Kurz nach dem sogenannten »D‑Day«, also dem Beginn der Landung der Alliierten in der französischen Normandie (6. Juni 1944) startete Deutschland einen massiven Angriff mit V1-Raketen (»Vergeltungswaffen«) auf Großbritannien. Daraufhin wollte Churchill deutsche Städte mit Giftgas durchtränken, so dass ein Großteil der Bevölkerung »ständige medizinische Hilfe benötigt.«
Das wird aus einer Denkschrift deutlich, die er für General Hastings Ismay im Juli 1944 verfasste, in der es unter anderem um die »Verseuchung« deutscher Städte ging.
Dieses Dokument wurde erst im September 1985 entdeckt und in der Zeitschrift American Heritage veröffentlicht.
Ich zitiere daraus:
»Ich möchte, dass Sie sich mit der Giftgasfrage eingehend befassen (…) Es ist unsinnig, bei dieser Angelegenheit moralische Überlegungen anzustellen, da im letzten Krieg (Churchill meinte den Ersten Weltkrieg damit/GG) alle Giftgase eingesetzt haben, ohne dass es deshalb zu Protesten von Seiten der Moralisten und der Kirche kam (…)
Ich möchte, dass man nüchtern überprüft, was der Einsatz von Giftgasen bringen würde (…) Man darf sich nicht die Hände binden lassen durch dumme Prinzipien, ob diese im Ersten Weltkrieg galten oder in diesem Krieg gelten (…)
Wir könnten die Städte des Ruhrgebiets und viele andere deutsche Städte (mit Gas/GG) so überströmen, dass die meisten Einwohner einer ständigen ärztlichen Behandlung bedürften (…)
Wir werden vielleicht einige Wochen oder gar Monate abwarten müssen, bis ich Sie darum bitte, Deutschland mit Giftgasen zu überströmen.
Sollten wir es tun, dann aber richtig!« (1)
Abb.: Erster Weltkrieg, Frankreich, Champagne.- Russische Soldaten mit Gasmasken in einem Schützengraben, ca. 1916–17
(Fotoquelle: Bundesarchiv, Bild 146‑1976-007–32 / CC-BY-SA 3.0 (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_146-1976–007-32,_Champagne,_russische_Soldaten_mit_Gasmaske.jpg)
Erst als Churchill erkannte, dass er mit seinen Aussagen wohl die moralische Schwelle übertreten hatte, ruderte er halbwegs zurück und bekundete, Giftgas nur einzusetzen, wenn es »für unser Leben oder Tod ist oder wenn es den Krieg um ein Jahr verkürzen würde.«.
Nichtsdestotrotz beteuerte er: »Bis dahin möchte ich, dass diese Frage von vernünftigen Leuten untersucht wird, und nicht von einer Gruppe von Psalmensängern in Uniform und Miesepetern, wie hier und da anzutreffen.« (2)
Doch die Militärberater zerstörten die diesbezüglichen Hoffnungen des Premiers. Sie erklärten, dass eine Gaskriegsführung die eigenen Flugzeuge von der effektiveren Strategie der Bombardierung der deutschen Industrien und Städte ablenken würde.
Die britischen Gasangriffe wären nicht entscheidend, befürchteten sie. Deutschland würde sich wahrscheinlich mit verheerender Wirkung gegen England revanchieren und möglicherweise auch anderswo in Europa, vielleicht sogar gegen alliierte Kriegsgefangene, Gas einsetzen.
Churchill hingegen beklagte sich bei einem Mitarbeiter, dass er »von diesem negativen Bericht überhaupt nicht überzeugt« sei, aber er gab widerwillig nach: »Natürlich kann ich nicht gleichzeitig gegen die Pfarrer und Krieger antreten.« (3)
Fakt jedenfalls ist, dass Winston Churchill keine Skrupel gehabt hätte, Giftgas nicht nur gegen deutsche Soldaten, sondern auch gegen deutsche Zivilisten einzusetzen.
Allerdings waren seine Pläne diesbezüglich noch viel perfider, noch viel grausamer, wie im nächsten Kapitel aufzuzeigen sein wird …
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Quellen:
(1) Barton J. Bernstein:„Why We Didn’t Use Poison Gas in World War II“ in: American Heritage, August/September 1985 (https://www.americanheritage.com/why-we-didnt-use-poison-gas-world-war-ii)/Zugriff: 13.04.21
(2) Barton J. Bernstein: „Why We Didn’t Use Poison Gas in World War II“ in: American Heritage, August/September 1985 (https://www.americanheritage.com/why-we-didnt-use-poison-gas-world-war-ii)/Zugriff: 13.04.21
(3) Barton J. Bernstein: „Why We Didn’t Use Poison Gas in World War II“ in: American Heritage, August/September 1985 (https://www.americanheritage.com/why-we-didnt-use-poison-gas-world-war-ii)/Zugriff: 13.04.21
Guido Grandt — Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors www.guidograndt.de
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