Ukraine-Krieg: Die NATO & die Desta­bi­li­sierung & Ein­ver­leibung Osteuropas

Anfang April 2014 warf der rus­sische Vize-Ver­tei­di­gungs­mi­nister Anatoli Antonow der NATO (North Atlantic Treaty Orga­nization) vor, mit allen Kräften zu ver­suchen, einen Keil zwi­schen Kiew und Moskau zu treiben. Geführt würde ein »harter und kom­pro­miss­loser Informationskrieg.«

Und nicht nur das: Blickt man auf 1991 zurück, wird die Mili­tär­po­litik des atlan­ti­schen Ver­tei­di­gungs­bünd­nisses deutlich. In jenem Jahr löste sich nicht nur der War­schauer Pakt auf, der mili­tä­rische Bei­standspakt des Ost­blocks, sondern zerfiel auch die UdSSR (Union der sozia­lis­ti­schen Sowjet­re­pu­bliken) in fünfzehn ein­zelne Staaten. Dies nutzte der Westen mit der NATO, allen voran die USA, um Ost­europa zu desta­bi­li­sieren und in Folge der Jahre ver­schiedene Länder »ein­zu­ver­leiben.«

Bei­spiels­weise zer­störten Ende des 20. Jahr­hun­derts Kriege die jugo­sla­wische Föde­ration. Kräftig dabei mit­ge­mischt hatte auch der Westen. Sogar die rot-grüne Bun­des­re­gierung unter Kanzler Gerhard Schröder schickte 1999 Kampf­flug­zeuge in die Bun­des­re­publik Jugo­slawien, die damals noch aus Serbien und Mon­te­negro bestand. Slo­wenien, Kroatien, Bosnien und Maze­donien hatten sich bereits vorher mit aktiver Unter­stützung Deutsch­lands und der USA in teil­weise blu­tigen Kon­flikten vom Mut­terland abgespalten.

Fast drei Monate lang führte die NATO unter Einsatz von über tausend Kampf­flug­zeugen eine der mas­sivsten Luft­kriegs­ope­ra­tionen der Mili­tär­ge­schichte durch. Dabei wurde auch die ser­bische Haupt­stadt Belgrad bombardiert.

Der Krieg war – wie Gerhard Schröder Anfang 2014 ein­ge­stand – völ­ker­rechts­widrig und damit ein Ver­brechen. Denn er erfolgte ohne Zustimmung der Ver­einten Nationen, da Russland damals im Sicher­heitsrat sein Veto ein­gelegt hatte.

1999 wurden Polen, die Tsche­chische Republik und Ungarn als die ersten Länder aus dem ehe­ma­ligen War­schauer-Pakt von der NATO ein­ver­leibt. 2004 und 2009 folgten Estland, Lettland, Litauen, Bul­garien, Rumänien, die Slo­wakei, Slo­wenien, Kroatien und Albanien. 2017 Mon­te­negro und 2020 Nordmazedonien.

Die Ukraine blieb zunächst ver­schont. Doch schon 2002 ver­kündete der damalige Prä­sident Leonid Kut­schma, der NATO bei­treten zu wollen. Und auch sein Nach­folger Viktor Juscht­schenko wollte den Bei­tritt in das Atlan­tische Mili­tär­bündnis. Erst als 2010 der, als Mos­kautreu gel­tende Wiktor Janu­ko­witsch neuer Prä­sident wurde, änderte sich dies.

Damit war der »NATO-Expan­si­onsplan« bezüglich der Ukraine zunächst einmal gestoppt. Zum Leid­wesen des Westens.

Doch durch die »Maidan-Revo­lution« 2013/2014 rückte für die US-Ame­ri­kaner und die Europäer der Osten wieder in greifbare Nähe. Sozu­sagen direkt an Russ­lands Grenzen.

Dieser geo­stra­te­gische Plan wird wei­ter­ver­folgt werden. Zulasten der fried­lie­benden Men­schen in Ost und West.

Die Ver­gan­genheit hat immer wieder gezeigt, dass die Sicherung der west­lichen –  und damit der US-ame­ri­ka­ni­schen Hege­monie – für Washington oberste Prio­rität hat. So däm­merte im Zuge der Maidan-Revo­lution nicht nur ein neuer Kalter Krieg, sondern weitaus Schlim­meres herauf.

Das, was ich 2014 mit dem vor­lie­genden Buch pro­phe­zeite, wurde schließlich in den Fol­ge­jahren grausame und brutale Rea­lität. Denn die Ukraine strebte nicht nur einen Bei­tritt in die Euro­päische Union an, sondern auch in die NATO.

Schließlich trat das, was längst schon von Mili­tär­ex­perten befürchtet wurde, am 24. Februar 2022 tat­sächlich ein: Russland griff das Nach­barland Ukraine an!

Der Prä­sident der Rus­si­schen Föde­ration, Wla­dimir Putin, erklärte, dass es darum gehe, die Ukraine »zu ent­mi­li­ta­ri­sieren und ent­na­zi­fi­zieren, Genozid zu ver­hindern.« Er beschul­digte die Ukraine der Ver­folgung und des Völ­ker­mordes (vor allem in den von den Sepa­ra­tisten besetzten Gebieten im Osten der Ukraine). Russland wolle diese Men­schen nun beschützen. Es müssten die­je­nigen vor Gericht gestellt werden, »die mehrere blutige Ver­brechen gegen Zivi­listen, ein­schließlich Bürger der Rus­si­schen Föde­ration, begangen« hätten.

Damit meinte er unter anderem die Aus­schrei­tungen in der Schwarz­meer­me­tropole Odessa. Dort wurde am 2. Mai 2014 eine Zelt­stadt des pro­rus­si­schen »Anti-Maidan« von Natio­na­listen und Hoo­ligans angegriffen.

Dar­aufhin ver­bar­ri­ka­dierten sich die pro­rus­si­schen Akti­visten im Innern des nahen Gewerk­schafts­hauses, das mit Molo­tow­cock­tails in Brand gesteckt wurde. Dabei starben min­destens 48 Menschen.

Dieser »Mas­sen­brandmord« war tat­sächlich ein unfass­bares Verbrechen.

Nach­folgend eine Bil­der­strecke vom Gewerk­schaftshaus in Odessa, die ich bei einer meiner zahl­reichen Ukraine-Reisen foto­gra­fiert habe:

Letztlich ging und geht es Putin bei der bar­ba­ri­schen Aggression gegen das Nach­barland jedoch haupt­sächlich darum, die Ukraine dem west­lichen Ein­fluss der EU und der NATO zu ent­ziehen. Das gilt es für ihn zu ver­hindern, selbst mit einem völ­ker­rechts­wid­rigen Krieg, der durch nichts zu ent­schul­digen ist. Dabei strebt Putin ein Regime-Change zugunsten einer Mos­kau­treuen Mario­net­ten­re­gierung an, so wie es die Ame­ri­kaner schon des Öfteren weltweit und zumeist erfolg­reich prak­ti­ziert haben.

Die Saat dieser Gewalt wurde meines Erachtens vom Klüngeln der US-ame­ri­ka­ni­schen, euro­päi­schen und vor allem der deut­schen Politik mit rechts­extremen und anti­se­mi­ti­schen »Revo­lu­tio­nären« während des »Maidan-Auf­standes« gelegt. Und damit des unse­ligen Geistes, der dabei aus der Flasche gelassen wurde, der tat­sächlich die eth­nisch­rus­sische Min­derheit betrifft, selbst wenn heute die Rechts­extremen in der Ukraine poli­tisch völlig iso­liert sind.


Guido Grandt — Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors www.guidograndt.de