Vol­taire, Frei­mau­rerei und Antisemitismus

„Vol­taire war Frei­maurer. Wir wissen das, weil er in der Loge Les Neuf Sœurs seine Ein­weihung erhielt.“

  1. Juni 2021, Veterans Today

Die Fran­zö­sische Revo­lution und ihre blu­tigen Folgen haben sehr deutlich gemacht, dass sich der Westen letztlich zwei gegen­sätz­lichen Welt­an­schau­ungen gegen­übersah: dem Logos und dessen genauem Gegenteil

(von Jonas E. Alexis
Über­setzung©: Andreas Ungerer)

Der Anti-Logos ist eine dia­bo­lische, auf der Zurück­weisung jeg­licher Ratio­na­lität, Sanftmut und Ordnung basie­renden Welt­an­schauung, die sich mit dem Logos und jenen, die sich mit ihm ver­bündet haben, im Krieg befindet. Dieser ideo­lo­gische und kos­mische Krieg, der his­to­risch betrachtet am Fuße des Kreuzes begann, wird bis zum Ende der Geschichte andauern, und wir befinden uns derzeit inmitten dieses Krieges.

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Außerdem verfügt der Anti-Logos über eine lange Liste treu erge­bener Jünger, und Vol­taire gehörte trau­ri­ger­weise dem Lager des Anti-Logos an, auch wenn hier und dort einige rationale Aus­sagen von ihm über­liefert sind.

Vol­taire war Frei­maurer. Wir wissen das, weil er in der Loge Les Neuf Sœurs seine Ein­weihung erhielt. Nachdem er diesen Schritt getan hatte, hat der Meister vom Stuhl der Loge eine Rede bezüglich Vol­taires Ein­weihung gehalten, in der er Fol­gendes sagte:

„Wir schwören, unsere Brüder zu unter­stützen, Sie jedoch sind Gründer einer ganzen Kolonie gewesen, die Sie anbetet von Ihren Wohl­taten über­strömt… Sie, lieber Bruder, waren Frei­maurer, bevor Sie den Grad erhielten… und Sie haben die Pflichten eines Frei­maurers erfüllt, bevor Sie ver­sprachen, sie zu halten.“1

Mit anderen Worten war Vol­taires revo­lu­tionäre Ideo­logie mit der Frei­mau­rerei nach Ansicht des Vor­sit­zenden ver­einbar, auch wenn Vol­taire sich dessen nicht bewusst gewesen ist. Und tat­sächlich hat Vol­taire ständig positive Resonanz von der Loge erhalten.2

Warum? Weil Vol­taire, laut Will Durants eigenem Urteil, die Macht der Kirchen geschwächt hat.3 Und dies war völlig kon­gruent mit der Ideo­logie der Frei­mau­rerloge. Einige seiner dama­ligen Zeit­ge­nossen wie der Führer der Ultrar­evo­lu­tio­nären, Jacques-René Hébert, „folgten dem Ratio­na­lismus Vol­taires und pro­pa­gierten ab dem Jahr 1793 die öffent­liche Anbetung der Göttin der Ver­nunft.“4

Die Frei­mau­rerei scheint nach der Fran­zö­si­schen Revo­lution unter den intel­lek­tu­ellen Revo­lu­tio­nären brach gelegen zu haben, aber sie bekam ihre Repres­salien im zwan­zigsten Jahr­hundert – diesmal während des Zweiten Welt­kriegs. Wer detail­liert zu diesem Thema forschte, war der bekannte fran­zö­sische His­to­riker Bernard Fay.

Fay hatte seine Aus­bildung in Harvard erhalten, wurde Geschichts­pro­fessor am Collège de France und schließlich zum Gene­ral­ver­walter der fran­zö­si­schen Natio­nal­bi­bliothek. Fay begann die Archive zu durch­suchen, um einen detail­lierten Bericht über die Frei­mau­rerei zu erstellen und auf­zu­zeigen, dass diese den Hin­ter­grund für fran­zö­sische Revo­lution gebildet hat. Nicht nur, dass Fay die Wie­der­auf­er­stehung der Frei­mau­rerei in seiner eigenen Zeit kommen sah, so war er auch das, was man einen „Archivar“ nennen könnte, was soviel heißt, dass er an die Beweis­kraft his­to­ri­scher Doku­mente glaubte.

