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6 Jahre nach der Flint-Was­ser­krise wird Michigans Ex-Gou­verneur ange­klagt (+Videos)

„Die Gewähr­leistung der Was­ser­qua­lität in Flint und die Unter­stützung der Men­schen und der Stadt haben für mich und mein Team oberste Prio­rität,“ twit­terte Rick Snyder. Jetzt wurde der ehe­malige Gou­verneur von Michigan sechs Jahre nach der Flint-Was­ser­krise  ange­klagt. Die bahn­bre­chenden Anklagen könnten den ehe­ma­ligen Gou­verneur von Michigan in den USA für bis zu einem Jahr ins Gefängnis bringen.

Die Blei­ka­ta­strophe von Flint erlangte weltweit Auf­merk­samkeit, nachdem berichtet wurde, dass während Flint mit einer Was­ser­krise zu kämpfen hat, der Geträn­ke­gigant Nestlé in nur zwei Stunden Ent­fernung nur 200 US-Dollar pro Jahr für die Abfüllung von Wasser zahlte, während die Men­schen in Flint für Gift-Wasser viel Geld zahlen mussten. 2017 hatte die Stadt laut einem Bericht aus der New York Times 8002 Briefe ver­schickt, um 5,8 Mil­lionen Dollar an unbe­zahlten Rech­nungen für Wasser und Kana­li­sation zu bekommen. Für den Fall, dass die Haus­be­sitzer nicht bezahlen, drohte ihnen die Zwangs­voll­stre­ckung und die Zwangs­räumung. Die Anwohner waren auf­ge­bracht und weltweit schlossen sich Men­schen diesem Protest durch Peti­tionen an. Denn wie konnte es sein, dass der Bun­des­staat Michigan, der damals immer noch mit den Aus­wir­kungen seines Grund­wasser-Manage­ments zu kämpfen hatte, auch nur in Betracht zog, einer aus­län­di­schen Firma, die jähr­liche Profite in Mil­li­ar­denhöhe daraus zog, noch mehr Was­ser­ent­nahme zu erlauben? Die Bürger wurden über zwei Jahre mit ver­seuchtem Wasser ver­sorgt. 2014 wurde die Was­ser­ver­sorgung von Flint umge­stellt. Statt das Wasser wie bisher aus Detroit zu beziehen, sollte es kos­ten­günstig aus einem nahe gele­genen Fluss kommen. Dazu wurde es durch alte Rohre in die Stadt geleitet. Weil das Wasser nicht aus­rei­chend behandelt wurde, löste es Blei aus den Lei­tungen – die 100.000 Bewohner der Stadt klagten ver­mehrt über schlechte Gerüche, Kopf­schmerzen und Haut­aus­schläge. Der frühere Gou­verneur von MIchigan Rick Snyder, soll bereits im Oktober 2014 von einem Aus­bruch der Legio­närs­krankheit in Flint gewusst haben, als noch viel Zeit blieb, um Leben zu retten. Nach sechs Jahren, acht Monaten und drei Wochen, seit Flints Trink­wasser kon­ta­mi­niert wurde, stehen Snyder, sein Gesund­heitschef Nick Lyon und min­destens sieben weitere Ex-Beamte wegen ihrer Rolle im Skandal vor Gericht. 

6 Jahre nach der Flint-Was­ser­krise wird Michigans Ex-Gou­verneur angeklagt

Wir hatten bereits mehrfach über die Flint-Was­ser­krise berichtet und dazu auch eine Petition ver­öf­fent­licht. Nestlé war zu der Zeit der größte Eigner pri­vater Was­ser­quellen in Michigan – und soll enge Ver­bin­dungen zum Büro von Gou­verneur Rick Snyder gehabt haben. Deb Muchmore, die Spre­cherin für Nestlé in Michigan, ist ver­hei­ratet mit Snyders frü­herem Stabschef. Siehe: Schon wieder Nestlé! Michigan ver­kauft gerade 800 Mil­lionen Liter Grund­wasser für 200 $ p. A. an Nestlé – Michigan is about to sell 210M gallons of ground­water to Nestlé for $200

Die Blei­ka­ta­strophe von Flint :

Seit dem Rückzug der Auto­in­dustrie in den 1980er-Jahren ist Flint wirt­schaftlich schwer ange­schlagen. Fast die Hälfte der 100.000 Ein­wohner lebt in Armut. Gou­verneur Snyder berief einen Not­fall­ma­nager, der den Stadt­haushalt sanieren sollte und 2014 ent­schied, das Trink­wasser nicht mehr aus Detroit zu beziehen, sondern bil­liger aus dem ört­lichen Fluss. Doch aus noch immer nicht ganz geklärten Gründen wurde dabei kein Kor­ro­si­ons­schutz bei­gemischt – nicht nur unüblich, sondern gefährlich. Viele ver­altete Was­ser­rohre aus Blei fingen an sich zu zer­setzen. Hohe Blei­mengen lösten sich in das täg­liche Trinkwasser.

