Wieder mal eine Lüge auf­ge­flogen: Söder ver­hängt mit fal­schen Zahlen eine Corona-Verordung

Die Inzi­denzen wahren Wasser auf die Mühlen der Unge­impten-Hexen­jäger: Die baye­ri­schen Inzi­denzen, so tönte der Alarm, liege bei den bösen Unge­impften bei 1600, wogegen die braven Geimpften nur eine 100er-Inzidenz auf­weisen. Da müssen harte Maß­nahmen her, damit die Unbot­mä­ßigen endlich mal die Knute zu spüren bekommen. Der Schön­heits­fehler: Die Zahlen stimmten nicht. Peinlich, aber darüber geht man am liebsten schweigend hinweg. Falsch ist immer nur das, was die Kri­tiker dieser Impfung von sich geben.

Die offi­zi­ellen Zahlen, egal aus welchen Insti­tu­tionen sie kommen, zeigen merk­wür­di­ger­weise immer irgendwo Unstim­mig­keiten. Defi­ni­tionen ändern sich, Tabellen und Sta­tis­tiken sind unglaublich unüber­sichtlich und inko­härent. Das Zah­len­ma­terial der ver­schie­denen Insti­tu­tionen passt nicht zuein­ander. Die DIVI (Deutsche Inter­dis­zi­pli­nären Ver­ei­nigung für Intensiv- und Not­fall­me­dizin) erklärt in der Bun­des­pres­se­kon­ferenz, man kenne den Impf­status der Pati­enten in den Inten­siv­sta­tionen gar nicht und das müsse man natürlich ändern. Das RKI (Robert Koch Institut) ver­öf­fent­licht genaue Zahlen der geimpften Pati­enten, die Impf­durch­brüche erleiden und hos­pi­ta­li­siert sind und wie viele genau davon sterben. Ja, was denn nun?

Auch das Baye­rische Lan­desamt für Gesundheit und Lebens­mit­tel­si­cherheit (LGL) ver­öf­fent­licht jede Woche die Auf­schlüs­selung in „geimpft“ und „unge­impft“. Auch das ist nicht immer ganz kohärent, wie all­gemein bekannt ist. Dort werden Per­sonen mit unbe­kanntem Impf­status zum Bei­spiel einfach mal den Unge­impften unter­ge­schoben, wie die Seite „Nord­bayern“ schreibt. Das führt natürlich zu einer viel zu hohen Zahl der Inzi­denzen bei Unge­impften und einer viel zu nied­rigen bei Geimpften. Und es ist kei­neswegs so, dass das ver­nach­läs­sigbar ist.

Das zeigen die aktu­ellen Zahlen, die das LGL auf eine Pres­se­nach­frage des Jour­na­listen Tim Röhn diesem über­mittelt hat. Dieser twit­terte das auch umgehend, und da staunt man nicht schlecht:

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Diese Zahlen aus der Woche vor dem 24. November besagen:

Von 81.782 gemel­deten Infi­zierten 14.652 unge­impft und 9.641 geimpft.
In 57.489 Fällen — das sind etwa 70 Prozent! — war kein Impf­status bekannt.

Diese wurden nach eigenem Bekunden einfach kom­plett den Unge­impften zugeschlagen.

Das ist keine Unter­stellung. Das LGL bestätigt das selber in einer Pres­se­mit­teilung. Herr Dr. Walter Jens, der Prä­sident des LGL begründet das so:

„Wir haben uns ent­schieden, die Fälle ohne Angaben zum Impf­status zunächst zu den Unge­impften zu zählen. Denn es hat sich her­aus­ge­stellt, dass diese — nach später vor­lie­genden Daten — in der weit über­wie­genden Anzahl der Fälle unge­impft waren.“

Es wurde also einfach mal flott nach dem Motto „die üblichen Ver­däch­tigen“ vor­ge­gangen. Das fand auch der par­la­men­ta­rische Geschäfts­führer der FDP, Herr Mat­thias Fischbach so. Er stellte daher eine Anfrage, um wenigstens die unge­fähre Grö­ßen­ordnung der Geimpf­t/Un­ge­impft-Ver­teilung zu erfahren. Eine brauchbare Antwort hat er bisher nicht bekommen. Die Behörde ver­wehrt kon­se­quent jeden Ein­blick in das Zah­lenwerk, was viele ver­muten lässt, dass die wahren Zahlen wahr­scheinlich das Impf­nar­rativ nicht gerade unter­stützen würde.

Herr Fischbach monierte diese grob ver­zerrte Sta­tistik zulasten der Ungeimpften:

„Wenn dem so ist — Warum werden die später vor­lie­genden Daten dann nicht ver­öf­fent­licht? Sie müssten dem LGL für eine solche Aussage doch bekannt sein. (…) Söder hat noch am Freitag mit Inzi­denzen von 1600 bei den Unge­impften und 100 bei den Geimpften argu­men­tiert. Das ist keine kleine Unschärfe, sondern eine extrem ver­zerrte Dar­stellung, die einer Erklärung bedarf. Das Gesund­heits­mi­nis­terium hätte früh­zeitig auf die Grö­ßen­ordnung der Ver­zerrung hin­weisen müssen. Schließlich sei es auch im Interesse der Geimpften, zu wissen, wie hoch ihr eigenes Infek­ti­ons­risiko sta­tis­tisch sei. Auch das Ver­trauen in die Impf­kam­pagne werde durch das Ver­halten der Staats­re­gierung nach­haltig erschüttert.“

