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Vera Lengsfeld: Viel­falt­park­plätze und diverse Hunde

Erich Kästners groß­ar­tiger Roman „Fabian oder der Gang vor die Hunde“ ist gerade mit dem Tom Schilling neu ver­filmt in die Kinos gekommen. Kästner zeigt, wie ein Mensch an den immer bizarrer wer­denden Ver­hält­nissen zer­bricht. Am Ende springt Fabian in die Elbe, um ein Kind zu retten, das ins Wasser gefallen ist. Das Kind paddelt heulend und prustend ans Ufer, Fabian ertrinkt. Er konnte nicht schwimmen.

Was hat das mit Deutschland zu tun? Nun wir erleben gerade Deutsch­lands Gang vor die Hunde mit. Die bür­ger­liche Rest­ver­nunft unseres Landes hat die Rolle des Fabian über­nommen. Sie leidet an der täglich sicht­barer wer­denden Irra­tio­na­lität, aber sie wehrt sich kaum. Fabian war ein Ein­zel­gänger, der nicht mit anderen koope­rierte. Die bür­ger­liche Rest­ver­nunft unseres Landes ist in lauter Ein­zel­gänger auf­ge­spalten, die nicht mit­ein­ander koope­rieren wollen.

Besonders gut war das an der eben statt­ge­fun­denen Bun­des­tagswahl zu beob­achten. Unter den zahl­reichen Par­teien, die ange­treten sind, befanden sich auch solche, die der bür­ger­lichen Rest­ver­nunft zuzu­ordnen sind. Aber statt gemeinsam zu siegen, sind sie getrennt unter­ge­gangen. Damit das klar ist: Zur bür­ger­lichen Rest­ver­nunft zähle ich weder CDU und schon gar nicht CSU. In beiden Par­teien befinden sich noch ein­zelne Kan­di­daten, die ihr zuzu­ordnen wären. Da ist die Frage, was sie noch in der Union wollen. Sie könnten, statt zu leiden, wenigstens eine Abge­ord­ne­ten­gruppe bilden, die der Nukleus für eine dringend benö­tigte bür­ger­liche Partei werden könnte. Ver­geb­liche Hoffnung!

Die Union; statt ihre kra­chende Nie­derlage als Weckruf zu begreifen und an ihrer Revi­ta­li­sierung zu arbeiten, setzt ihre Tal­fahrt unge­bremst fort. Sie macht nur noch mit ver­geb­lichen Lock­rufen für eine Jamaika-Koalition ein paar dürre Erwäh­nungen in den Hal­tungs­medien und merkt nicht, dass sie längst abge­schrieben ist. Auf dem sin­kenden Schiff kämpfen die Leicht­ma­trosen um das Steuer. Wer immer noch der Meinung ist, dass Friedrich Merz der Retter aus der Not ist, wird auch nicht durch sein erneutes Ver­sagen seine Meinung ändern. Dank Durch­ste­che­reien aus einer „ver­trau­lichen Runde“ wurde bekannt, dass Merz und Ralf Brinkhaus sich in die Haare gekriegt haben, weil Brinkhaus wieder zum Frak­ti­ons­vor­sit­zenden gewählt worden ist. Das würde der Partei schaden, behauptete Merz. Das ist nicht falsch, aber wieder einmal hatte Merz nicht den Mut, seinen Hut in den Ring zu werfen und um den Frak­ti­ons­vorsitz zu kämpfen. Ein Retter sieht anders aus!

Während die Politik mit Koali­ti­ons­kun­gelei beschäftigt ist, mehren sich die Stimmen, die nach der Pan­nenwahl von Berlin eine Neu­aus­zählung der Stimmen fordern. Was in Berlin am Wahltag pas­siert ist, kann man als das vor­läufige Ende einer Kette von Beweisen ansehen, dass Deutsch­lands Insti­tu­tionen nicht mehr funk­tio­nieren. Bei der Hoch­was­ser­ka­ta­strophe im Ahrtal blieben manche Orte tagelang ohne staat­lichen Hilfe. Hier sprang die Bür­ger­schaft ein und ver­hin­derte Schlimmeres.

Bei der Wahl in Berlin gab es keine Mög­lichkeit mehr, die Unfä­higkeit der Behörden zu ver­decken. Am Ende des Tages wurden Wähler unver­rich­teter Dinge nach­hause geschickt, Schät­zungen statt Aus­zäh­lungen ange­geben und alle falsch aus­ge­teilten Wahl­zettel einfach als ungültig gezählt. Ein Bekannter betrat um 10 Uhr sein Wahl­lokal und stellte fest, dass die Liste für die Abge­ord­ne­ten­hauswahl vom Nach­bar­bezirk war. Bis dahin hatten weder der Wahl­vor­stand noch die Wähler etwas davon bemerkt. Da lief die Wahl schon seit zwei Stunden.

Es ist aber noch mehr zwei­felhaft am Ergebnis. Den Freien Wählern wurde kurz vor dem 26.09. ein Ergebnis von 3 Prozent mit Tendenz nach oben pro­gnos­ti­ziert. Sie lan­deten bei 0,8%. Marcel Luthe, der Spit­zen­kan­didat der FW hat inzwi­schen eine Neu­aus­zählung der Stimmen für ganz Berlin bean­tragt. Er sagt, es hätten sich schon mehr Wähler, die für ihn gestimmt haben bei ihm gemeldet, als die offi­zielle Angabe betrug. Wenn die Wahl in Berlin für ungültig erklärt werden sollte, könnte das auch Aus­wir­kungen auf den Bun­destag haben. Zwei der Direkt­mandate errang die SED-Linke in Berlin. Was ist, wenn da auch nur „geschätzt“ wurde?

Während die Auf­merk­samkeit den Wahlen und ihren Koali­ti­ons­folgen gilt, geht abseits davon der all­täg­liche Wahn weiter.

Inzwi­schen gibt es Vielfalt-Park­plätze für die vielen Geschlechter. Es wäre inter­essant zu wissen, wer sie am Ende in Anspruch nimmt. Die Spitze des deut­schen Wahn­sinns  hat die Stadt Neu­enrade erklommen. Hier kann man tat­sächlich Hunde anmelden, deren Geschlecht mit „divers“ ange­geben werden kann. Wie der Hund kom­mu­ni­ziert, dass er zwar wie ein Dobermann aus­sieht, aber das sanfte Seelchen eines Schoß­hündchen hat, bleibt das Geheimnis des Hun­de­halters und der Behörden.

Während solcher Koko­lores pro­du­ziert wird, steigt die Inflation auf bisher kaum gekannte Höhen, steigt die Gefahr eines Blackouts, wird weiter an der Desta­bi­li­sierung des Strom­netzes gear­beitet durch die Instal­lation immer neuer Wind­räder, bei gleich­zei­tigem Abbau derer, für die es keine staat­liche Sub­vention mehr gibt. Kein Windrad ist wirt­schaftlich, nir­gends. Fabriken müssen nicht nur bei Opel still­gelegt werden, weil es keine Zulie­ferung von dringend benö­tigten Teilen mehr gibt. Es deutet sich an, dass im Winter Strom und vor allem Gas und Öl für die Hei­zungen knapp werden könnte. Aber bei den Koali­ti­ons­ver­hand­lungen spielen die wahren Pro­bleme unseres Landes keine Rolle. Das ist das Einzige, dessen wir sicher sein können.


Vera Lengsfeld — Erst­ver­öf­fent­li­chung auf dem Blog der Autorin www.vera-lengsfeld.de