2016 gab es Protest, nachdem Nestlé eine Erhöhung seiner Pump­lizenz für die Quelle von 60 Prozent bean­tragte. Der Antrag, von dem die Behörde für Umwelt­schutz Michigans dachte, dass er in wenigen Monaten über die Bühne gehen konnte, hatte Wider­stand her­vor­ge­rufen. Der Grund: das, was Nestlé für das meiste Wasser bezahlt, nämlich – nichts. Das heißt, der Konzern bezahlt nur eine Jah­res­gebühr von 200 $ für eigene (wie diese) oder geleaste Quellen. Siehe: Her­ab­las­sende Reaktion von Nestlé – während der Konzern Wasser kos­tenlos abgräbt, werden Anwohner zwangs­ge­räumt – Where Nestlé Guzzles Water, Michigan Neighbors Take Exception – Overdue Bills for Unsafe Water Could Lead to Foreclosures

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Die Blei­ver­giftung von Kindern und Erwach­senen, die sich aus einer Umstellung der städ­ti­schen Was­ser­quelle auf den Flint River im Jahr 2014 ergab, domi­nierte die natio­nalen Schlag­zeilen, aber der Aus­bruch der Legio­närs­krankheit war eine akutere Kata­strophe, bei der Bewohner von Flint ums Leben kamen. Während die offi­zielle Zahl der Todes­opfer durch den Aus­bruch der Legionäre 12 betrug, ergab eine PBS- Unter­su­chung „Frontline“ in den 18 Monaten, in denen die Stadt Trink­wasser vom Flint River erhielt, einen Anstieg der Todes­fälle durch Lun­gen­ent­zündung in Flint um 43 Prozent. PBS berichtete, dass Wis­sen­schaftler glaubten, dass einige dieser 115 Todes­fälle durch Lun­gen­ent­zündung  auf die Legio­närs­krankheit zurück­zu­führen sind, die ähn­liche Sym­ptome wie Lun­gen­ent­zündung auf­weist und häufig als solche falsch dia­gnos­ti­ziert wird.

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Am 13.Januar 2021 berichtete Asso­ciated Press, dass Snyder sowie der frühere Direktor des Gesund­heits­mi­nis­te­riums von Michigan, Nick Lyon, und Snyders Top-Berater Richard Baird vom Gene­ral­staats­anwalt von Michigan, Dana Nessel, wegen ihrer Rolle in der Flint-Was­ser­krise ange­klagt werden.

Rick Snyder, ehe­ma­liger Gou­verneur von Michigan, ange­klagt wegen Was­ser­krise in Flint

Rick Snyder –  Flint, einer Stadt, die mit den Aus­wir­kungen von blei­ver­gif­tetem Trink­wasser in Michigan zu kämpfen hat

Der ehe­malige Gou­verneur von Michigan, Rick Snyder, ist nach einer Unter­su­chung wegen rui­nöser Ent­schei­dungen, die die US-Stadt Flint mit blei­ver­seuchtem Wasser und einem regio­nalen Aus­bruch der Legio­närs­krankheit zurück­ließen, wegen vor­sätz­licher Pflicht­ver­letzung ange­klagt worden.

Die Anklagen, die am Mittwoch in einem Online-Gerichts­pro­tokoll ent­hüllt wurden, werden mit bis zu einem Jahr Gefängnis und einer Geld­strafe von 1.000 Dollar geahndet.

Die Anklagen sind bahn­bre­chend: Kein Gou­verneur oder ehe­ma­liger Gou­verneur in Michigans 184-jäh­riger Geschichte war wegen Ver­brechen im Zusam­menhang mit ihrer Zeit in diesem Amt ange­klagt worden, so der Staatsarchivar.

„Wir glauben, dass es keine Beweise für eine Anklage gegen Gou­verneur Snyder gibt“, sagte Ver­tei­diger Brian Lennon am Mitt­woch­abend und fügte hinzu, dass die Staats­an­walt­schaft ihm noch keine Details mit­ge­teilt habe.

Lennon sagte am Dienstag, ein Straf­ver­fahren wäre „unge­heu­erlich“ wäre. Snyder und andere sollten am Don­nerstag vor Gericht erscheinen, gefolgt von einer Pres­se­kon­ferenz der Gene­ral­staats­an­wältin Dana Nessel und der Staatsanwälte.

Neben Snyder, Repu­bli­kaner, Gou­verneur von 2011 bis 2018, werden Anklagen gegen andere Men­schen erwartet, ein­schließlich eines ehe­ma­ligen Beamten, der als sein staat­licher Gesund­heits­di­rektor und als Senior-Berater diente.

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Das unter­stellte Datum des Ver­gehens ist der 25. April 2014, als ein von Snyder ernannter Not­fall­ma­nager, der die kämp­fende, mehr­heitlich von Schwarzen bewohnte Stadt im Mitt­leren Westen des Landes leitete, eine geld­spa­rende Ent­scheidung traf, [nämlich] das Wasser aus dem Flint River zu nutzen, während eine regionale Pipeline vom Lake Huron im Bau war.

Das kor­rosive Wasser wurde jedoch nicht ord­nungs­gemäß auf­be­reitet und setzte Blei aus alten Rohr­lei­tungen in den Häusern frei – eine der schlimmsten von Men­schen ver­ur­sachten Umwelt­ka­ta­strophen in der Geschichte der USA.

