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Allein­er­zie­hende Mütter in China – was sie erleben, ist dramatisch

China ist für die Praxis selek­tiver Abtreibung weib­licher Föten bekannt. Mit ca. 30 000 Abtrei­bungen pro Tag hält China den trau­rigen Welt­rekord und auf dem Schwarz­markt werden pro Jahr etwa 70.000 Babys ver­kauft. Laut neuen Berech­nungen, hat China auf Grund der chi­ne­si­schen Ein-Kind-Politik einen Über­schuss von etwa 32 Mil­lionen Männern. Bereits vor 20 Jahren pro­gnos­ti­zierten Wis­sen­schaftler, dass China seine über­schüs­sigen Männer dazu ver­wenden wird, „Gewalt im Inland zu unter­drücken und sie durch Kolo­nia­li­sierung und Kriege ins Ausland zu expor­tieren“. Auch wurde vor wach­sendem Men­schen­handel gewarnt und 20 Jahre später zeigt sich, dass die Pro­gnosen ein­ge­troffen sind. In China ist Men­schen­handel an der Tagesordnung.

Der Handel flo­riert vor allem in den länd­lichen Regionen Chinas. Ent­führte Frauen sind dort schon zu Preisen zwi­schen umge­rechnet 700 und 2.500 Euro zu erwerben. Doch nicht nur in China boomt der Men­schen­handel, auch entlang der neuen Sei­den­straße werden junge Frauen und Mädchen von chi­ne­si­schen Men­schen­händlern als Sex­sklaven nach China ent­führt. Auch wurde auf Grund der chi­ne­si­schen Ein-Kind-Politik vor Frau­en­feind­lichkeit gewarnt, genau das erleben chine­sische allein­er­zie­hende Mütter. Zwar ver­bietet Chinas Fami­li­en­pla­nungs­po­litik unver­hei­ra­teten Frauen nicht aus­drücklich, Kinder zu bekommen, sondern sagt, dass „der Staat einen Mann und eine Frau ermutigt, zwei Kinder zu haben. Es wird geschätzt, dass es in China fast 20 Mil­lionen allein­er­zie­hende Mütter gibt, was sie erleben, ist dramatisch.

Die mit dem Ungleich­ge­wicht der Geschlechter in China und damit ver­bun­denen Pro­bleme sind erschreckend

Nach 35 Jahren schaffte China zwar die Ein-Kind-Politik ab und chi­ne­sische Ehe­paare sollen nicht wie bisher nur ein Kind, sondern zwei Nach­kommen haben dürfen, doch nun kommen die immensen Kosten für den Nach­wuchs. Viele Familien können sich einfach nur noch ein Kind leisten. Dies ist gleich­be­deutend mit diesen „über­zäh­ligen“ Männern, die niemals hei­raten, niemals ein „nor­males Leben“ führen können. Die Folgen sind gra­vierend, denn erst kürzlich wurde ein schreck­licher Men­schen­handel in Pakistan auf­ge­deckt. Mädchen und Frauen werden nach China gebracht, und zwar als Sex­sklaven. Bereits im Jahr 2002 ver­öf­fent­lichten zwei Poli­tik­wis­sen­schaft­le­rinnen, Valerie Hudson und Andrea M., was pas­sieren wird, wenn es einen gra­vie­renden Über­schuss an Männern in einem Land geben wird. Sie ver­öf­fent­lichten die Gefahren in einem alar­mie­renden Papier mit dem Titel „Män­ner­über­schuss, Frie­dens­de­fizit: Sicherheit und Geschlech­ter­ver­hält­nisse in Asiens größtem Land“.

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Trotz der anhal­tenden Vor­ur­teile der chi­ne­si­schen Gesell­schaft gegen allein­er­zie­hende Mütter ent­scheiden sich immer mehr chi­ne­sische Frauen dafür, allein­er­zie­hende Mütter zu sein.

Bis vor kurzem war es für Allein­er­zie­hende schwierig, ihre Kinder für die soziale Sicherheit in China zu regis­trieren. Da die Gebur­tenrate des Landes sinkt, lockert die Regierung die Beschrän­kungen für allein­er­zie­hende Eltern. Jetzt ent­scheiden sich einige Frauen dafür, Kinder zu haben, ohne zu hei­raten, und gehen sogar für teure IVF-Ver­fahren ins Ausland. Doch was geschieht wirklich, wenn sich Frauen in China dafür ent­scheiden, ihr Kind allein groß zu ziehen?

