Es ist erst ein paar Monate her, dass Disney in Florida seine Steuer- und Exekutivprivilegien einbüßte, was die linke Journallie jedoch nicht als längst überfällige Gerechtigkeit und Stutzung von Konzernprivilegien feierte, sondern als düsteren Beginn eines „Krieges gegen die Maus“, wie sie nur einem Finsterling wie Ron de Santis aka „Trump 2.0“ einfallen könne. Denn Disney, das steht für die selbsternannten „Progressiven“ seit kurzem fest, gehört zu den Guten! Disney hat sich auf die Fahnen geschrieben, den Zeitgeist von BLM, Diversität, Gleichheit und die bunte Buchstabensuppe mit Regenbogengeschmack inhaltlich zur Blüte zu bringen und wirbelt nach Kräften Drehbücher und Besetzungslisten durcheinander. Das ist natürlich ein genereller Trend im sogenannten Westen, egal ob es nun um europäische Filmförderung, das Nudging im deutschen „Tatort“ oder Hollywood-Blockbuster geht.
Stets wird „The Current Thing“ hergenommen und dem Publikum um die Ohren gehauen und wenn bei den plump Belehrten Unmut laut wird – etwa in Form von unterirdischen Verkaufszahlen (Beispiel: Ghostbusters 2016) oder vernichtenden Publikumskritiken bezüglich mangelnder Vorlagentreue (Beispiel: Die Ringe der Macht) – greift man zur Beschimpfung des Pöbels, der einfach nur von gestern sei und doch bitte endlich im 21. Jahrhundert ankommen und „The Current Thing“ begeistert feiern möge.
Knifflig wird es, wenn die Kritik auf die künstlerische Leistung der Besetzung zielt. Denn selbst wenn hölzerne Dialoge oder stumpfsinnige Schauspielerei die eigentliche Ursache der Kritik sind und diese auf den Inhalt zielt, immunisieren sich die Produzenten – so wie Disney und Netflix – gegen solche Frechheiten mit dem Hinweis auf die Verpackung. Soll heißen: wenn das Publikum eine Filmfigur, die es seit Jahrzehnten kennt, plötzlich ablehnt, kann das nur an der Hautfarbe des Schauspielers liegen und was das über den Kritiker aussagt, steht ja wohl bolzenfest: Rassisten, überall!
Nun ist es ein Unterschied, ob es sich bei der provozierten progressiven Verwirrung um eine Person der Zeitgeschichte handelt (etwa eine schwarze Anne Boleyn im Netflix-Dreiteiler), eine kulturell fest verankerte Legende (ein schwarzer Achilles vor Troja, auch Netflix) oder die der Märchenwelt entsprungene Figur der Arielle ist, der sich Disney 1989 bekanntlich sehr erfolgreich im Zeichentrick annahm.
Colorblind Casting
Übrigens: Jodie Turner-Smith, die schwarze Anne Boleyn verdankt ihr Engagement einer Besetzungspraxis, die sich „Colorblind Casting“ nennt. Der Letztvorwurf an die Kritiker lautet deshalb, dass bei der Besetzung nur das Talent zählen dürfe und eventuelle historische Unstimmigkeiten mit der korrekten Szene gefälligst übersehen werden müssen. Im Theater funktioniere das schließlich auch, man betrachte nur die Reihe der über die Jahre sich verändernden Inszenierungen des „Rings“ in Bayreuth. Was ist also dein Problem, Zuschauer? „Echt“ ist ja beides nicht, weder das Theater noch der Film. Das gilt natürlich nicht für den „Othello“ eines Laurence Olivier, die „Kleopatra“ der Gal Gadot oder den „Winnetou“ des… ich breche hier ab, Sie verstehen das Prinzip von Empörung und Normalisierung, liebe Leser. Oder muss ich Sie erst „kulturelle Aneigner“ nennen?
Doch wenn es einerseits bei den Schauspielern nicht auf solche Belanglosigkeiten wie die Hautfarbe ankommt, jedoch andererseits wie in der Netflix-Serie über Anne Boleyn bei Stil, Gestik, Requisiten und Kostümen der allergrößte Wert auf Details gelegt wird, spüren viele Zuschauer die Absicht und sind verstimmt. „Colorblind Casting“ ist eine prima Sache, wenn Literaturvorlage, Rolle und Talent es erlauben.
