Bild: Wikimedia Commons, Joe Biden, Gage Skidmore, Bildlizenz: CC BY-SA 2.0 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Joe_Biden_(48651180272).jpg

Tara Reade: Werden meine Miss­brauchs­vor­würfe geleugnet, weil es um Joe Biden geht?

Die Abge­ordnete der US-Demo­kraten Alex­andria Ocasio-Cortez berichtete kürzlich von einem sexu­ellen Über­griff, der sie trau­ma­ti­siert habe. Die Medien stellten ihre Aus­sagen nicht in Frage. In meinem Fall sieht es anders aus, weil es poli­tisch unbequem werden könnte.

Als ich mir die Aus­füh­rungen von [der demo­kra­ti­schen Kon­gress­ab­ge­ord­neten] Alex­andria Ocasio-Cortez ansah, die über ihr Trauma berichtete und die Angst, die sie um ihr Leben hatte, als das Kapitol in Washington, D.C. [von Trump-Anhängern] gestürmt wurde, hatte ich Mit­gefühl und konnte den Schmerz verstehen.

Hier bestellen!

Auch mir ist dort etwas Dunkles pas­siert, was mein Leben ver­ändert hat. Etwas, das meine Zukunft erschüt­terte, bis ich schließlich meine Stimme erhob. Im Jahr 1993 dachte ich, meine Kar­riere hätte gerade erst richtig begonnen.

Ich wusste nicht, dass es der Anfang vom Ende war. Joe Biden war 1993 mein Chef und ein mäch­tiger Senator, als er mich gegen die Wand [in einem Flur des Kapitol] drückte und ohne mein Ein­ver­ständnis sexuelle Hand­lungen vornahm.

Anfang Februar hörte ich der Kon­gress­ab­ge­ord­neten Alex­andria Ocasio-Cortez (AOC) zu und spürte ihren Schmerz darüber, dass sie im Kapitol um ihr Leben fürchtete, und wie sie ihr Trauma beschrieb, das sie wegen eines sexu­ellen Über­griffs in der Ver­gan­genheit erlitten hatte.

Die #MeToo-Bewegung trendete dar­aufhin wieder, erwachte wieder aus dem Tief­schlaf und bekundete AOC ihre Unter­stützung – nachdem sie heuch­le­risch die weiße Flagge geschwenkt hatte, als ich antrat, um der Welt zu berichten, was mir im Jahr 1993 pas­siert war.

Statt Unter­stützung von #MeToo und AOC oder irgend­einem anderen Demo­kraten, wurde ich zum Schweigen gebracht und gede­mütigt, nur weil ich es gewagt hatte, meine Geschichte auszusprechen.

Joe Biden wurde in seine jetzige Position als Ober­be­fehls­haber der USA gesetzt, und meine unan­ge­nehme, unbe­queme Geschichte wurde unter den Teppich gekehrt, während die New York TimesNewsweek und andere Main­stream-Medien Joe Biden pro­pa­gan­dis­tisch mit Lob überhäuften.

Ich werde ihn nicht Prä­sident nennen. Respekt muss ver­dient werden, und dieser Mann hat mich miss­braucht, es dann ver­tuscht und dann alles getan, um mich zum Schweigen zu bringen.

Für mich wird Joe Biden immer dieser arro­gante, unsi­chere Mann mit fet­tigen Haaren und kalten Händen sein, der mir meine Unschuld genommen hat in diesem Kor­ridor im Herzen des Landes, dem Symbol der Demo­kratie. Glaube ich AOC? Ja.

Aber glaubt AOC mir auch? Zum Thema des Über­griffs auf mich hat sie öffentlich über meine Schil­de­rungen gesagt, diese seien „nicht ganz ein­deutig“, um ja nicht die heilige Führung der Demo­kraten zu verärgern.

Die Zeit wird zeigen, ob AOC wirklich auf der Seite der Betrof­fenen von  sexu­ellen Über­griffe steht. Glaube ich, dass die Demo­kra­tische Partei die #MeToo-Bewegung als Schutz­schild benutzt und es nur hochhält, wenn es poli­tisch bequem ist? Auf jeden Fall.

Ich werde glauben, dass es eine echte Bewegung in Amerika gibt, um die Ver­ge­wal­ti­gungs­kultur zu beenden, wenn der Glaube an die Betrof­fenen kein par­tei­po­li­ti­sches Unter­fangen ist.

Ich werde an die Bewegung glauben, wenn Joe Biden zur Rechen­schaft gezogen wird und es eine Senats­un­ter­su­chung darüber gibt, was mir pas­siert ist, als ich für ihn gear­beitet habe. Oder eine Freigabe seiner Akten in der Uni­ver­sität von Delaware, die jetzt ver­siegelt und somit auch Anfragen zum Gesetz zur Infor­ma­ti­ons­freiheit [FOIA, Freedom of Infor­mation Act] ent­zogen sind. In meinen Augen wurde die #MeToo-Bewegung gekapert und liegt bis heute zwi­schen hohlen Hashtags ver­streut wie ein über­fah­renes Tier auf dem Boden, traurig und vergessen.

Als Folge, dass ich an die Öffent­lichkeit ging, wurde mein Leben bedroht, meine Person wurde ver­leumdet, und ich wurde mit jedem erdenk­lichen Aus­druck beschimpft, bis ich von bestimmten Medien abge­wiesen wurde. Mir wurde sogar mit Gefängnis gedroht.

Dennoch werde ich über das Geschehene sprechen, nichts wird mich zum Schweigen bringen. Also, ich höre dich, AOC, ich höre die Unge­rech­tigkeit und das Trauma, das du ertragen hast…. Hörst du mich?

——————————-

Tara Reade ist Autorin, Dich­terin, Schau­spie­lerin und ehe­malige Senats­as­sis­tentin von Joe Biden. Sie ver­fasste das Buch „Left Out: When the Truth Doesn’t Fit In„.


Quelle: pravda-tv.com