Den Angst­por­nofilm ausschalten

Um zu schauen, ob die Gehirn­wasch­ma­schine aktuell noch genauso läuft wie immer, habe ich kürzlich seit langem mal wieder ein wenig Main­stream-TV geschaut. Es hat sich nicht viel geändert. Es wird immer noch alles ver­dreht und umge­kehrt. Das Perfide ist: Alles wird so geschickt als selbst­ver­ständlich dar­ge­stellt, dass ein „nicht füh­lender Mensch“ die Stra­tegie dahinter gar nicht wahr­nehmen kann. Wir leben in einer Sucht­ge­sell­schaft. Die Men­schen sind süchtig nach Sen­sa­tionen, sogar wenn diese sie her­un­ter­ziehen und unglücklich machen. Wie kann ein solcher Süch­tiger kuriert werden? Er muss etwas Bes­seres finden als die Droge. Etwas wofür es sich lohnt, die Flim­mer­kiste mit dem Angst­porno abzuschalten.

(von Birgit Schachner)

Was das Bessere für jeden von uns ist, dürfen wir selbst her­aus­finden. Was mir dabei geholfen hat, ist meine Vision einer bes­seren Welt, für die es sich lohnt, seine Energie ein­zu­setzen. Dazu gehört auch, andere auf­zu­wecken. Ein wacher Mensch kann einen schla­fenden Men­schen zwar nicht wecken, wenn dieser es nicht will. Aber du kannst ihn einfach beim nächsten Mal mit­nehmen aufs Meer, um die per­fekte Welle zu surfen. Und beim nächsten Mal steht er schon voller Vor­freude für die erste Welle bei Son­nen­aufgang früh auf und du musst ihn gar nicht mehr wecken.

Weißt du, was mir hilft, nicht zu ver­zweifeln? Es ist das Ver­trauen darauf, dass wir frei­willig jetzt hier sind, um mit­zu­ge­stalten. Wir wussten, dass diese hef­tigen Her­aus­for­de­rungen auf uns zukommen würden. Wenn wir unserer inneren Führung ver­trauen, wissen wir, wie wir damit umzu­gehen haben. Es gehört zu unserer Evolution!

Mein letzter rich­tiger „Urlaub“ ist schon länger her. Es war um die Jah­res­wende ins Jahr 2020 in Marokko. Die Stille der Wüste hat etwas mit mir gemacht. Es war eine Ein­weihung in ein geis­tiges Feld. Die Reise ins goldene Paradies begann mit einem zwei­stün­digen Ritt auf dem Dro­medar. Die Schau­kel­be­wegung war so lustig, dass gar nichts anderes mehr tun konnte als grinsen. Nichts als gol­denen Sand und blauen Himmel zu sehen, hat mein über­reiztes Ner­ven­system tief beruhigt. Die Stille, die im Außen omni­präsent war, floss in mich hinein. Meine Seele war Zuhause ange­kommen. Und mir wurde bewusst, dass dies der Schlüssel zum Glück war, den ich in meinem Herzen behalten würde – für immer.

Lass uns nochmals in Gedanken zurück in die Wüste reisen. Ich war also in der Seligkeit ange­kommen. Daran konnten auch die lär­menden und stin­kenden Quads nichts ändern, die zum Glück nur zweimal am Tag vor­bei­fuhren. Sie kamen mir vor wie komische Aliens, die sich verirrt hatten. Auch das flir­rende, laute Mar­ra­kesch konnte ich nach dem Auf­enthalt in der Wüste viel besser genießen. Ich war offen­sichtlich eine Andere nach der Wüste.

Jemand, der mich ebenso nach­haltig beein­druckte, war Hassan, der uns zu Fuß – die Dro­medare an der Leine – zu unserem Beduinen-Zelt begleitete und uns mit einer enormen Hingabe mit dem köst­lichsten Essen ver­wöhnte, was mich allein schon zu Tränen rührte. Wohl­ge­merkt: Eine reiche Fülle an Mahl­zeiten – Tajine inbe­griffen – mit einem ein­zigen Cam­ping­kocher zube­reitet. Dieser Mensch war noch nie in seinem ganzen Leben aus seinem Dorf her­aus­ge­kommen. Er war Ende zwanzig und lebte bei seinen Eltern, eine Ehefrau konnte er sich nicht leisten. Er lebte nur für seinen Job als Führer in der Wüste. Er hatte nie eine Schule besucht, weil seine Eltern zu arm waren. Alles, was er sprachlich konnte, hatte er von den Tou­risten gelernt. Ihm war nicht bewusst, dass er im Paradies lebte – zumindest das, was aus meiner Sicht ein Paradies war. Er wollte so gern in die große, weite Welt, raus aus seinem Dorf. Ich dagegen wollte gar nicht mehr raus aus der Wüste!

Mir seine und meine Per­spektive vor Augen zu führen, machte mir etwas ganz deutlich: Bei allem Guten, was Ver­än­derung mit sich bringt, und sei sie auch noch so wichtig für unsere Evo­lution, so scheint mir die grund­sätz­liche Vor­aus­setzung für unsere indi­vi­duelle und kol­lektive Ent­wicklung auch Akzeptanz und Dank­barkeit zu sein. Und zwar anzu­nehmen, dass ich so wie ich bin und wo ich bin, genau richtig bin, und dies auch mir selbst genau so gewählt wurde.

In unserer Gesell­schaft, in der Wohl­stand und Freiheit eine Selbst­ver­ständ­lichkeit zu sein scheinen, haben wir das Bewusstsein darüber ver­loren, wie schnell diese Werte ins Wanken geraten können. Sie gleiten uns auf der Wel­ten­bühne aus den Händen. So lernen wir wieder, diese uns selbst zurück zu erobern. Das setzt unge­ahnte Kräfte und Res­sourcen frei. Also setze deine Res­sourcen gut überlegt ein!

Meine Ermu­tigung für dich ist, dass du achtsam bleibst im wahrsten Sinn des Wortes, nämlich dass du auf dich achtest. Kon­su­miere so wenig es geht – phy­sisch und mental – und gehe nach innen. Begrenze deinen Konsum jeg­licher Form von Medien. Dein Reichtum ist IN dir zu finden. Die Ant­worten auf deine Fragen werden sich so auch in dir selbst offenbaren.

Zum Schluss mag ich noch mit dir teilen, dass ich gern in der Wüste geblieben wäre, weil ich mich nach Ruhe sehnte, allzu gern der lauten Welt ent­kommen wäre. Es wäre eine bequeme Art gewesen, für den Welt­frieden zu medi­tieren. Es gibt tat­sächlich Men­schen, die nichts anderes tun und sicherlich etwas dabei bewirken. So gern ich auch in der Wüste geblieben wäre, so ver­ant­wor­tungsvoll nehme ich nun aber meine Aufgabe hier im tur­bu­lenten Trubel an. Nichts und niemand kann mich davon abhalten, denn ich weiß, wie sich echte Mensch­lichkeit anfühlt. Mit weniger gebe ich mich nicht mehr zufrieden.