Für die Filmreihe „The Equalizer“ ist Denzel Washington die perfekte Wahl, Eddy Murphy ist „Beverly Hills Cop“, Halle Berry ist das wohl meistvergötterte Bond-Girl und könnte Marvel einen besseren Nick Fury gefunden haben als Samuel L. Jackson? Die Hautfarbe spielt keine Rolle, wo sie keine Rolle spielt. Im Film tut sie das aber manchmal. Ein Christoph Waltz, so gut er auch sei, kann keinen Nelson Mandela mimen und Chris Rock wird trotz seiner flinken Zunge im Film nie den Göbbels geben. Nur auf der Bühne wäre das alles sehr unterhaltsam. „Colorblind Casting“, das steht fest, ist eine sehr einseitige, woke Filmveranstaltung und funktioniert nach der einfachen Regel „Schwarz gut, Weiß böse“.
Womit wir beim aktuellen Aufreger wären, dem neuen Disney-Streifen „The Little Mermaid“, von dem bisher nur ein kurzer Trailer zu sehen ist. Der Film kommt 2023 in die Kinos und wir wollen mal unterstellen, dass die Post-Produktion noch einiges verbessern wird, was die Kritiker bemängeln – etwa die düstere Bildsprache. CGI braucht eben viel Zeit. Die überwältigende negative Reaktion auf den Trailer führen Disney und die woke Medienblase jedoch auf die Tatsache zurück, dass die Rolle der Arielle mit Halle Bailey besetzt wurde, einer 22-jährigen Sängerin, deren dunkle Haut so ganz anders aussieht als die der bleichen Gestalt aus jenem Zeichentrickfilm, den jedes Kind kennt.
Der Rolle gewachsen
Zunächst das Positive: wie in allen Disney-Produktionen, die sich an die Zielgruppe „Kinder“ richtet, wird auch in „The Little Mermaid“ viel gesungen und niemand wird bestreiten, dass Baileys Stimme ihrer Rolle mehr als gewachsen ist! Der maritime Halbbackfisch und Frischluftfan ist außerdem keine historische Person und das wachsbleiche Aussehen aus dem Zeichentrick ist nicht handlungsbestimmend – anders als die offensichtliche Jugend der Figur. Auch hier: check für Bailey! Die aufgeblasene Entrüstung über die kritischen Stimmen im Publikum, die sich doch nur empören würden, weil eine Afroamerikanerin eine weiße Märchenfigur spielt, sieht deshalb puren Rassismus am Werk, trifft aber eher einen wunden Punkt bei Disney selbst – wenn man genauer hinsieht.
Das sei kein wokes Spektakel oder der Versuch des „Blackwashings“, sagen die Verteidiger des Hauses mit der Maus. Disney habe in Bailey eben die beste Besetzung für die Rolle gefunden und überhaupt: wer auf sowas wie korrekte Farbe bestehe, sei ja wohl ein ganz schlimmer Finger! Die Besetzung sei zufällig und mit Anwendung des „Colorblind Casting“ zustande gekommen!
Das ist in der Konsequenz hoffentlich richtig und man kann Bailey nur den besten und schönsten Erfolg mit dem Film wünschen. Da Auge und Sinn bei mir sowieso nicht sonderlich an Pigmenten interessiert sind, habe ich kein Problem damit, dass es ab sofort auch eine weniger blasse, aber „echte“ Arielle gibt.
Ich frage mich nur, wenn Farbe wirklich keine Rolle spielt, warum hat Disney der neuen, schwarzen Arielle dann die Haare rot gefärbt wie dem blassen Ginger-Original im Zeichentrick? Ist die Haarfarbe konstituierend für die Rolle, die Hautfarbe jedoch nicht? Und warum? Was stimmte nicht mit den schwarzen Haaren Baileys? Da ist es wieder, das mulmige Gefühl: Unter der vermeintlich progressiven Politik und dem goldenen Glanz von Hollywood tritt die Scheinheiligkeit hervor, sobald man an der Oberfläche kratzt: Rassisten, überall!
Quelle: unbesorgt.de
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