Der Hund meines Freundes Hubert hat die meisten Jahre seines armseligen Lebens in Spanien als Streuner verbracht. Dann wurde er von einer Tierschutzorganisation nach Deutschland gebracht und fand ein neues Zuhause. Nach einigen Monaten bemerkte Hubert, dass etwas nicht stimmt mit seinem vierbeinigen Freund. Das Tier schwächelte, seine Haut war chronisch entzündet. Ein Bluttest brachte Gewissheit: Leishmaniose.
Die Krankheit ist uralt – ihre Erreger-DNA wurde bei 4000 Jahre alten ägyptischen Mumien nachgewiesen — hierzulande war die Leishmaniose bis vor einigen Jahren kein Thema. Inzwischen sorgen sich Tierärzte, weil immer mehr Hunde infiziert sind. Man schätzt, dass mittlerweile rund 100.000 Leishmaniose-positive Hunde in Deutschland leben. Die Leishmaniose wird von Sandmücken übertragen, einer Mückenart, die es kuschelig warm mag und eigentlich nur in den Tropen und Subtropen, Asien und Amerika vorkommt, allerdings auch im europäischen Mittelmeerraum, und von dort wird sie häufig eingeschleppt. Tierschutzorganisationen retten seit Jahren Hunde aus dem Mittelmeerraum und vermitteln sie in unseren Breitengraden; und wenn eine Familie mit ihrem Hund in den Süden fährt, kann er sich dort infizieren. Je mehr infizierte Hunde bei uns leben, desto größer wird das Risiko einer Ansteckung, es wurde schon Leishmaniose bei Tieren diagnostiziert, die nie im Süden waren. Die Hälfte der Hunde, die den Erreger in sich tragen, bleibt symptomfrei, weil sie Antikörper gebildet haben, dennoch können sie den Erreger übertragen, eine tickende Zeitbombe. Grundsätzlich kann die Leishmaniose auch von Tieren auf Menschen übertragen werden. Vor 10 Jahren häuften sich in Spanien Leishmaniose-Fälle, es stellte sich heraus, dass Hasen in einer städtischen Grünanlage infiziert waren. Der Erreger gelangte mit der Sandmücke auf kurzem Weg von den zutraulichen Hasen zum Menschen.
Die Leishmaniose gehört zu den häufigsten importierten tropischen Infektionskrankheiten, sie wurde benannt nach dem schottischen Arzt und Pathologen William B. Leishman (1834 – 1894), der die Leishman-Färbung zum Nachweis von Malariaerregern und anderen Parasiten im Blut entwickelte. Genaugenommen ist die Leishmaniose eine Immunschwächekrankheit, die Erreger schwächen das betroffene Tier oder den Menschen. Das Tückische: Die Zeit von der Ansteckung bis zu den ersten Symptomen liegt zwischen einem Monat und mehreren Jahren. Typische Symptome sind stark geschwollene Lymphknoten, Schuppenbildung an Kopf, Ohren und Beinen. Es können sich auch Krusten bilden, das Fell kann ausfallen, die Haut ist oft chronisch entzündet. Bei der viszeralen Leishmaniose, auch Dum-Dum-Fieber oder Schwarzes Fieber genannt, befällt der Parasit die inneren Organe, vor allem Milz, Leber und Knochenmark. Es kommt zu Anämie und Niereninsuffizienz, werden die Hunde nicht behandelt, sterben sie oft an Nierenversagen.
Da es so viele unterschiedliche Symptome gibt, ist ein Bluttest der sicherste Nachweis. Heute kann man aus dem Blut mit modernen molekulargenetischen Techniken die Erbsubstanz der Leishmanien ermitteln und so herausfinden, um welche Art es sich handelt, das ist wichtig für die Behandlung. Vollständige Heilung gibt es nicht, als Langzeittherapie wird ein Medikament eingesetzt, Allopurinol, das verhindert, dass die Leishmanien im Blut sich vermehren. Allerdings hat es schwere Nebenwirkungen, und es können sich Resistenzen bilden.
Die gute Nachricht kommt aus der Welt der Heilpflanzen. In einer Studie wurde nachgewiesen, dass ein Extrakt aus Weihrauch, Boswellia serrata aus Indien, gegen Leishmanien wirkt. In einer weiteren Studie wurden 52 ätherische Öle im Reagenzglas auf ihre Wirksamkeit getestet. Zudem wurde in der Studie überprüft, wie zytotoxisch die ätherischen Öle bei Mäusen auf die Makrophagen, die Fresszellen des Immunsystems, wirken, d.h., wie effektiv die Öle die Leishmanien abtöten. Drei ätherische Öle machten das Rennen: Weihrauch (Boswellia), Koriander (Coriandrum sativum L.) und Wintergrün (Gualtheria fragantissima Wall.) Bei der Form der Leishmaniose, die die Haut betrifft, können Sie Ihren Hund therapieren, indem Sie ihn mit den Ölen einreiben, denn Düfte werden nicht nur über die Nase, sondern auch über die Haut wahrgenommen, in der äußeren Hautschicht haben Wissenschaftler Geruchs-Rezeptoren entdeckt. Mein Freund Hubert wird jetzt die Leishmaniose seines Hundes mit Aromatherapie behandeln.
Die alten Ägypter, die sich schon mit den von der Sandmücke übertragenen Leishmanien herumquälten, wussten übrigens ohne wissenschaftliche Studien, dass menschenliebende Parasiten den Geruch von Weihrauch und Myrrhe nicht ausstehen können. Um sie zu vertreiben, pulverisierten sie die Räuchermittel und verdampften sie auf glühender Holzkohle.
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Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/William_Boog_Leishman
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34203815/
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