Schon wieder! Jahr­zehn­te­langer Kin­des­miss­brauchs eines Priesters — Neffe ent­deckt Porno-Foto­sammlung nach seinem Tod (+Video)

Es reißt nicht ab, und so langsam fragt man sich, ob da nicht auch ein struk­tu­relles Problem in der katho­li­schen Kirche besteht, dass diese fehl­ge­lei­teten Trieb­täter aus­ge­rechnet im katho­li­schen Pries­ter­beruf so zahl­reich anzu­treffen sind und – wenn über­haupt — nur nach langer Zeit auf­fallen und dann meistens gar keine Strafen (mehr) zu befürchten haben. In diesem Fall, der gerade wieder Schlag­zeilen macht, war der Priester sogar Bun­des­ver­dienst­kreuz­träger und Ehren­domherr zu Trier und konnte seiner Per­version Jahr­zehn­telang frönen, ohne dass es wirklich ernst­hafte Kon­se­quenzen hatte. Und das, obwohl dem Bistum seine Neigung bekannt war.

Warum? Hofft man in der Katho­li­schen Kirche immer und immer wieder, diese Skandale ver­tu­schen und unter der Decke halten zu können? Wie viele davon gibt es noch, die nur (bisher) noch nicht bekannt wurden? Und selbst, wenn man es ver­tu­schen will, warum befasst man sich nicht mit den Gründen? Warum werden die Täter nicht sofort aus dem Verkehr gezogen? Diese halb­her­zigen Bestra­fungen und dann doch nicht wirklich durch­greifen … oder kneift man die Augen zu nach dem Motto „sind wir nicht alle ein bisschen Bluna?“

Im vor­lie­genden Fall war es dem Priester und Trierer Ehren­dom­herrn Edmund Dil­linger möglich, jahr­zehn­telang als hoch­an­ge­sehene und mit Bun­des­ver­dienst­kreuz aus­ge­zeichnete Auto­rität Messen zu lesen, Beichten abzu­nehmen, öffent­liche Auf­tritte zu zele­brieren — daheim aber 700 Dia­film­streifen in ihren Papier­ku­verts, ein Tagebuch und Stapel von Fotos mit Porno-Photos seiner Kin­des­miss­bräuche zu hüten. Wie auf den Auf­nahmen zu erkennen ist, reichen seine Taten bis in die 1960er Jahre zurück. Man sieht über­wiegend Männer, Jugend­liche, aber auch Kinder darauf – und einige sind auch „hart por­no­gra­phisch“, wie die BILD schreibt. Diese ersten Fotos aus der Anfangs­szeit scheinen heim­liche Schnapp­schüsse und noch relativ harmlos zu sein, später wurden die Auf­nahmen immer offener por­no­gra­fisch und die Per­sonen auf den Fotos wussten auch, dass sie foto­gra­fiert werden.

Das Bri­sante an dem Fall: Der Kir­chen­führung war das sogar seit 1971 bekannt. Bei einer Wall­fahrt nach Rom hat ein Pries­ter­kollege offenbar mit­be­kommen, was sein Bruder in Christo, Edmund Dil­linger so trieb, ent­wendete einen Film aus dessen Kamera, den er als Beweis an die zuständige Stelle der katho­li­schen Kirche schickte. Die Kon­se­quenz: Hoch­würden Dil­linger wurde vor­über­gehend aus der Seel­sorge ver­bannt und von Rheinland Pfalz nach Nord­rhein-West­falen ver­setzt. Dort war er aber bis 1999 im staat­lichen Schul­dienst tätig und auch im Saarland unter­richtete er den wahren Glauben, Nächs­ten­liebe und katho­lische Moral­lehre am Max-Planck-Gym­nasium in Saar­louis. Von Zurück­haltung zeigte er auch dort keine Spur. Ein ehe­ma­liger Schüler erinnert sich: „Er hat uns damals mit dem Auto zu Hause abgeholt“. Den Fuchs in den Hüh­ner­stall zu schicken ist eine besonders wirksame Weise, die wehr­losen Hühner zu schützen.

Der umfang­reichen Foto­sammlung zufolge ging der Miss­brauch nämlich munter weiter. 2012 kam dem Bistum ein wei­terer Hinweis auf Miss­brauch Min­der­jäh­riger durch Edmund Dil­linger zur Kenntnis. Hatte man in den hei­ligen Kreisen bisher noch beide Augen zuge­drückt, so folgte nun doch nach 41 (in Worten Ein­und­vierzig) Jahren!!! noch eine „harte Bestrafung“: Das Bistum erlegte ihm ein Verbot des Umgangs mit Kindern auf. (Huuuuuuuhhh …!) 2013 eine weitere, gna­denlose Ahndung seiner Untaten: Hoch­würden Dil­linger durfte keine Messen mehr lesen. Der Staats­an­walt­schaft wurde der Fall zwar über­geben, die stellte die Ermitt­lungen jedoch wegen Ver­jährung ein.

