Das Sterben der Kran­ken­häuser beschleunigt sich – viele Insol­venzen drohen

Keine Sorge, deut­scher Michel? Sie waren nicht insolvent, sie machten nur zu, die deut­schen Kran­ken­häuser. Eines nach dem anderen. Aber jetzt ändert sich das: sie werden wirklich insolvent. Ein wei­terer, lebens­wich­tiger Bereich des Lebens, der immer schneller ero­diert und Men­schen­leben kostet. Wenig über­ra­schend sind es die Ener­gie­preise und die Inflation, die für die Kli­niken nicht mehr zu bezahlen sind. Ins­be­sondere in Thü­ringen und Sachsen ist die Not groß.

Bun­des­ge­sund­heits­mi­nister Lau­terbach reagiert nur schleppend und vage

Gerade vor zwei Wochen kamen laute Hil­ferufe von dort an die Landes- und Bun­des­re­gierung. Sie trugen Plakate mit der Auf­schrift: „Alarm­stufe Rot – Kran­ken­häuser in Gefahr!“. Doch aus der Politik kam keine Reaktion, beklagt Theresa Schnitter von der Lan­des­kran­ken­haus­ge­sell­schaft Thü­ringen. Das Gesund­heits­mi­nis­terium unter Herrn Bun­des­ge­sund­heits­mi­nister Karl Lau­terbach hatte Drin­gen­deres zu tun, als sich um das Kran­ken­haus­sterben zu kümmern, wird aber dann, wenn es noch weniger Kli­niken gibt, wieder Panik wegen der über­las­teten Inten­siv­sta­tionen schüren.

Doch der Auf­stand von Lei­tungen und Mit­ar­beitern der Kli­niken nötigte ihm dann doch Zuge­ständ­nisse ab, wenn­gleich abzu­warten steht, was dann tat­sächlich und wann beschlossen – und ob das dann über­haupt umge­setzt wird. Angeblich will er bereits in den nächsten Wochen kon­krete Pläne prä­sen­tieren: „Wir arbeiten mit Hoch­druck an einer unbü­ro­kra­ti­schen Lösung.“ 

Allein in Bran­denburg klafft ein Finan­zie­rungsloch von 50 Mil­lionen Euro, die das Land jetzt zur Ver­fügung stellt. Die Gesund­heits­mi­nister der Bun­des­länder funken SOS an die Bundesregierung:

„Wir brauchen dringend eine För­derung durch den Bund, sehr sehr kurz­fristig, um diese massiv gestie­genen Kosten abzu­federn, sonst schreiben immer mehr Kran­ken­häuser rote Zahlen”, sagt Bran­den­burgs grüne Gesund­heits­mi­nis­terin Ursula Nonnemacher.“ 

Inflation Ener­gie­kosten und Sanie­rungsstau ver­schärfen die Situation drastisch

Die höheren Ener­gie­preise schlagen auf andere andere Pro­dukte und Dienst­leis­tungen für die Kran­ken­häuser durch. Die Kran­ken­haus­ge­sell­schaft Sachsen-Anhalt führt Bei­spiele an: „Wäsche­reien und Catering (Lebens­mittel, Kran­ken­hau­sessen) müssen zwangs­läufig höhere Preise ver­langen. Medi­zin­pro­dukte sind eben­falls teils deutlich teurer geworden oder wegen Lie­fer­eng­pässen schwer zu bekommen.“

Dazu kommt, dass viele Kran­ken­häuser ja schon lange in Finanznot sind und wichtige Sanie­rungs­maß­nahmen nicht geleistet werden konnten. Geld für Inves­ti­tionen war nicht da. Alte Gebäude ohne Wär­me­dämmung ver­schlingen immense Heiz­kosten – die gerade jetzt durch die Decke gehen – im wahrsten Sinne des Wortes. Über­al­terte Geräte müssten gegen neue Appa­ra­turen auf dem heu­tigen Stand der Medizin aus­ge­wechselt werden.