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Chi­ne­sische allein­er­zie­hende Mütter, denen Leis­tungen ver­weigert werden, drängen auf Veränderung

Sarah Gao hatte einen anstren­genden Job. Als Lei­terin eines Invest­ment­fonds mit einem Volumen von 500 Mil­lionen Yuan (76,8 Mil­lionen Dollar) war sie ständig auf Geschäfts­reisen in ganz China unterwegs. Dann erfuhr sie, dass sie schwanger war.

Ihre Schwan­ger­schaft mit ihrem dama­ligen Freund war unge­plant. Aber Gao, die 40 Jahre alt war, dachte, dass sie keine wei­teren Chancen mehr haben würde, und ent­schied sich, das Baby zu behalten. Was sie nicht ahnte, war, dass diese Ent­scheidung zu einem fast vier­jäh­rigen Rechts­streit um ihr Mut­ter­schaftsgeld führen würde.

Ihr lang­wie­riger Kampf ver­deut­licht die Kon­se­quenzen, denen chi­ne­sische Frauen aus­ge­setzt sind, wenn sie ein Kind außerhalb der Ehe großziehen.

Die über­wie­gende Mehrheit hat keinen Zugang zu öffent­lichen Leis­tungen, von bezahltem Mut­ter­schafts­urlaub bis hin zu prä­na­talen Unter­su­chungen, weil ihr Status in einer recht­lichen Grauzone liegt. Einige müssen sogar mit Geld­strafen rechnen.

Gao und einige andere allein­er­zie­hende Mütter wollen das ändern. Sie sind Teil einer kleinen Gruppe, die von Advo­cates for Diverse Family Network orga­ni­siert wurde und die eine Petition an das Rechts­ko­mitee des Natio­nalen Volks­kon­gresses bei dessen kürzlich been­deter Jah­res­tagung ein­ge­reicht hat. Sie erwarten keine sofor­tigen Maß­nahmen, aber sie hoffen, dass sich ihre Bedürf­nisse in der Zukunft in der legis­la­tiven Agenda wie­der­finden werden.

Chinas Bevöl­kerung altert rapide, und die Regierung ist bestrebt, höhere Gebur­ten­raten zu fördern. 2015 wurden die restrik­tiven Gesetze zur Fami­li­en­planung gelo­ckert, so dass jede Familie zwei Kinder bekommen kann. Aller­dings haben sich die Gesetze in Bezug auf Allein­er­zie­hende nicht so schnell geändert.

Es gibt keine offi­zi­ellen Sta­tis­tiken über die Zahl der Allein­er­zie­henden in China, aber eine Umfrage der Natio­nalen Gesund­heits­kom­mission im Jahr 2014 schätzte, dass es bis 2020 fast 20 Mil­lionen allein­er­zie­hende Mütter geben wird. Viele von ihnen kommen aus Schei­dungen, wobei sich die Schei­dungs­raten im Land laut dem Minis­terium für zivile Ange­le­gen­heiten von 2009 bis 2018 fast ver­doppelt haben.

Nach einer schwie­rigen Schwan­ger­schaft brachte Gao im November 2016 ihre Tochter zur Welt. Nach sieben Monaten Kran­ken­stand und Mut­ter­schafts­urlaub kehrte sie zur Arbeit zurück. Während ihres Kran­ken­standes zahlte ihr Unter­nehmen, KunYuan Asset Management, ihr nur das absolute Minimum: etwa 1.000 Yuan (153 $) pro Monat, ein großer Unter­schied zu ihrem üblichen Monats­gehalt von 30.000 Yuan (4.606 $). Die Firma zahlte ihr während des Mut­ter­schafts­ur­laubs kein Gehalt.

Gao for­derte vom Unter­nehmen das volle Gehalt und Mut­ter­schafts­ur­laubs­leis­tungen, die zum Teil von der Sozi­al­ver­si­cherung kommen würden, zu der die Unter­nehmen per Gesetz beitragen.

In Peking, wo Gao lebt, kann ein Ange­stellter diese öffent­lichen Leis­tungen nur über seine Firma bean­tragen. Aber Gaos Firma wei­gerte sich, einen Antrag für sie zu stellen, mit der Begründung, ihre Unter­lagen seien unvoll­ständig, weil sie keine Hei­rats­lizenz habe.

Als sie das Thema for­cierte, for­derte die Firma sie auf, zu kündigen.

Gao wei­gerte sich zunächst, zu kün­digen, aber schließlich wurde sie ent­lassen. Das Unter­nehmen wei­gerte sich jedoch, ihr ein for­melles Schreiben aus­zu­stellen, das ihr Aus­scheiden bestä­tigen würde, was es ihr erschwerte, eine neue Stelle zu finden.

