Chinas gewal­tiger neuer nuklearer Aufbau: Wenn “China in Bezug auf mili­tä­rische Macht ‘unan­tastbar’ ist”

China baut seine Nukle­ar­waf­fen­ka­pa­zi­täten deutlich aus. Mehrere aktuelle Berichte zeigen, dass China 120 Rake­ten­silos für Inter­kon­ti­nen­tal­ra­keten (ICBMs) in der Nähe von Yumen in Gansu, bis zu 110 Silos in der Nähe von Hami im öst­lichen Teil der Region Xinjian und bis zu 40 Silos in Ordos in der Inneren Mon­golei baut. Inter­kon­ti­nen­tal­ra­keten sind defi­niert als Raketen mit einer Min­destreich­weite von 5.500 Kilo­metern und in erster Linie für den Abwurf von Nukle­ar­waffen ausgelegt.

(von Judith Bergman)

“Der Silobau in Yumen und Hami stellt die bedeu­tendste Erwei­terung des chi­ne­si­schen Nukle­ar­ar­senals aller Zeiten dar”, so Matt Korda und Hans Kris­tensen in einem Bericht über das Hami-Feld für die Fede­ration of Ame­rican Sci­en­tists. “Alles in allem … deuten Ent­de­ckungen darauf hin, dass China fast 300 neue Rake­ten­silos bauen könnte”, schrieben sie im September.

“Die Zahl der offenbar im Bau befind­lichen Rake­ten­silos ist ähnlich der Gesamtzahl der Atom­spreng­köpfe im aktu­ellen chi­ne­si­schen Bestand; sie über­steigt die Zahl der von Russland betrie­benen Rake­ten­silos; sie nähert sich der Zahl der von den Ver­ei­nigten Staaten betrie­benen Silos; und es stellt den größten Bau von Silos dar, seit die USA und Russland während des Kalten Krieges ihre Inter­kon­ti­nen­tal­ra­keten auf­ge­stellt haben.”

Im Mai zitierte Chinas Global Times, eine staat­liche chi­ne­sische Zeitung, chi­ne­sische Mili­tär­ex­perten, die die Regierung auf­for­derten, die Zahl der Atom­waffen zu erhöhen. Song Zhongping, ein chi­ne­si­scher Mili­tär­ex­perte und Fern­seh­kom­men­tator, sagte der Global Times:

“In Anbe­tracht der Tat­sache, dass die USA China als ihren größten ima­gi­nären Feind betrachten, muss China die Quan­tität und Qua­lität von Atom­waffen, ins­be­sondere von aus U‑Booten abge­schossene bal­lis­tische Raketen, erhöhen, um seine nationale Sicherheit, Sou­ve­rä­nität und Ent­wick­lungs­in­ter­essen wirksam zu schützen.”

Laut Global Times “sagten einige Mili­tär­ex­perten, China sollte die Anzahl seiner fort­schritt­lichsten bal­lis­ti­schen Inter­kon­ti­nen­tal­ra­keten (ICBM), der DF-41 Stra­ßen­mobile erhöhen…” Diese haben eine Reich­weite von bis zu 15.000 km – womit sie die USA erreichen können – und angeblich mit bis zu 10 Atom­spreng­köpfen bewaffnet werden können.

Eben­falls wichtig für China, sagte Song Zhongping gegenüber der Global Times, ist die Stärkung der stra­te­gi­schen nuklearen Abschre­ckung auf See. Er fügte hinzu, dass seine fort­schritt­lichste von U‑Booten gestartete bal­lis­tische Rakete (SLBM) der Bedrohung durch die USA effektiv ent­ge­gen­wirken könnte.

Unnötig zu erwähnen, dass das, was die VR China als “Bedrohung” betrachtet, wie im obigen Wort “ima­ginär”, sehr sub­jektiv sein kann.

Chinas neueste SLBM, die JL‑3, hat angeblich eine Reich­weite von mehr als 10.000 Kilo­metern, was bedeutet, dass sie je nach Standort des star­tenden U‑Bootes ver­schiedene Teile des US-Fest­landes erreichen könnte. Diese Rakete, ein Upgrade der JL‑2, ist noch nicht ein­satz­bereit, wurde jedoch dreimal getestet. China arbeitet derzeit am U‑Boot der nächsten Gene­ration – der 096-Klasse –, die vor­aus­sichtlich bis zu 24 JL-3-Raketen tragen wird. China prä­sen­tierte im Mai anlässlich des 72-jäh­rigen Jubi­läums der PLA Navy sein neu­estes Atom-U-Boot, den Typ 094A.