Aber auch die über­bor­dende Büro­kratie, das aus­ufernde Doku­men­tieren von allem und jedem bindet Per­sonal-Arbeitszeit – was mehr Per­sonal fordert und damit ein Kos­ten­treiber ist.

Werden Kran­ken­häuser gezielt in den Ruin getrieben?

Mög­li­cher­weise ist das Absicht. Ver­schwö­rungs­theorie? Nein, hier gibt es sehr seriöse Stimmen, die genau das sagen. Zum Bei­spiel die Fach­anwalt-Kanzlei Buchalik und Bröm­merkamp. Hier schreiben Fach­an­wälte für Insolvenz und Sanierung und ein Fach­anwalt für Medi­zin­recht immer wieder Bei­träge zu den Ent­wick­lungen auf diesem Gebiet. Sie sind Spe­zia­listen für Kran­ken­haus­in­sol­venzen – da hat man schon einen gewissen Erfah­rungs­schatz. Hier steht zu lesen:

„Kran­ken­häuser und andere medi­zi­nische Ein­rich­tungen sollten sich in Bezug auf eine Kos­ten­ent­lastung nicht auf eine Unter­stützung durch die Politik ver­lassen. Die Erfahrung zeigt, dass die Politik eher bestrebt ist, den Kos­ten­druck noch weiter zu erhöhen. Auf diese Weise sollen die nicht über­le­bens­fä­higen Kran­ken­häuser aus­sor­tiert werden.“

Hoppla? Das war doch bisher eine er „kruden Ver­schwö­rungs­theorien“? Wieder eine, die wahr wird. Fiel es doch den Wachen unter uns auf, dass selbst in der „kata­stro­phalsten Pan­de­miezeit“ Kran­ken­häuser geschlossen und Inten­siv­betten weg­ge­strichen wurden. Während die Hor­ror­mel­dungen von über­las­teten Inten­siv­sta­tionen durch die Medien gepeitscht wurden, ging das Kran­ken­haus­sterben munter weiter. Da hilft es auch wenig, wenn sich im Nach­hinein her­aus­stellt, dass die Inten­siv­sta­tionen in der Fläche gar nicht über­lastet waren. Doch schon damals zeigte sich, dass die Sache Methode hat.

Bereits die vom dama­ligen Gesund­heits­mi­nister See­hofer ein­ge­leitete Reform 1997 wurde damit begründet, dass die deutsche Bevöl­kerung über­altere, die Gesund­heits­kosten explo­dierten und das Gesund­heits­system ero­diere. Ein­spa­rungen wurden vor­ge­nommen, Leis­tungen gekürzt. Die nie­der­ge­las­senen Ärzte mussten Ein­bußen hin­nehmen, und viele kom­munale Kran­ken­häuser gerieten in finan­zielle Eng­pässe. Die Kom­munen ver­kaufen seitdem langsam ein Kran­kenhaus nach dem anderen an große Kli­nik­kon­zerne, und können so ihre kom­mu­nalen Haus­halte deutlich entlasten.

Man will also die kleinen Kran­ken­häuser eli­mi­nieren und so den großen Klinik-Fabriken das Feld bestellen. Es gibt dieser großen Kli­nik­ketten vier: Asklepios, Fre­senius, Rhön­kli­niken und Sana. Um einmal einen Ein­druck zu ver­mitteln, um welche Beträge es hier im Kli­nik­be­reich geht: Im Jahr 2007 erzielten diese vier Groß­kon­zerne bereits einen GEWINN von 7 Mil­li­arden Euro. Im Jahr 2016 erwirt­schaftete HELIOS allein einen Gewinn von 543 Mil­lionen Euro. Im Jahr 2021 erzielte Fre­senius-Helios ein Kon­zern­er­gebnis von rund 728 Mil­lionen Euro!

Und raten Sie doch mal, lieber Leser, wem die gehören:

Anteils­eigner zum Bei­spiel des Fre­senius Kli­nik­kon­zerns sind Blackrock, die Royal Bank of Canada, Goldman Sachs Asset Management LP, Morgan Stanley & Co Inc.

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