Das Unter­nehmen reagierte nicht auf Bitten um eine Stel­lung­nahme per E‑Mail, und Anrufe in der Zen­trale in Peking blieben unbeantwortet.

Gao ver­klagt das Unter­nehmen auf 1 Million Yuan (153.645 $) an rück­stän­digem Lohn, zusätzlich zu ihrer Mut­ter­schafts­ur­laubs­zahlung. Sie hat seit Juli 2017 zweimal vor Gericht ver­loren und geht nun zum dritten Mal in Berufung.

Jedes Mal sagte das Gericht, dass „Gaos unver­hei­ra­teter Status während der Geburt nicht mit der natio­nalen Politik über­ein­stimmt und ihr daher die recht­liche Grundlage fehlte, um während des Mut­ter­schafts­ur­laubs ein Gehalt zu erhalten.“

Chinas Fami­li­en­pla­nungs­po­litik ver­bietet unver­hei­ra­teten Frauen nicht aus­drücklich, Kinder zu bekommen, sondern sagt, dass „der Staat einen Mann und eine Frau ermutigt, zwei Kinder zu haben.“

Auf lokaler Ebene wurde dies so inter­pre­tiert, dass nur ein ver­hei­ra­tetes Paar Kinder haben kann. Dies wird zu einem Hin­dernis, wenn es darum geht, Leis­tungen in Anspruch zu nehmen, wie z. B. die Kos­ten­er­stattung für Schwan­ger­schafts­be­suche und das Gehalt während des Schwangerschaftsurlaubs.

Viele lokale Regie­rungen ver­langen während dieses Pro­zesses eine Hei­rats­er­laubnis, sagte Dong Xia­oying, die Grün­derin von Advo­cates for Diverse Family Network.

Es hat einige Ände­rungen gegeben. In den Pro­vinzen Guangdong und Schanghai haben die Regie­rungen die Vor­schriften so geändert, dass eine Frau keinen Hei­rats­nachweis erbringen muss, um Leis­tungen zu erhalten.

Im Januar führte Shanghai still und leise eine neue Regelung ein, die die Not­wen­digkeit einer Hei­rats­er­laubnis für die Bean­tragung von Sozi­al­leis­tungen aufhob und Frauen wie Zou Xiaoqi, einer allein­er­zie­henden Mutter, die zur Akti­vistin in Shanghai wurde, half. Zou ver­klagte 2017 eine Shang­haier Regie­rungs­be­hörde, um ihr Mut­ter­schafts­ur­laubs­gehalt und die öffent­lichen Ver­si­che­rungs­leis­tungen zu erhalten. Nach jah­re­langen Medi­en­in­ter­views, Gerichts­ter­minen und Lob­by­arbeit bei Stadt­po­li­tikern erhielt Zou Anfang des Monats ihre Leistungen.

Die Gesetze müssen sich ändern, glaubt Zou, denn das kul­tu­relle Stigma ist immer noch sehr stark. Erst kürzlich fand sie heraus, dass die Mutter des Spiel­ka­me­raden ihres Sohnes eben­falls allein­er­ziehend war. Sie kannten sich schon seit fünf Monaten, bevor die Frau dieses Detail preisgab.

„Die direkte Aus­wirkung ist, dass es einige allein­er­zie­hende Mütter gibt, die bereits mit großen Schwie­rig­keiten zu kämpfen haben und in eine noch schwie­rigere Lage geraten“, sagte Zou. „Die indi­rekte Aus­wirkung ist, dass manche Men­schen Angst haben, ihre Meinung zu sagen, und manche haben Angst, sich der Gesell­schaft zu stellen und werden mit einer Menge Unter­drü­ckung kon­fron­tiert. Men­schen, die nicht hei­raten wollen, werden schließlich ver­hei­ratet und gehen eine unglück­liche Ehe ein.“

Allein­er­zie­hende Mütter und Akti­visten hoffen, dass eine Änderung auf natio­naler Ebene die Situation für allein­er­zie­hende Mütter im Rest des Landes, wie Gao, glätten kann. Ein Dele­gierter des Natio­nalen Volks­kon­gresses in Guangdong sagte im Februar, dass das Fami­li­en­pla­nungs­gesetz mög­li­cher­weise einige Klar­stel­lungen benötigt, um die Bedürf­nisse allein­ste­hender Mütter zu berück­sich­tigen, und erkannte damit deren recht­liche Zwick­mühle an.

„Ich möchte nur wissen, ob ich in der natio­nalen Politik als Allein­er­zie­hende, als unver­hei­ratete Frau, das Recht habe, ein Kind zu gebären?“ sagte Gao.

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Netzfrau Lisa Natterer


Quelle: netzfrauen.org