Laut einem aktu­ellen Bericht des Center for Stra­tegic and Inter­na­tional Studies:

“Wenn die JL‑2 aus Gewässern in der Nähe Chinas gestartet würde, hätte sie eine aus­rei­chende Reich­weite, um Atom­staaten in der Region wie Russland und Indien zu treffen, wäre jedoch nicht in der Lage, die kon­ti­nen­talen Ver­ei­nigten Staaten zu erreichen. Sie könnte jedoch Guam, Hawaii und Alaska bedrohen.”

US-Außen­mi­nister Antony Blinken äußerte auf dem kürzlich abge­schlos­senen ASEAN-Regio­nal­forum seine Besorgnis über Chinas offen­sicht­liche Nukle­ar­auf­rüstung. Der Sprecher des Außen­mi­nis­te­riums, Ned Price, sagte nach dem Treffen:

“Der Außen­mi­nister … äußerte sich tief besorgt über das schnelle Wachstum des Nukle­ar­ar­senals der Volks­re­publik China, was deutlich macht, wie stark Peking von seiner jahr­zehn­te­alten Nukle­ar­stra­tegie abge­wichen ist, die auf mini­maler Abschre­ckung basiert.”

Admiral Charles Richard, Kom­mandant des Stra­te­gi­schen Kom­mandos der Ver­ei­nigten Staaten, warnte im August:

“Chinas explo­sives Wachstum und die Moder­ni­sierung seiner nuklearen und kon­ven­tio­nellen Streit­kräfte kann nur das sein, was ich als atem­be­raubend bezeichne. Ehrlich gesagt, dieses Wort, atem­be­raubend, reicht mög­li­cher­weise nicht aus … Es wurde viel darüber spe­ku­liert, warum sie das alles tun. Ich möchte jetzt nur sagen, dass es wirklich egal ist, warum… Wichtig ist, dass sie die Fähigkeit auf­bauen, jede plau­sible nukleare Ein­satz­stra­tegie umzu­setzen – der letzte Stein in der Mauer eines Militärs, das fähig ist, jedes beliebige Ziel durchzusetzen.”

Obwohl chi­ne­sische Funk­tionäre nichts zu diesen Behaup­tungen sagten, hat die Global Times, die dafür bekannt ist, Pekings Linie zu ver­folgen, eine Reihe von Artikeln ver­öf­fent­licht, in denen sie das Problem anspricht. In einem Ende Juli ver­öf­fent­lichten Artikel kam die Global Times zum Schluss:

“Ame­ri­kaner sollten genauso klar wie die Chi­nesen wissen, welches Niveau an Nukle­ar­macht China wirklich auf­bauen muss. Es wäre eine Nukle­ar­macht, die stark genug wäre, um die USA – vom Militär bis zur Regierung – fürchten zu lassen … Das dyna­mische Gleich­ge­wicht wird dann erreicht sein, wenn die radi­kalen Eliten in den USA den Mut ver­lieren, auch nur über den Einsatz von Atom­waffen gegen China nach­zu­denken, und wenn sich die gesamte US-Gesell­schaft voll und ganz bewusst ist, dass China mili­tä­risch ‘unan­tastbar’ ist.”

“Es gibt keine Infor­ma­tionen aus Peking darüber, ob es seine nukleare Auf­rüstung ange­sichts einer rea­lis­ti­schen Bedrohung aus Washington ver­stärkt”, schrieb der Chef­re­dakteur der Global Times, Hu Xijin, in einem neueren Artikel.

“Aber selbst wenn wir das täten, hätte es nichts mit süd­ost­asia­ti­schen Ländern oder gar mit Japan und Aus­tralien zu tun, denn Chinas Atom­po­litik beinhaltet auch eine weitere feste Ver­pflichtung, keine Atom­waffen gegen Nicht-Atom­waf­fen­staaten ein­zu­setzen oder mit deren Einsatz zu drohen.” Sobald China seine Nukle­ar­streit­kräfte wesentlich ver­stärkt, wird sein ein­ziger Zweck darin bestehen, die USA abzu­schrecken … wir müssen auf die Mög­lichkeit vor­be­reitet sein, dass es irgendwann zu einem Krieg in der Straße von Taiwan oder im Süd­chi­ne­si­schen Meer kommen könnte.”

