Das war ja klar: Bun­desrat hat abge­nickt, die Steuer ID wird zur Bürgernummer

Erinnern Sie sich an die DSGVO? Was ein lächer­licher Affentanz wurde da abge­zogen wegen der sakro­sankten Daten­si­cherheit. Web­seiten von Strick- und Bas­tel­kränzchen und dörf­lichen Feu­er­wehr­ver­einen mussten dicht­machen, weil der­jenige, der im Impressum stand, ange­sichts der dro­henden, saf­tigen Straf­zah­lungen im Fall eines unfrei­willig gepos­teten Namens oder eines Fotos, ver­ant­wortlich gemacht werden konnte. Wissen Sie noch, dass man auf einem Feu­er­wehrfest rote Kle­be­punkte von einer Sti­ckerwand abziehen und sich auf die Stirn kleben konnte, damit auf den Fotos vom Fest erkennbar war, welches Foto man nicht ver­öf­fent­lichen durfte, weil jemand mit rotem Punkt drauf war.

Oder die Schul­klas­sen­fotos, alle mit schwarzem Balken vor dem Gesicht. Was für ein Krampf! Aber für den hei­ligen Daten­schutz muss man ja Opfer bringen, auch wenn die Daten­schützer selber kein so rechtes Ver­ständnis für das ganze Tamtam auf­bringen konnten.

Die Bür­ger­nummer, die jetzt als Iden­ti­fi­ka­ti­ons­nummer in den Behörden für jeden Bürger dient, war der nächste Auf­reger. Aber der Bun­desrat hat es jetzt durchgewunken.

In 50 wich­tigen Daten­banken werden damit unsere per­sön­lichsten Daten und Infor­ma­tionen für alle mög­lichen Behörden von überall zugänglich, ein­schließlich der Fahrzeug- und Mel­de­re­gister. Alle Daten­schützer von Bund und Länder waren sich einig: Das ist ver­fas­sungs­widrig. Sie beziehen sich dabei auch auf eine Ent­scheidung aus dem Jahr 1983: Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts hat damals in einem Urteil im Zusam­menhang mit der „Volks­zählung“ fest­ge­stellt, dass eine Art Per­so­nen­kenn­ziffer ver­fas­sungs­rechtlich bedenklich sei.

Die digitale Ver­knüpfung von 50 ver­schie­denen Mel­de­re­gistern wider­spreche der ursprüng­lichen Zweck­be­stimmung, die Daten für lediglich steu­er­liche Belange zu erfassen. Und nur dafür war das Daten­sammeln erlaubt. Das stellte die Daten­schutz­kon­ferenz im August 2020 unmiss­ver­ständlich klar:

„Als über­grei­fendes Ord­nungs­merkmal soll die Steuer-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­nummer (Steuer-ID) dienen, vor deren fort­schreitend aus­ge­dehnter Nutzung die Daten­schutz­be­auf­tragten des Bundes und der Länder mehrfach deutlich gewarnt hatten. Die nun geplante aus­ge­dehnte Ver­wendung der Steuer-ID als ein­heit­liches Per­so­nen­kenn­zeichen löst sich voll­ständig von ihrer ursprüng­lichen Zweck­be­stimmung für rein steu­er­liche Sach­ver­halte, obwohl sie nur des­wegen bislang als ver­fas­sungs­konform ange­sehen werden kann.“ 

Die Daten­schutz­kon­ferenz legte auch ganz konkret den Finger in die Wunde:

„Die Kon­ferenz der unab­hän­gigen Daten­schutz­auf­sichts­be­hörden des Bundes und der Länder (Daten­schutz­kon­ferenz) wies bereits in ihrer Ent­schließung vom 12.09.2019 darauf hin, dass die Schaffung solcher ein­heit­lichen und ver­wal­tungs­über­grei­fenden Per­so­nen­kenn­zeichen bzw. Iden­ti­fi­ka­toren (auch in Ver­bindung mit einer ent­spre­chenden Infra­struktur zum Daten­aus­tausch) die Gefahr birgt, dass per­so­nen­be­zogene Daten in großem Maße leicht ver­knüpft und zu einem umfas­senden Per­sön­lich­keits­profil ver­voll­ständigt werden können. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat der Ein­führung der­ar­tiger Per­so­nen­kenn­zeichen seit jeher enge Schranken auf­erlegt, die hier miss­achtet werden. Der Blick auf den Anwen­dungs­umfang der geplanten Regelung zeigt das Potential der mög­lichen miss­bräuch­lichen Ver­wendung.“ 

Sogar ein Gut­achten des Bun­des­tages, das Im Sep­tember 2020 her­auskam, beschei­nigte dem Vor­haben eine „ver­fas­sungs­recht­liche Pro­ble­matik“. “In der Gesamt­schau ist die Ein­griffs­in­ten­sität als hoch zu bewerten”, schreibt der Wis­sen­schaft­liche Dienst des Bun­destags in dem Papier.