Herr Fischbach schlägt vor, dass der Impf­status direkt beim Testen ange­geben werden sollte: „Auf diese Weise könnte man die Sta­tistik auch direkt um den Faktor kor­ri­gieren, wie viele Tests in der jewei­ligen Gruppen gemacht werden.“ 

Das ist aber noch nicht alles, was die Dar­stellung der Inzi­denzen bei Geimpften und Unge­impften aus dem Ruder kaufen lässt. Sehr lange mussten nur die Unge­impften ständig testen und die Geimpften waren davon sozu­sagen als „Belohnung“ für ihre vor­bild­liche Impf­wil­ligkeit vom Testen aus­ge­nommen. Und auch heute, wo teil­weise bei 2G+ auch die Gene­senen und die Geimpften wieder testen müssen, werden Unge­impfte deutlich häu­figer getestet als Geimpfte.

Es kommt auch noch etwas Wei­teres dazu: Es findet offenbar eine Unte­r­er­fassung von Corona-Fällen bei Geimpften statt. Das gibt auch das RKI zu:

„Grund­sätzlich geht das RKI von einer ‚Unte­r­er­fassung der geimpften Covid-Fälle‘ aus, wie es in seinem Wochen­be­richt schreibt. Das liegt daran, dass nicht für jede gemeldete Covid-Erkrankung voll­ständige Angaben zum Impf­status vor­liegen. In knapp einem von fünf sym­pto­ma­ti­schen Fällen fehlen demnach Daten.“

Auch das dürfte so nicht ganz zutreffen. Tat­sächlich ver­mindert die Impfung ja das Auf­treten von Sym­ptomen bei vielen infi­zierten Geimpften mehr oder weniger. Viele werden sich gar nicht testen lassen, wenn sie milde Sym­ptome, wie etwas Husten, Schnupfen, Kopf­schmerzen haben. Viele Geimpfte fühlen sich sicher, weil sie ja geimpft sind. Und sie halten es gar nicht für möglich, dass sie Covid haben könnten. Sie gehen also fröhlich überall hin und infi­zieren unwis­sentlich andere, werden aber selbst nicht getestet. Wenn sie nicht erkranken, bemerken auch die von Geimpften Infi­zierten nichts von ihrer Infektion, und so geht es munter weiter. Bei den Geimpften, die dann ernsthaft erkranken, tritt es dann erst zutage, hat sich aber in der Zwi­schenzeit über mehrere Sta­tionen expo­nen­tiell ver­breitet. Hier einmal eine kleine Auswahl:

In Berlin wird im Spät­herbst eine Geburts­tags­feier so zum Super­spreader-Event. Alle Besucher der extra für die Feier ange­mie­teten Bar im Bezirk Neu­kölln waren geimpft oder genesen, die Gruppe ver­stän­digte sich im Vorfeld sogar auf 2G plus und jeder führte einen Schnelltest durch. Drinnen gelten somit weder Masken- noch Abstands­pflicht. Von 35 Gästen infi­zieren sich letztlich 21 mit Corona.

Nach einer Par­ty­nacht in einem Club in Münster Anfang Sep­tember sind mitt­ler­weile 85 Neu­in­fek­tionen mit dem Coro­na­virus regis­triert worden. Das hat die Stadt Münster mit­ge­teilt. (…) Für die Party am 3. Sep­tember galt die 2G-Regelung: Alle Gäste waren nach eigenen Angaben geimpft oder genesen. Inzwi­schen hat die Stadt die Impf- und Gene­senen-Aus­weise aller Infi­zierten aus Münster kon­trol­liert. Bei keinem der 64 Men­schen habe es Ver­stöße gegen die 2G-Regel gegeben, sagte Norbert Schulze Kalthoff, Leiter des Gesund­heits­amtes in Münster.

Nach dem gleichen Prinzip feiert eine Gruppe in München einen 30. Geburtstag. In diesem Fall in einer Zwei­einhalb-Zimmer-Wohnung mit 20 Per­sonen. Alle sind geimpft, auch hier werden Tests ver­einbart, ganz nach dem Motto: “Tut ja nicht allzu sehr weh.” Die nega­tiven Test­ergeb­nisse ließ sich das Portal “t‑online” als Beweis sogar zuschicken. Wenige Tage nach der Feier sind zehn der Besucher positiv, der Großteil ohne Sym­ptome oder Anzeichen eines Erkäl­tungs­ver­laufs. Nur bei einer Person artete die Infektion in schwerem Fieber aus, ein PCR-Test sorgte dann für Gewissheit und gleich­zeitig für Unruhe bei den Par­ty­gästen, die das Virus schon mehrere Tage unbe­merkt mit sich trugen.

Diese Argu­mente wurden schon oft von Kri­tikern vor­ge­tragen, aber nie beachtet. In welchem Umfang aber Unge­impfte mehr getestet werden als Geimpfte ist nicht bekannt. So liefern die Behörden, die eigentlich genaue Daten und Fakten zur kor­rekten Bewertung des Pan­de­mie­ge­schehens erfassen müssten, der Politik ein fast unbe­grenztes Spielfeld für Panik­mache, Ver­un­si­cherung und Raum für Maß­nahmen und Regle­men­tie­rungen und damit einen Blan­ko­schek für Ein­griffe aller Art in die Grund­rechte der Bürger. Und es erfordert viel Recherche, um auf­zu­zeigen, dass dieser Grund­rechte-Entzug auf fal­schen Daten­basen beruht. Aber auch, wenn das glückt: Die Politik macht unbeirrt immer weiter.