Start einer Falcon-9-Rakete von SpaceX (Bild pixabay, 693198_1280)

Elon Musk und seine Welt­raum­am­bi­tionen: Nuke Mars and fuck climate-neutrality

Elon Musk wird gerne zu Inter­views ein­ge­laden und geht auch gern hin. Und er sorgt zur Freude seiner Mode­ra­toren immer für absolute Aus­reißer, scho­ckie­rende Fehl­leis­tungen, Pau­ken­schläge und Über­ra­schungen. Mal benimmt er sich gründlich daneben, mal bekifft er sich während des Inter­views, mal erzählt er See­mannsgarn, mal über­rascht er mit unglaublich klin­genden Plänen, die er bis­weilen tat­sächlich umsetzt. Und nicht immer erfreuen diese Pläne die weltweit ton­an­ge­bende Clique von glo­balen Bil­lio­nären, den ihnen (unt)ergebenen Regie­rungen und die ihnen gehö­rende, folg­samen Weltpresse.

Die „Inspi­ra­tion4-Mission“, bei der die Welt­raum­tou­risten in Elon Musks Raum­fahrzeug Space‑X  aus der Erd­at­mo­sphäre ins All geschossen wurden, machte Schlag­zeilen. Kurz vorher war es Jeff Bezos, der Gründer von Amazon gewesen, der mit seinem Bruder und einem zah­lenden Pas­sagier den Flug ins Weltall machte. Elon Musk war immerhin so nobel, den zweiten Platz zu ver­losen. Aber viel­leicht auch nur, weil er keinen Bruder hat.

Jeden­falls ist die Freude über die Raum­fahrer-Mil­li­ardäre unten auf der Erde relativ ver­halten. Der glück­liche Gewinner der Lot­terie des Herrn Musk heißt Chris Sem­broski, und wir freuen uns ja mit ihm, dass er als kleiner Normalo-von-nebenan so etwas erleben darf. Dass er wie wild mit seinem Smart­phone her­um­fo­to­gra­fiert hat, ist nach­voll­ziehbar. Auch die Begeis­terung und die Ehr­furcht vor dem, was man das Pri­vileg hat, zu sehen.

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Ein Video der gesamten Welt­raum­reise ist auch auf Youtube zu sehen und dauert über vier Stunden. Nichts­des­to­trotz ist es schon fast vier Mil­lionen mal ange­schaut worden. Wenn Elon Musk es mone­ta­ri­siert hätte, wäre er wahr­scheinlich schon davon Millionär.

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Doch es gibt auch eine Menge Kritik. Die 200 Mil­lionen Dollar, die diese Spritztour aus dem Orbit heraus gekostet hat, ist dabei noch das Wenigste. Die Trä­ger­rakete, die Falcon-9-Rakete, die das Raum­schiff in den Orbit kata­pul­tierte, ver­brennt ton­nen­weise Treib­stoff und pro­du­ziert dabei 387 Tonnen CO2-Äqui­va­lente, die in die Erd­at­mo­sphäre ent­lassen werden. Das ent­spricht 120 Flügen über den Atlantik. Nun könnte man natürlich sagen, das ist gar nicht so viel und wird nor­ma­ler­weise an jedem Tag im Jahr von den üblichen Lang­stre­cken­flügen in der Atmo­sphäre ver­blasen. Stimmt schon. Trotzdem ist das nicht gerade ein leuch­tendes Bei­spiel für die Menschheit. Nur … das war offen­sichtlich auch noch nie die Hand­lungs­maxime für Elon Musk. Auch nicht für Jeff Bezos.  Scheiß auf Kli­ma­neu­tra­lität. Fuck climate neutrality.

Die Lang­stre­cken­flüge spielen sich aber nur in den unteren Schichten der Erd­at­mo­sphäre ab. Die Stra­to­sphäre und Iono­sphäre darüber funk­tio­nieren voll­kommen anders. Ab 15 Kilo­metern Höhe haben wir extrem dünne Gas­schichten, die kaum mit den dar­un­ter­lie­genden inter­agieren und voll­kommen eigene Strö­mungen auf­weisen. Daher bleiben Fremd­stoffe darin jah­relang erhalten und wandern in dieser Schicht rund um den Erdball, ohne abgebaut zu werden. Was das für das Klima und die Ozon­schicht bedeutet, ist unbe­kannt. Selbst Experten wissen da nicht viel. Mes­sungen von mili­tä­ri­schen Stra­to­sphä­ren­flügen sind äußerst rar und die dabei aus­ge­sto­ßenen Mengen sind nur ein Bruchteil der gewal­tigen Treib­stoff­mengen, die eine Falcon‑9 ausstößt.