Es wäre einmal mehr nichts bekannt geworden von diesem Wolf im Schafspelz, wäre Herr Edmund Dil­linger nicht ver­storben und hätte dar­aufhin nicht sein Neffe, Stephen Dil­linger, der sich viele Jahre um seinen alten Onkel küm­merte, in der Wohnung des Priesters nach Papieren für die Behörden und die Beer­digung gesucht. Dabei fielen ihm die ent­wi­ckelten Dia­film­streifen in die Hand und er warf einen Blick darauf, der ihn – wie er es aus­drückt – „schock­ge­frieren“ ließ. Die Auf­nahmen zeigen Laut Steffen Dil­linger, dass die Begierden seines geist­lichen Onkels immer ent­hemmter wurden: „Man sieht, wie er sich immer mehr getraut hat. Wie er immer weiter ent­hemmt abge­rutscht ist – er hatte offenbar nichts zu befürchten.“ 

Die ersten Auf­nahmen zeigen bei­spiels­weise min­der­jährige Jungs in Kos­tü­mie­rungen oder noch halb bekleidet mit Badehose im Freibad, mög­li­cher­weise wussten sie nicht einmal, dass sie foto­gra­fiert wurden. Doch die letzten Auf­nahmen bis kurz nach 2000 sollen „extrem explizit“ sein, also ein­deutig harter Sex mit Min­der­jäh­rigen. Überdies schrieb er seine Taten auch in einem Tagebuch nieder. Sein Neffe ist ziemlich erschüttert von dem, was er da gefunden hat und sagt, „Es hatte eine Dimension, die mich wirklich sprachlos gemacht hat.“ Es sei für ihn „wie in einen Abgrund rein­zu­schauen“. Die Frage „Was wusste das Bistum Trier?“ lässt ihm keine Ruhe. Die Auf­nahmen und Mate­rialien gab er dem Bistum Trier. Doch dort mauert man.

Der Vor­sit­zende der Auf­ar­bei­tungs­kom­mission, Gerhard Robbers, lehnte es rundweg ab, das Beweis­ma­terial anzu­nehmen. Er solle das Beweis­ma­terial ver­brennen, empfahl er Steffen Dil­linger. In diesem Zusam­menhang seltsam: Das Ableben des Edmund Dil­linger war gerade bekannt geworden, da wurde in dem Haus des Ver­stor­benen ein­ge­brochen und alles auf den Kopf gestellt. Zufall?

Der Trierer Verein „Missbit“, der sich mit dem Miss­brauch von Kle­rikern beschäftigt, for­derte nun den Rück­tritt Robbers und nannte es einen unsäg­lichen Vorgang.  Der Verein Missbit wendet sich explizit gegen die Begüns­tigung der Miss­brauchs­struk­turen in der Kirche, trägt zur Auf­klärung und Auf­ar­beitung dieser Ver­brechen bei, schafft öffent­lichen Druck, die Ver­tu­schung zu ver­hindern und setzt sich für eine ange­messene Ent­schä­digung der Opfer ein.

Dr. Steffen Dil­linger, ein pro­mo­vierter Biologe und Refe­rats­leiter beim kri­mi­nal­tech­ni­schen Dienst des Bun­des­kri­mi­nal­amtes, ist dafür aus­ge­bildet, beur­teilen zu können, was er auf Fotos sieht. Er ging mit diesem Material aber nicht gleich an die Presse. Da er die juris­ti­schen Fall­stricke kennt, erstattete er vorher Selbst­an­zeige, um sich nicht der Ver­breitung kin­der­por­no­gra­fi­schen Mate­rials schuldig zu machen und infor­mierte das Trierer Bistum über seinen Fund. Hier erzählt er die Geschichte und seine merk­wür­digen Erfah­rungen mit der geist­lichen Obrigkeit:

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Am gest­rigen Tag, den 16. April, sollen noch weitere Ein­zel­heiten ans Tages­licht gekommen sein. Das Trierer Bistum schweigt.

Das Bistum Trier beant­wortet keine Fragen dazu, wieviel von dem Jahr­zehn­te­langen, inten­siven sexu­ellen Miss­brauch von Kindern und Jugend­lichen dort bekannt war. Es ist im Übrigen nicht der einzige Fall dort – wie in vielen anderen Bis­tümern auch. Gerade erst berichtet die Presse über weitere Fälle aus Trier, die vor Gericht gekommen sind.

„Im März hatte das Bistum bereits einen Pfarrer beur­laubt, dem sexuelle Über­griffe auf Kinder und Jugend­liche in den 90er-Jahrne vor­ge­worfen werden. Einen Monat zuvor wurde ein ehe­ma­liger Pfarrer zu einer Bewäh­rungs­strafe von einem Jahr und acht Monaten ver­ur­teilt. Er soll 1997 einen Mess­diener sexuell genötigt haben.“