat, mit auszulöffeln.

Ganz im Gegensatz zu ihrem Ruf als prag­ma­ti­scher Politik-Star sind ihre Makel seit Jahren offen sichtbar, schreibt Mr. Murray: „Kom­pro­miss­lo­sigkeit, wo sie Kom­pro­misse machen müsste. Auto­ritär, sich aber als Frei­heits­heldin prä­sen­tierend. Sie wird als ver­ständig gefeiert, und doch schieße sie sich in ihren grund­le­genden poli­ti­schen Über­le­gungen kom­plett ins Aus.“

So sei es auch 2016 gewesen, resü­miert Douglas Murray. Sie war über­zeugt, Premier Cameron knallhart abblitzen lassen zu müssen, damit nicht andere EU-Länder auf die Idee kommen können, es Groß­bri­tannien nach­zutun und eben­falls ihre Son­der­be­din­gungen zu stellen. Das sei nicht ihre erste, riesige Fehl­ein­schätzung gewesen. Obwohl es immer klarer zu sehen war, dass die bri­ti­schen Wähler die Nase voll hatten, „wei­gerte Merkel sich zu glauben, dass wir aus­treten würden“, schreibt er. Ein Rie­sen­irrtum und eine Ver­letzung ihrer Pflicht, die Gegen­seite zu ver­stehen. Er schreibt:

„Heute sehen wir das­selbe Muster. Schlechte Beratung kom­bi­niert mit Streitlust. Schon wieder geht die deutsche Kanz­lerin davon aus, dass Bri­tannien die EU nicht ohne eine (annehmbare) Ver­ein­barung ver­lassen wird. Und wieder weigert sie sich, den absolut unmiss­ver­ständ­lichen Beteue­rungen des Pre­mier­mi­nisters zu glauben, dass wir das doch tun werden.“

Der Rat­schlag, den Frau Bun­des­kanz­lerin Merkel von ihren Beratern erhält ist, dass Pre­mier­mi­nister Johnson nur blufft, so Mr. Murray, was sie wieder die Rolle der knall­harten Ver­hand­lerin ein­nehmen lässt. Zwei­felsohne glaube sie, Bri­tannien werde sich in die von ihr vor­ge­gebene Richtung bewegen, und genau wie 2016, liege sie genauso unzwei­felhaft falsch.

Dass sie hinter den Kulissen mani­pu­liert, sei auch nicht das erste Mal. Sie war zum Bei­spiel nicht nur eine kleine Kul­tur­of­fi­zierin in der „Freien Deut­schen Jugend“, wie es in ihrer Bio­graphie aus 2013 steht, sondern eine recht hoch­ge­stellte Funk­tio­närin für Agi­tation und Pro­pa­ganda.  Das sind Behaup­tungen, die sie nie bestritten hat, eröffnet Mr. Murray seinen Lesern.

Aber was auch immer die Wahrheit sei, meint Mr. Murray, wir können sicher sein, dass „Merkel bei jedem Schritt der Brexit-Ver­hand­lungen falsch beraten wurde und auch diesem Rat ent­spre­chend gehandelt hat. Ihre Unfä­higkeit, dieses Land hier (Bri­tannien) zu ver­stehen, hat bewirkt, dass ein No-Deal-Aus­tritt jetzt wahr­scheinlich ist. Denn wäre sie tat­sächlich ein Prag­ma­tiker, dann hätte sie ver­sucht, diese Ver­hand­lungen erfolg­reich abzu­schließen. Gute und funk­tio­nie­rende UK-EU-Ver­ein­ba­rungen würde dem ganzen Kon­tinent zugutekommen.“

Douglas Murray ver­weist darauf, dass Mil­lionen Leute in der EU in Unter­nehmen arbeiten, die auf einen Zugang zu den Märkten Groß­bri­tan­niens ange­wiesen sind. Eine ver­nünftige und prag­ma­tische Füh­rungs­person der EU würde die Exis­tenz­grund­lagen dieser Leute berück­sich­tigen und in diesem Sinne ver­handeln. Statt­dessen sei die Haltung der EU sowohl anmaßend als auch labil, was sich direkt aus den Eigen­schaften ergibt, für die die Bun­des­kanz­lerin so oft gelobt werde: Keine Fle­xi­bi­lität. Auto­ritäre Effi­zienz. Ein instink­tives Miss­trauen gegen ihre Verhandlungspartner.

Das zeige sich in dem Rat, den sie anderen euro­päi­schen, füh­renden Poli­tikern gebe: „Du musst sie her­um­kom­man­dieren, dann knicken sie ein. Und sie (die EU-Führer) haben her­um­kom­man­diert. Aber es sieht nicht danach aus, dass wir ein­knicken“, hält Mr. Murray trotzig dagegen. Was aber ein­knickt, stellt er mit einer gewissen Pat­zigkeit fest, sei die Repu­tation der Kanz­lerin als gerechte, auf­richtige Pragmatikerin.

„Das ist sie über­haupt nicht. ‚Mutti‘ ist eine Ideo­login, die genau das zer­stört, was zu schützen ihre Aufgabe wäre.“