Fays Dar­stellung wird hier von Barbara Will in ihrem Buch Unlikely Col­la­bo­ration: Ger­trude Stein, Bernard Fay, and the Vichy Dilemma auf­ge­nommen. Indem sie ihr Argument auf Jacques Der­ridas Prä­misse aufbaut, bemängelt Will an Fay, was Derrida als „Fieber der Archivare“ bezeichnet hat.5

Die Berufung auf Derrida zum Aufbau ihrer Argu­men­tation, erweist sich für Wills Dar­stellung jedoch als nach­teilig, weil Derrida nicht an eine objektive Wahrheit glaubte. Laut Derrida können Archive niemals zur Wahrheit führen, da Archive „gegen sta­biles oder posi­ti­vis­ti­sches Wissen oder his­to­rische Bedeutung“ gerichtet sind.6

„Das Archiv“, klärt uns Derrida auf, „richtet sich immer… gegen sich selbst.“7 Warum exis­tieren sie dann, wenn dem immer so ist? Nun, für Derrida leiden Archivare unter einer Zwangs­neurose, da sie in Archiven Wissen suchen.8 Noch einmal schreibt Will, Der­ridas Prä­misse folgend:

„Und als jemand, der seine gesamte Kar­riere auf archi­va­ri­sches Wissen setzte, erlag auch Bernard Fay dem Fieber, das sich gegen dieses Wissen richtet und seine Kar­riere auf immer para­no­idere und wahn­haftere Pfade geführt hat.“9

Derrida konnte nur deshalb auf diese lächer­lichen Ideen kommen, weil er den ideo­lo­gi­schen Lehren der Post­mo­derne folgte, die in ihrer ideo­lo­gi­schen Aus­richtung jüdisch ist. Als solcher musste er jedes Dokument ver­werfen, das jemanden der Wahrheit hätte näher bringen können.

Jones beschreibt das mit fol­genden Worten:

„Die Poli­tische Kor­rektheit war der end­gültige Aus­druck der tal­mu­di­schen Neu­de­fi­nition des ame­ri­ka­ni­schen Dis­kurses, die in den 70er Jahren unter Leitung von jüdi­scher kri­ti­scher Theorien wie denen von [Stanley] Fish und Jaques Derrida ihren Anfang genommen hat.“10

Nachdem Derrida an der Johns Hopkins Uni­versity eine Vor­lesung über Dekon­struk­ti­vismus gehalten hatte, begann die Post­mo­derne nicht nur in der Wis­sen­schaft, sondern auch in der Kultur Gestalt anzu­nehmen. Law­rence D. Kritzman, Brian J. Reilly und Malcolm DeBe­voise erzählen uns:

„Mit diesem Aufsatz [La structure, le signe, et le jeus dans le dis­course des sci­ences humaines] wurde die auf­kom­mende Bewegung effektiv in Gang gesetzt: Zum ersten Mal wurden die Ele­mente des post­struk­tu­ra­lis­ti­schen Pro­gramms als Teil einer Unter­su­chung dar­gelegt, die sich von der­je­nigen, die unter dem Namen des Struk­tu­ra­lismus im engeren Sinne vor­herrschte, völlig unter­schied.“11

Derrida war Revo­lu­tionär, und fol­gende Zeilen waren hierfür keine Entschuldigung:

„Es trifft zu, dass mein Interesse an Lite­ratur, an Tage­bü­chern sowie an Jour­nalen im All­ge­meinen, auch eine typische, ste­reotype Revolte gegen die Familie bedeutete.