Trotz ver­zwei­felter Bitten von Anwohnern, die Krüge mit ver­färbtem Wasser in der Hand hielten, ergriff die Snyder-Regierung keine nen­nens­werten Maß­nahmen, bis ein Arzt etwa 18 Monate später erhöhte Blei­werte bei Kindern meldete.

„Es tut mir leid und ich werde es in Ordnung bringen“, ver­sprach Snyder während seiner Rede zur Lage der Nation 2016.

Familien in Flint begrüßen Anklagen

Die Behörden zählten min­destens 90 Fälle von Legio­närs­krankheit in Genesee County, dar­unter 12 Todes­fälle. Einige Experten stellten fest, dass nicht genug Chlor im System der Was­ser­auf­be­reitung vor­handen war, um die Legio­nella-Bak­terien zu kon­trol­lieren, die eine schwere Form der Lun­gen­ent­zündung aus­lösen können, wenn sie durch Ver­ne­be­lungs- und Kühl­systeme ver­breitet werden.

Die Kata­strophe machte Flint zu einem natio­nalen Symbol für die Ver­säum­nisse der US-Regierung. Die Bewohner waren gezwungen, für abge­fülltes Wasser Schlange zu stehen, und Eltern befürch­teten, dass ihre Kinder blei­bende Schäden davon­ge­tragen hatten. Blei kann das Gehirn und das Ner­ven­system schä­digen und zu Lern- und Ver­hal­tens­pro­blemen führen. Die Krise wurde als Bei­spiel für öko­lo­gische Unge­rech­tigkeit und Ras­sismus hervorgehoben.

In Flint begrüßten Familien die Anklagen gegen Snyder. „Sie haben die ganze Stadt ver­giftet“, sagt Roy Fields Sr. über die Beamten, die gewählt und ernannt worden waren, um die Sicherheit der Bewohner zu gewährleisten.

Fields‘ erwachsene Tochter erlitt eine Fehl­geburt. Später ent­wi­ckelte er [selbst] Haut­aus­schläge, Furunkel und einen Hautabszess.

„Am Anfang dachten wir, wir müssten nur das Wasser abkochen und alles wäre gut“, sagte Fields, 62, am Mittwoch. „Wir kochten damit, tranken es und als wir von den Pro­blemen damit hörten, hörten wir 2014 damit auf, aber es war zu spät.“

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Er will, dass jemand zur Rechen­schaft gezogen wird.

„Sie reden über Gefäng­niszeit“, sagte Fields. „Aber das nützt nichts. Lassen Sie sie hierher zurück­kommen und arbeiten, um zu helfen, zu erziehen und zu tun, was sie können, um diese Gemein­schaft wieder her­zu­stellen. Ich war feind­selig. Ich musste ihnen ver­zeihen, um wei­ter­machen zu können.“

Die Nach­richt von der Anklage „ist ein Balsam, aber es ist nicht das Ende der Geschichte“, sagte Dr. Mona Hanna-Attisha, eine Kin­der­ärztin, die geholfen hat, die Auf­merk­samkeit auf die Gesund­heits­ri­siken für Kinder durch das Wasser in Flint zu lenken.

„Ohne Gerech­tigkeit ist es unmöglich, die Narben der Krise zu heilen“, sagte Hanna-Attisha am Mittwoch in einer Erklärung. „Die Wunden zu heilen und das Ver­trauen wie­der­her­zu­stellen, wird Jahr­zehnte und lang­fristige Res­sourcen erfordern.“

Mehr als 9.700 Blei­lei­tungen wurden an Häusern ersetzt. Flints Wasser, das jetzt von einer regio­nalen Agentur in Detroit kommt, bekommt gute Noten, obwohl viele miss­trauische Bewohner immer noch Filter verwenden.

Die straf­recht­liche Unter­su­chung hat fünf Jahre gedauert und wurde von zwei Teams von Staats­an­wälten durch­ge­führt. Fadwa Hammoud, die das Amt von Todd Flood über­nommen hat, ließ dar­aufhin die Anklagen in acht anhän­gigen Fällen fallen und sagte, die Unter­su­chung würde neu beginnen. Sie sagte, das erste Team habe es ver­säumt, alle ver­füg­baren Beweise zu sammeln.

Unab­hängig davon haben sich der Staat, Flint, ein Kran­kenhaus und ein Inge­nieurbüro auf einen Ver­gleich in Höhe von 641 Mil­lionen Dollar mit den Anwohnern über die Was­ser­krise geeinigt, wobei 600 Mil­lionen Dollar aus Michigan stammen. Eine Rich­terin sagte, sie hoffe, bis zum 21. Januar zu ent­scheiden, ob sie eine vor­läufige Geneh­migung erteilt. Weitere Klagen, dar­unter eine gegen die US-Umwelt­schutz­be­hörde, sind anhängig, so ein der Bericht von aljazeera.com.

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Netz­frauen Ursula Rissmann-Telle und Doro Schreier


Quelle: netzfrauen.org