Für gewöhnlich drückt man einem Pleitier kein weiteres Geld in die Hand. Man könnte dies an eine eiserne Bankenregel knüpfen, wonach man schlechtem Geld kein gutes hinterherwirft. Die „Kredit-Rate-Agentur“ Fitch als auch S&P bewerten die Ukraine inzwischen als „Ausfall“, zumindest teilweise. Das kann man beispielsweise bei Bloomberg nachlesen: Ukraine Cut to Default by S&P After Creditors OK Debt-Payment Delay … [Bloomberg]. Streng genommen bedeutet das eigentlich „pleite“. Nun, die Zeiten ändern sich und somit auch die Prinzipien bei der Geldwerferei.
Gott sei Dank gibt es sehr viele ausländische „Sponsoren“, die eigentümlicherweise ein gesteigertes Interesse daran haben, dass der Budenzauber in der Ukraine nicht vorzeitig endet. Das lassen sich die Interessierten viele weitere Milliarden kosten. Keine Sorge, auch Deutschland ist mit allerhand Steuerknete an vorderster Front dabei. Uns entgeht also nichts. Ob das nun in Form von militärischen Sachspenden geschieht oder faktisch uneinbringliche Kredite sind, ist völlig egal. Hauptsache, die Waffenshow geht weiter. Soweit es sich um Kredite handelt, wird damit ebenso sichergestellt, dass das Land auf lange Sicht nicht wieder auf die Füße kommt. So schafft man Abhängigkeiten, um langfristig Einfluss auszuüben. Das klappt mit der jetzigen Regierung der Ukraine anstandslos.
Alles für den „guten Zweck“
Vornehmlich der militärische Bereich (also ausgerechnet der unproduktivste) wird endlos gestützt und beliefert. Dies wird mehr oder weniger offen mit der Hoffnung verknüpft, dass die Ukraine dem russischen Bären weiterhin anständig vors Schienbein tritt. Im engeren Sinne geht es dabei nicht mal um die Ukraine oder die Menschen dort, sondern um einen veritablen „Stresstest für Russland“. Man will einfach wissen, was der russische Bär so alles aushält. Dazu ist die Ukraine das ideale Terrain und die beste Gelegenheit, alle möglichen Waffensysteme einmal realistisch an Russen auszuprobieren.
Mit Blick auf den ökonomischen Aspekt dieser monetären Sonderoperation des Westens wäre es sicher eine erheblich bessere Option gewesen, die Ukraine hätte sich zeitnah aus der Finanzfalle herausgehebelt. Das setzte allerdings das notwendige Wissen um geeignete Hebelprodukte voraus. Das kann ebenfalls riskant sein, aber nicht ansatzweise so zerstörerisch wie das, was jetzt gerade in der Ukraine abgeht. Damit würden sich vermutlich die Verluste in Grenzen halten.
Das ist besagten Geldgebern völlig egal. Sie wollen die Fetzen fliegen sehen. Nur dafür macht man noch die Kohle locker. Moralisch, menschlich und ethisch ist das Spiel mit der Ukraine zwar nicht in Ordnung, aber militärisch eine absolut interessante Angelegenheit. Mit anderen Worten, der militärisch industrielle Komplex sieht das alles durchweg sportlich, wie eigentlich jeden Krieg. Die Weisheit des Publius Cornelius Tacitus scheint für alle Konfliktparteien zur Zeit gerade außer Reichweite zu sein.
„Ich mahne unablässig zum Frieden; dieser, auch ein ungerechter, ist besser als der gerechteste Krieg.“
Ad Atticum (Briefe an Atticus), VII, XIV, 3
Die Ukraine wird ein langfristiger Sanierungsfall
Anlass für die Neubewertung der Finanz-Rate-Agenturen aus den USA war das Übereinkommen der Ukraine mit seinen Gläubigern, wonach der Schuldendienst bis 2024 ausgesetzt wird. Das kann man böswillig als Hinweis darauf verstehen, dass die militärischen Experimente dort noch mindestens bis zu diesem Zeitpunkt andauern sollen. Voraussetzung, Russland macht dort nicht zuvor kurzen Prozess. Danach sieht es aber derzeit nicht aus, weil Russland offenbar auch Gefallen daran gefunden hat, diese interessanten Waffen zu studieren. Dass anderseits damit die Büchse der Pandora geöffnet wurde, scheint tatsächlich niemanden zu interessieren.
Die Ukraine selbst ist unbändig davon überzeugt, Russland zeitnah und endgültig zu besiegen. Das wiederum ist die „solide Investitionsgrundlage“ der Geldgeber und Spender militärischen Großgeräts. Etwas realistischer betrachtet dürfte die Ukraine in einigen Jahren territorial beträchtlich geschrumpft sein und noch weniger Möglichkeiten haben, dann als endgültig ruiniertes Land, aus der jetzt wohlwollend aufgebauten Schuldenfalle zu entkommen. Für den Moment gilt es erst einmal, die „höheren Interessen“ dort walten zu lassen und nicht zu sehr auf die Abrechnung oder das Menschenmaterial zu schielen. Sollten wir der Vollständigkeit halber an dieser Stelle vielleicht noch eine Auflistung der Staaten bringen, die in den letzten Jahrzehnten in vergleichbarer Weise beglückt wurden?