Meine Lei­den­schaft für Nietzsche, Rousseau und auch Gide, den ich damals oft gelesen habe, bedeutete unter anderem: ‘Familien, ich hasse euch.’ Ich sah in der Lite­ratur das Ende der Familie und der Gesell­schaft, die sie reprä­sen­tierte, auch wenn diese Familie ande­rer­seits auch ver­folgt worden ist.“12

Derrida hat die Lite­ratur damals als Waffe zum Kampf gegen die ulti­mative Wahrheit betrachtet. Und er sagt es ganz unverblümt:

„Wenn mir die phi­lo­so­phische Frage min­destens ebenso not­wendig erschien, liegt das viel­leicht daran, dass ich geahnt habe, dass es in der Lite­ratur manchmal eine Unschuld oder Ver­ant­wor­tungs­lo­sigkeit, ja sogar eine Ohn­macht geben könnte. Nicht nur, dass man in der Lite­ratur alles sagen kann, ohne dass es irgend­welche Kon­se­quenzen hat, dachte ich, wohl naiv, wie ich war, sondern auch, dass der Schrift­steller als solcher die Frage nach der Essenz der Lite­ratur im Grunde nicht stellt.“13

Wenn der Postmodernismus/Relativismus der Wahrheit ent­spricht, ist die Geschichts­wis­sen­schaft über­flüssig, da jeder „Text“ sich relativ zu allen anderen „Texten“ verhält, obwohl sie kom­plett gegen­sätz­liche Aus­sagen treffen mögen.

Und da es letztlich keine ulti­mative Wahrheit gibt, ist eine Aussage so gültig wie jede andere. Zu dieser Geis­tes­haltung passt die Vor­stellung, dass es nicht nötig ist, Fakten von Fik­tionen, Wahrheit von Irrtum zu trennen; Astro­nomie ist nicht besser als Astro­logie, Chemie nicht besser als Alchemie.

Will hätte einen viel rigo­ro­seren his­to­ri­schen Stand­punkt ver­treten, wenn sie sich nicht auf Der­ridas selbst­zer­stö­re­rische Phi­lo­sophie ver­lassen hätte, um einige ihrer Schluss­fol­ge­rungen zu ziehen. Wie Pro­fessor R. V. Young von der North Carolina State Uni­versity es aus­drückte, „schlägt Derrida, anstatt eines Fron­tal­an­griffs auf die Meta­physik, die Sub­version von innen vor.“14

Ähnlich argu­men­tierte der späte fran­zö­sische Phi­losoph Maurice Blanchot implizit, dass Der­ridas Dekon­struk­ti­vismus in seiner ideo­lo­gi­schen Aus­richtung rab­bi­nisch ist, was die Wis­sen­schaft­lerin Sarah Ham­mer­schlag zu fol­gender Aussage ver­an­lasst hat:

„Diese rab­bi­nische Lesart könnte ein Hinweis darauf sein, Derrida daran zu erinnern, dass er dem Judentum mög­li­cher­weise näher steht, als er selbst erwarten würde.“15

Ham­mer­schlag erklärt weiterhin:

„Der Juda­ismus, wie es sich in der Moderne dar­stellt, ent­wi­ckelt in seinem Denken eine besondere poli­tische und ethische Bedeutung: Er erscheint als einer der Schlüs­selorte, durch den er sein Interesse an den Pro­blemen der Ver­handlung zwi­schen poli­tisch-phi­lo­so­phi­schen Ansprüchen auf Uni­ver­sa­lität und Struk­turen der Exklu­si­vität her­vorhebt … Der Juda­ismus wird zu dem Ort, an dem die Mög­lichkeit eines solchen Gegen­satzes dekon­struiert werden kann.“

„Darüber hinaus sieht er das Jüdisch-Sein als den zen­tralen Ort und die Quelle der Dekon­struktion selbst: ‘Das Jüdisch-Sein wäre mehr und anderes als der ein­fache stra­te­gische oder metho­dische Hebel einer all­ge­meinen Dekon­struktion, es wäre die Erfahrung der Dekon­struktion selbst, ihre Chance, ihre Bedrohung, ihr Schicksal, ihr Erd­beben.“16

Die inter­es­sante Beob­achtung ist schlicht Fol­gende: Die Gedan­ken­po­lizei dieser Welt hat Vol­taire niemals des Anti­se­mi­tismus beschuldigt! In seinem Roman „Kandid oder die beste Welt“ machte Vol­taire keinen Hehl daraus, dass dessen Haupt­figur von Juden betrogen worden ist.