Inter­es­siert die Ber­liner Regierung über­haupt nicht. Man ließ das alles ein Weilchen in der Schublade liegen und reifen — und verließ sich offenbar darauf, dass der Bürger unter dem Corona- und Impf­chaos das mit der Bür­ger­nummer aus dem Sichtfeld ver­loren hatte.

Sogar die Hof­be­richt­erstat­tungs­medien wundern sich, wiegeln aber in alt­be­währter Manier ab:

„Trotz mas­siver Kritik von Daten­schützern soll die Steuer-ID zu einer Art Bür­ger­nummer werden. Dadurch können per­so­nen­be­zogene Daten behör­den­über­greifend genutzt werden — aller­dings erst nach Zustimmung.“ 

Auch der BR tröstet:

„Bür­ge­rinnen und Bürger haben auch Rechte. Erstens müssten sie dem Daten­aus­tausch zustimmen. Und zweitens könnten sie über ein soge­nanntes Daten Cockpit über­prüfen, welche Behörde die Nummer abge­rufen hat. Petri bewertet diese Mög­lichkeit positiv, so könne man sich immer einen Über­blick darüber ver­schaffen, welche Behörde oder welche Stelle gerade Daten abge­rufen habe. Aber er stellt auch die Frage, ob eine Fahr­zeug­be­hörde genau das wissen dürfe, was etwa eine Aus­länder- oder Mel­de­be­hörde weiß?“

Wie naiv kann man eigentlich sein? So machen sie es doch immer: Erst wird die Kröte, die der Bürger schlucken soll, kurz und vor­sichtig gezeigt. Wenn dann alles auf­geregt und erschrocken „Nein!“ schreit, lässt man die Gremien und Gut­achter und die ent­spre­chenden Schutz­or­ga­ni­sa­tionen ihren Zirkus auf­führen, palavert ein wenig herum, wartet ab, bis die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird, und wenn alles dorthin guckt, wird ganz nebenbei und ohne große Ankün­digung das Attentat auf die Bür­ger­rechte hinter ver­schlos­senen Türen durch­ge­zogen. Regt sich dann Unmut heißt es „ja, aaaber das ist ja nur freiwillig“.

Stimmt. Das ist es, aber garan­tiert nur am Anfang. Und dann gibt es – „Ach, Gott, nein! Wer hätte das kommen sehen können?!?“ eine schrecklich gefähr­liche, neue Notlage und schwupps! ist nix mehr frei­willig. Genauso ver­suchen sie es mit der Impfung.

Wie putzig, die Landes-Daten­schützer appel­lieren an ihre Lan­des­re­gie­rungen, das Vor­haben zu stoppen. Es gebe, so wenden sie ein, „Lösungen, die ohne eine über­grei­fende Per­so­nen­nummer wie die Steuer-ID aus­kommen und deutlich daten­schutz­freund­licher sind.“ Natürlich gibt es die, aber liebe Datenschützer …

Darf ich? Darf ich?

Ich weiß es, ich weiß es!

Das. Ist. Gar. Nicht. Gewollt.

Ihr müsst jetzt ganz stark sein, liebe Daten­schützer: Es geht nämlich gerade darum, dass man diese Per­sön­lich­keits­profile bekommt, ver­steht ihr? Über jeden. Überall, jederzeit. Für jede Behörde und nachher noch mehr als diese. Das „Regis­ter­über­grei­fende Iden­ti­täts­ma­nagement“ wird nicht aus prak­ti­schen Gründen ein­ge­führt, damit man es ein­facher und digi­taler hat. Es ist ein Teil des „Great Reset“ oder, wie das in Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker­kreisen genannt wird der Neuen Welt­ordnung (NWO). Das kann man in dem tollen Buch eines gewissen Herrn Klaus Schwab nachlesen.

