Ach, wie umwelt­freundlich: über 500 E‑Scooter ver­rotten auf dem Grund des Rheins

Das Geschäft mit den E‑Rollerchen ernährt in den Groß­städten viele Firmen. Es gilt als umwelt­freundlich, weil ja Elek­tro­an­trieb sowieso immer „nach­haltig“ und so unglaublich CO2 ‑neutral ist. Die mehr als 500 E‑Scooter im Rhein sind aber alles andere als umwelt­freundlich. Ins­be­sondere die ver­rot­tenden Akkus sind eine Gefahr für die sich langsam wieder erho­lende Pflanzen- und Tierwelt des Rheins.

Der Kölner Bau­taucher Markus Ham­büchen staunte nicht schlecht, als er den Grund des Rheines inspi­zierte, um einem der E‑S­cooter-Ver­leiher ein Angebot zur Bergung seiner Geräte zu machen. Dass überall auf dem Fluss­boden diese Elek­tro­fahr­zeuge liegen, war ihm schon lange bekannt. „Wir finden an jeder Stelle, an der wir auf dem Grund des Rheines arbeiten, solche Scooter. Bevor wir mit der Arbeit an Kai­mauern oder Brü­cken­pfeilern beginnen können, müssen wir erst mal den Schrott zur Seite räumen. Ich rede nicht von 10 oder 20 Rollern, sondern von Hun­derten, die im Rhein liegen“, beschrieb Herr Ham­büchen dem Kölner WDR die Lage in dem viel­be­sun­genen Fluss.

Die Anbieter der E‑Roller haben kaum die Mög­lichkeit, selbst die Fahr­zeuge aus dem Wasser zu bergen, da muss dann schon ein ein­schlä­giger Profi her. Aber als dann der Kos­ten­vor­anschlag auf dem Tisch lag, machte das Roller-Verleih-Unter­nehmen doch einen Rückzug: Zu teuer. Dann sollen die Dinger eben im Fluss lie­gen­bleiben. Dem WDR gegenüber beteuerte das Unter­nehmen, das natürlich nicht genannt werden will, dass man natürlich alle Scooter, die noch in Reich­weite am Flussufer entlang geortet werden können, aus dem Wasser hole.  Das gehe aber nur begrenzt, denn der Rhein sei tief und die Strömung gefährlich stark, die Bergung also dem­entspre­chend schwierig.

Dass die Akku-Umman­telung bei vielen Rollern undicht werden und eine klebrige Masse aus­tritt, die nichts Gutes ver­heißt, wird bisher schul­ter­zu­ckend in Kauf genommen. Die aus­lau­fenden Che­mi­kalien sind jedoch ein mas­sives Problem für die Flora und Fauna des Rheins, wie Paul Kröfges, der Was­ser­ex­perte des BUND (Bund für Umwelt- und Natur­schutz Deutschland) in NRW zu bedenken gibt. Und nicht nur das, auch das Trink­wasser der Kölner und einer Menge mehr Men­schen könnte kon­ta­mi­niert werden: „Da liegen allein in Köln Hun­derte dieser Fahr­zeuge im Rhein, giftige und gefähr­liche Stoffe werden frei und die Eigen­tümer wollen ihren Schrott im Rhein lassen. Das dürfen die zustän­digen Umwelt­be­hörden nicht hin­nehmen. Der Rhein ist Trink­wasser-Lie­ferant für etwa 30 Mil­lionen Men­schen in Europa“.

Der Grund des Flusses ist eine ziem­liche Müll­halde. Ein­kaufs­wägen aus Super­märkten, Fahr­räder, Gerümpel aller Art und so manche Mord­waffe liegen im Flussbett. Die Schiff­fahrt behindert das nicht, die Schiffs­schrauben reichen nicht so tief.

Zwei andere Anbieter, „Bird“ und „Voi“ haben nun Ände­rungen vor­ge­nommen, um nicht noch weitere Fahr­zeuge zu ver­lieren: Die Kunden können nun ihre Fahrten nicht mehr in Rheinnähe beenden. Für die Roller besteht nicht nur ein Park­verbot in Flussnähe, die Ver­leiher können auch über GPS fest­stellen, wo sie abge­stellt werden und welcher Kunde damit zuletzt gefahren ist. Die meisten Scooter wurden um die Hohen­zol­lern­brücke herum im Rhein gefunden. Sollte die Bann­meile um den Fluss über­prüfbar sein, dann wäre das und der Umstand, dass man den Roller bis zum Fluss schleppen müsste, viel­leicht doch den einen oder anderen abhalten, modernes „Schiff­chen­ver­senken“ mit Elek­tro­rollern zu spielen.

Der Ver­leiher VOI will sich angeblich nun mit eigenem Per­sonal um die ver­senkten Elek­tro­roller kümmern.

Wie so oft bleibt das Besei­tigen der Schäden und das mühsame Kümmern um die Repa­ratur des Schadens, den ein paar gewis­senlose Idioten anrichten, dem pri­vaten Enga­gement über­lassen. In Köln hat sich ein Verein gegründet: K.R.A.K.E., der sich um die Bergung kümmert, weil man das eben nicht einfach so lassen kann. Die Ver­leiher Tier und Lime arbeiten angeblich mit K.R.A.K.E. zusammen, nur Anbieter Bird plant, mög­lichst schnell eine Fach­firma mit der Bergung der Roller aus dem Rhein zu beauf­tragen. Seit einem Jahr führt K.R.A.K.E. immer wieder ver­schiedene Auf­räum­ak­tionen am Rhein durch. Aller­dings kann auch der Verein mit seinen frei­wil­ligen Helfern nur die Scooter — und anderen Müll — entlang des Ufers her­aus­holen. Im Fluss selber braucht es Spe­zi­al­taucher und eine große, befes­tigte Wand gegen die Strömung, in deren Schutz die Taucher arbeiten können, ohne davon­ge­tragen zu werden. Die Bereit­schaft unter den Kölnern ist hoch: Beim letzten Rhein-Clean-Up-Day um Herbst 2020 kamen 700 Men­schen zusammen, um sich einen ganzen Tag lang um „Vater Rhein“ zu kümmern. Am 11. Sep­tember soll es wieder so weit sein. Christian Stock schwant schon Übles. Wie viele E‑Scooter im Ufer­be­reich zum Vor­schein kommen, da mag er sich gar nicht fest­legen: „Im Zweifel leider mehr“.

Sollte sich erweisen, dass von den E‑Scootern eine Umwelt­gefahr für den Rhein aus­gehen, hat das Bun­desland die Pflicht zur Gefah­ren­abwehr. Dann muss die Was­ser­be­hörde die Bergung der Roller ver­fügen und da die Ver­ur­sacher dann zur Kasse gebeten werden müssen, wird man mög­li­cher­weise zur Video­über­wa­chung greifen, um die Täter dingfest zu machen. Das wird für die „Schwerz­bolde“ teuer. Aber das wäre wahr­scheinlich die einzige Methode, um diesem üblen Treiben ein Ende zu bereiten.