Ver­gessen wir nicht, dass Elon Musks „Starlink-Projekt“ allein 40.000 Satel­liten für die 5G-Fre­quenzen in den Orbit bringen will – und die werden mit solchen Raketen hoch­ge­schossen. Das bedeutet mehrere Rake­ten­starts pro Tag. Nicht nur durch den Rake­ten­treib­stoff gelangen dann mas­senhaft Alu­mi­ni­umoxid-Par­tikel in die Atmo­sphäre. Auch Satel­liten, die ihren Dienst getan haben, werden natürlich nicht mehr ein­ge­sammelt, sondern man lässt sie in der Atmo­sphäre ver­glühen, was noch mehr Alu­mi­ni­umoxid erzeugt. Die Gestelle der Satel­liten sind zum großen Teil aus Alu­minium, weil es ein leichtes Metall ist und weniger Treib­stoff zum Hoch­schießen gebraucht wird. Auf der Ober­fläche dieser Alu­mi­ni­umoxid-Teilchen ent­stehen Stoffe, die die Ozon­schicht schädigen.

Viel­leicht könnte man es aber unter der Rubrik „es bringt die Menschheit tech­nisch nach vorne“ ver­buchen. Denn Elon Musk hat es zumindest geschafft, die größte und stärkste Rakete jemals zu bauen und einzusetzen.

Das macht er nämlich nicht nur zur Gaudi. Herr Musk mag sehr extra­vagant sein – um es vor­sichtig aus­zu­drücken. Aber er ist extrem geschäfts­tüchtig. Er hat sehr viel weit­rei­chendere Pläne. Er will den Mars kolo­nia­li­sieren, was er auch gerne kundtut und auch erläutert, wie er das in Rekordzeit machen will.

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Dabei ist sich Herr Musk durchaus bewusst, dass der Mars zwar ein erd­ähn­licher Planet ist, aber ziem­liche Hürden bietet auf dem Weg zur Kolo­ni­sation. In einem Interview in Stephen Col­berts Late Night Show erör­terte Elon Musk die Mög­lich­keiten, aus dem extrem kalten Mars mit seiner äußerst dünnen Atmo­sphäre einen bewohn­baren, kusche­ligen Pla­neten zu machen.

Wie die Seite Sci­enceblog vor­rechnet, wäre Ter­ra­forming auf dem Mars eine extrem auf­wändige und gene­ra­tio­nen­lange Arbeit mit hohem Unge­wiss­heits­risiko. Man müsste das in Gesteinen gespei­cherte CO2 frei­setzen und das Tro­ckeneis an den Polen, was ja gefro­renes CO2 ist, auf­tauen (es wird nicht flüssig, sondern sofort zu Gas) und dann abwarten, bis es den Pla­neten auf­ge­heizt hat und derweil auch wieder in den Gesteins­schichten gefro­renes CO2 dazu kommt. Auf die Frage, wie er das denn schneller bewerk­stel­ligen könne, ant­wortet Elon Musk auf die ihm eigene, brutal offene und schnör­kellose Art: Mit jeder Menge Was­ser­stoff­bomben. Die müssen eine nach der anderen über den Mars­polen, also über den rie­sigen Reser­voires an Tro­ckeneis gezündet werden, so, dass das Eis stark erhitzt und zu Gas wird und zwar ratzfatz. Herr Musk möchte nämlich nicht ein paar­hundert Jahre warten, sondern selbst in höchst­ei­gener Person Mars­ko­lonist werden. So twittert er auch kurz, knapp und munter „Nuke Mars!“ (Heißt in etwa: Beschießt den Mars mit Atombomben!)

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Und weil er das so groß­artig findet, lässt er auch noch ein T‑Shirt mit dem Slogan bedrucken, was man in seinem SpaceX-Shop kaufen kann.