Don Quixote-Habeck und der Kampf um die Wind­mühlen: Baye­rische Abstands­regeln killen die Windkraft

Die Vor­schriften für den Abstand der Wind­ener­gie­an­lagen zu der nächsten Wohn­be­bauung sind Län­der­sache. In Bayern muss die Ent­fernung vom Windrad zum nächsten Wohnhaus das Zehn­fache seiner Höhe betragen, auch die 10-H-Regel genannt. Sie gilt seit 2014. Wenn ein Gemein­derat aber beschließt, Wind­an­lagen näher an die Orts­grenze her­an­zu­lassen, ist das ohne Wei­teres möglich. Der Vorstoß, die Regelung zu Fall zu bringen, bedeutet also, dass man eine Mög­lichkeit sucht, im wahrsten Sinne des Wortes über die Köpfe der Bürger und Gemeinden hinweg, näher an die Ort­schaften her­an­zu­rücken mit den wum­mernden Insekten- und Vogel­schred­derern. Das dürfte in vielen baye­ri­schen Gemeinden das Fass – gerade in Corona-Zeiten – zum Über­laufen bringen.

Der Dorn im Auge der Grünen-Energie-Anhänger ist der Fakt, dass seit der Ein­führung der 10-H-Regel der Bau von Wind­kraft­an­lagen langsam, aber mitt­ler­weile fast voll­kommen zum Erliegen gekommen ist. Den Gemeinden ist das eher recht so, denn bei 150 Metern Höhe muss der Windpark min­destens 1,5 Kilo­meter weit von der nächsten Ansiedlung weg sein. Die Lärm­be­läs­tigung von Wind­rädern nahe an Sied­lungen ist teil­weise uner­träglich und der Anblick keine Freude. Es gibt regel­mäßig Zoff mit den Gemeinden, die solche Wind­parks im Umkreis ihrer Häuser gestellt bekommen. Und so bleibt der baye­rische CSU-Gene­ral­se­kretär Markus Blume und Bau­mi­nister Kerstin Schreyer (auch CSU) hart: An der 10H-Regel wird nicht gerüttelt”, sagte Blume. “Wir müssen den Ausbau der erneu­er­baren Energien beschleu­nigen, aber eben zusammen mit der und nicht gegen die Bevölkerung.“

Es gibt ja auch schließlich Koali­ti­ons­ver­träge, die man nicht einfach mir-nix-dir-nix brechen kann. Man will an der Ver­ein­barung fest­halten, den wei­teren Ausbau der Wind­kraft nur im Ein­ver­nehmen mit den Bürgern und den Kom­munen durch­zu­führen: „Denn zum Schutz der Anwoh­ne­rinnen und Anwohner wissen die Kom­munen am besten, wo sie Aus­nahmen von 10H zulassen möchten und wo nicht.“ 

Das Problem wird dabei nur sein, dass man nicht einfach irgendwo einen Windpark hin­stellen kann. Die Stelle muss auch im Nor­malfall genügend Wind abbe­kommen. Irgendwo schön ver­steckt in einem wind­stillen Tal stören sie zwar die Anwohner nicht, pro­du­zieren aber auch keinen Strom.

Die Stellen, wo es sich wirklich lohnt, Wind­kraft­an­lagen hin­zu­stellen sind im Übrigen nicht mehr so üppig vor­handen. Außerdem braucht es Jahre, bis man eine Geneh­migung zum Bau erteilt bekommt. Die Zeit berichtet, dass  jetzt erst die Folgen dieser Abstands­vor­schrift im Ver­gleich mit frü­heren Antrags­zahlen richtig sichtbar werden. „Laut dpa wurden 2012 ins­gesamt 271 Geneh­mi­gungs­an­träge gestellt, 2013 waren es 400. 2014 waren es demnach 220 und 2020 lediglich drei.“ 

„Bei der Wind­kraft sind wir in Bayern jetzt auf dem Null­punkt ange­langt”, sagte der ener­gie­po­li­tische Sprecher der Grünen im Landtag, Martin Stümpfig. Damit sei nach mehr als sieben Jahren 10H-Regel der Tiefst­punkt erreicht. “Das heißt auch: Wenn heute nichts bean­tragt wird, wird auch die nächsten Jahre kein Zubau erfolgen, denn die Geneh­mi­gungs­ver­fahren dauern im Schnitt vier Jahre. Jetzt muss deshalb endlich die Wind­kraft durch Abschaffung von 10H zum Leben erweckt werden.“

Kein Wunder, dass Bun­des­klima- und Wirt­schafts­mi­nister Robert Habeck von den Grünen langsam seine Felle davon­schwimmen sieht. Die Ener­gie­wende werden sie nicht hin­be­kommen, das alles läuft nicht so rei­bungslos und schnell wie ver­sprochen. Und das ist auch gut so, denn die Wol­ken­ku­ckucks­heime der Grünen werden sich sowieso bald auf­lösen, aber nicht in das sprich­wört­liche Wohlgefallen.

Es schmerzt, aber man muss, so weh das tut, dem baye­ri­schen Minis­ter­prä­si­denten Markus Söder Recht geben. Es wäre viel sinn­voller, die bestehenden Standorte tech­nisch zu moder­ni­sieren, statt abzu­wracken. Die Beton­pfeiler stehen schon, die Tur­binen oben kann man erneuern. Gut wäre es, wenn man die Rotor­flügel über­holen und prüfen könnte, um sie wie­der­zu­ver­wenden. Denn diese Koh­len­stoff-Glas­faser-Kunst­harz­flügel sind prak­tisch nicht zu recyceln und eine immense Umwelt­be­lastung in dieser Größe und Menge.

Es soll jetzt auch die Geo­thermie mehr genutzt werden. Das klingt gut und unauf­wändig. Nur weiß niemand, was die Abkühlung der Erd­schichten, die man für die Geo­thermie anzapft, auf Dauer für Folgen zeigen wird.

Aber Don Quixote-Habeck gibt nicht auf. Er will jetzt mit der baye­ri­schen Regierung über das Thema Wind­kraft­an­lagen reden. Wir dürfen gespannt sein.