Kandid, schrieb Voltaire:

„wurde von den Juden der­ge­stalt geprellt, dass ihm bald nichts weiter übrig blieb als sein kleiner Mei­erhof.“17 Im Verlauf des Romans sah sich Kandid sogar gezwungen, einen Juden namens Don Isachar töten.“

Die ein­fache Wahrheit ist, dass noch niemand Vol­taire des Anti­se­mi­tismus beschuldigt hat. Dennoch wurden Leute wie Immanuel Kant all­gemein als bös­artige Anti­se­miten ange­prangert18, weil sie im Grunde das­selbe sagten, worüber Leute wie Vol­taire geschrieben haben.

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Quellen:

[1] Siehe Will Durant, Rousseau and Revo­lution (New York: Simon & Schuster, 1967) chapter 35.

[2] Mar­garet C. Jacob, The Origins of Free­ma­sonry (Phil­adelphia: Uni­versity of Penn­syl­vania Press, 2006), 112.

[3] Durant, Rousseau and Revo­lution, Kapitel 35.

[4] ebd.

[5] Barbara Will, Unlikely Col­la­bo­ration: Ger­trude Stein, Bernard Fay, and the Vichy Dilemma (New York: Columbia Uni­versity Press, 2011), S. 169.

[6] ebd.

[7] ebd., S. 170.

[8] ebd., S. 169.

[9] ebd., S. 170.

[10] Jones, Jewish Revo­lu­tionary Spirit, 1001.

[11] Law­rence D. Kritzman, Brian J. Reilly und Malcolm DeBe­voise, The Columbia History of Twen­tieth-Century French Thought (New York: Columbia Uni­versity Press, 2006), S. 93.

[12] Jacques Derrida, Acts of Lite­rature (New York: Rout­ledge, 1992), S. 39.

[13] ebd.

[14] Quoted in Jones, Jewish Revo­lu­tionary Spirit, 1004.

[15] Sarah Ham­mer­schlag, The Figural Jew: Politics and Identity in Postwar French Thought (Chicago: Uni­versity of Chicago Press, 2010), 202.

[16] ebd., S. 205.

[17] Vol­taire, Candide, or Optimism (New York: Penguin Books, 2005), S. 90.

[18] Paul Law­rence Rose, German Question/Jewish Question: Revo­lu­tionary Anti­se­mitism in Germany from Kant to Wagner (Princeton: Princeton Uni­versity Press, 1990).

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Jonas E. Alexis hat aka­de­mische Grade in Mathe­matik und Phi­lo­sophie erlangt sowie ein Päd­ago­gik­studium abge­schlossen. Seine Haupt­in­ter­essen umfassen die US-Außen­po­litik, die Geschichte des israe­lisch-paläs­ti­nen­si­schen Kon­flikts und Geis­tes­wis­sen­schaften. Er ist der Autor des neuen Buchs Zionism vs. the West: How Tal­mudic Ideology is Under­mining Western Culture. Derzeit arbeitet er an einem Buch mit dem Titel Kevin MacDonald’s Abject Failure: A Phi­lo­so­phical and Moral Cri­tique of Evo­lu­tionary Psy­chology, Socio­biology, and White Identity. Er lehrt Mathe­matik in Südkorea.

Quelle: https://www.veteranstoday.com/2021/06/19/voltaire-freemasonry-and-anti-semitism/?mc_cid=38efab2c3f&mc_eid=01b1f35bb5

Quelle der Über­setzung: https://wp.me/pbtLuz-8W3E

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