Wie mutig von Euch, liebe Daten­schützer, der Innen­mi­nis­ter­kon­ferenz von Bund und Ländern, als sie die Emp­fehlung aus­sprachen, die Bür­ger­nummer für das „Regis­ter­über­grei­fende Iden­ti­täts­ma­nagement“ auf der Steuer-ID auf­zu­setzen, den Big-Brother Award zu über­reichen. Leider, liebe Daten­schützer, seid Ihr Teil des ganzen Über­wa­chungs­ap­pa­rates geworden. Ihr dürft Euch beschweren, schimpfen und Bedenken äußern, damit der Bürger glaubt, da gibt es doch tapfere Kämpfer für ihn und seine Bür­ger­rechte. Ihre seid das Fei­gen­blättchen, das Blümchen im Kano­nenrohr. Und die kleinen Kon­zes­sionen, die sie Euch dann machen, nachdem Ihr gekämpft habt, waren schon vorher ein­ge­preist und werden dann sehr bald peu á peu weggestrichen.

Ihr steht doch letzt­endlich selbst staunend und mit bau­melndem Unter­kiefer vor den Ber­liner Hüt­chen­spie­ler­ti­schen. Wusch, Wusch! Zack-Zack! Unter welchem Hütchen ist denn gerade das Selbst­be­stim­mungs­recht des Bürgers auf seine Daten?

Die Mer­kel­re­gierung sah schon mit ihrem Entwurf das Selbst­be­stim­mungs­recht gewahrt. Sie verwies auf das “4‑Corner-Modell”. Die Daten sollen ja kei­nes­falls direkt zwi­schen den Behörden hin und her fließen, sondern über einen Mit­telsmann. Auf einem “Daten­cockpit” im Netz werde es für die Bürger nach­voll­ziehbar, welche Behörde wann und aus welchem Grund auf welche Infor­ma­tionen zuge­griffen habe. Ganz sicher wird das offen gezeigt. Klar.

Ein wei­teres Hütchen darf der Bun­destag auch noch ein­fügen dafür, dass er dann doch mit­spielt. Er addierte auch eine Schutz­vor­kehrung zum Prozedere:
„Die Ver­ar­beitung der Iden­ti­fi­ka­ti­ons­nummer ist demnach nur “zu Ver­ar­bei­tungen zur Erbringung von Ver­wal­tungs­leis­tungen” nach dem OZG “auf­grund von Rechts­vor­schriften oder mit Ein­wil­ligung der betrof­fenen Person sowie zum Zwecke eines regis­ter­ba­sierten Zensus” zulässig. Ob die ID in wei­teren Registern genutzt werden darf, muss das Par­lament separat entscheiden.“

Der Bun­destag hat aber tat­sächlich auch einiges her­aus­ge­strichen aus der Wunsch­me­nü­liste der Merkel-Regierung. Das sind das Insol­venz­re­gister, das Schuld­ner­ver­zeichnis, das Lie­gen­schafts­ka­taster und die Listen der Rechts­an­walts­kammern. Das könnte der Regierung gar nicht so unlieb sein, möchte man doch die Tsu­na­mi­welle der durch Lockdown pleite gegan­genen Mit­tel­stand­be­triebe und die Liste der Hun­dert­tau­senden, mit­tellos gewor­denen und über­schul­deten Unter­nehmer gar nicht so gerne bekannt und zugänglich werden lassen.

Betrifft das gerade Genannte noch einen relativ über­schau­baren Per­so­nen­kreis, sieht es im Sektor „Soziales“ schon ganz anders aus, da ist nämlich aus­nahmslos jeder erfasst. Von dem ersten Kin­der­gar­ten­besuch über Jugend­hilfe, Jugend­amts­ak­ti­vi­täten, Kran­ken­ver­si­cherung bis zur Rente können die Daten zusam­men­ge­führt werden. Damit können dann die Behörden unseren Lebensweg kom­plett nach­voll­ziehen und ihre Nase tief in jede Familie stecken. Zusammen mit den neuen „Rechten der Kinder“ eine fan­tas­tische Handhabe, beim kleinsten Ver­gehen irgendwo gleich die Frage auf­zu­werfen, ob man sich da nicht mal inten­siver um das Kin­deswohl kümmern müsse.