Im Mai 2020 for­derte Hu Xijin laut der Asia Times in Social-Media-Bei­trägen Chinas Militär offen auf, seine Atom­bomben- und Spreng­kopf­be­stände auf 1.000 mehr als zu verdreifachen.

Chinas nukleare Auf­rüstung muss im Kontext des Bestrebens der Kom­mu­nis­ti­schen Partei Chinas gesehen werden, in den eigenen Worten von Prä­sident Xi Jinping “ein Militär von Welt­klasse” zu haben, sowie im Zusam­menhang mit ihrem Bestreben, die Welt­herr­schaft zu erreichen.

Das Pen­tagon schrieb in seinem umfas­senden Bericht 2020 über Chinas Militärmacht:

“Obwohl die KPCh im Kontext der natio­nalen Stra­tegie der VR China nicht defi­niert hat, was ein ‘Weltklasse’-Militär bedeutet, ist es wahr­scheinlich, dass Peking bis Mitte des Jahr­hun­derts ver­suchen wird, ein Militär zu ent­wi­ckeln, das dem US-Militär oder dem einer anderen Groß­macht, die die VR China als Bedrohung ansieht, gleich­wertig oder in einigen Fällen über­legen ist.”

Wie das Center for Ame­rican Pro­gress 2019 fest­hielt:

“Im Juni 2018 – unmit­telbar nach dem Rückzug der Trump-Regierung aus dem Atom­ab­kommen mit dem Iran und dem UNO-Men­schen­rechtsrat – hielt Prä­sident Xi eine große außen­po­li­tische Rede, in der er erklärte, China werde die Reform des Global Gover­nance-Systems anführen’. Diese Rede mar­kierte Pekings erste offi­zielle Abwei­chung von dem Grundsatz “Nie die Führung bean­spruchen”, den Deng Xiaoping 1989 auf­ge­stellt hatte, als er die Post-Tian­anmen Über­le­bens­stra­tegie des Regimes dar­legte. … In Zukunft sollte die inter­na­tionale Gemein­schaft erwarten, dass Chinas Ambi­tionen und Akti­vi­täten erheblich zunehmen werden, vor allem, wenn sich die Ver­ei­nigten Staaten wei­terhin von der mul­ti­la­te­ralen Arena zurück­ziehen und maxi­malen Hand­lungs­spielraum bieten.”

Solche Ambi­tionen machen in der Praxis wenig Sinn, es sei denn, China erreicht eine minimale nukleare Parität mit den USA. Während Chinas offi­zielle Nukle­ar­po­litik eine “minimale Abschre­ckung” und eine “Kein-Ersteinsatz”-Politik ist, gibt es keinen Grund, warum die inter­na­tionale Gemein­schaft solchen offi­ziell kom­mu­ni­zierten Dok­trinen ver­trauen sollte. China baut seine mili­tä­ri­schen Welt­raum­ka­pa­zi­täten weiter aus, trotz seiner öffent­lichen Haltung gegen die Bewaffnung des Welt­raums. China ist weithin dafür bekannt, seine Ver­sprechen zu brechen, was unter anderem durch seine Mili­ta­ri­sierung künst­licher Inseln im Süd­chi­ne­si­schen Meer oder sein hartes Vor­gehen gegen Hongkong unter Verstoß gegen den bei der UNO hin­ter­legten Vertrag über das Ter­ri­torium belegt wird. Wenn man alle Moder­ni­sie­rungs­be­mü­hungen Chinas zusam­men­zählt, so Admiral Charles Richard, “ist das, was man bekommt, etwas, das mit einer Haltung der mini­malen Abschre­ckung nicht ver­einbar ist”.

“Ihre Hand­lungen haben lange Zeit über eine Haltung, die aggres­siver ist als ihre offi­zielle Politik, gelogen – man muss sich ansehen, was sie tun, nicht was sie sagen. … China hat korrekt her­aus­ge­funden, dass man einen [gleich starken] Kol­legen – mit anderen Worten, uns – aus einer minimal abschre­ckenden Haltung heraus nicht nötigen kann.”

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Judith Bergman, Kolum­nistin, Anwältin und Poli­to­login, ist Distin­gu­ished Senior Fellow am Gatestone Institute.


Quelle: gatestoneinstitute.org