His­to­ri­sches Debakel: Putin gab Polen Mit­schuld am 2. Weltkrieg!

Zwi­schen der EU, Polen und Russland ent­brannte schon 2019 ein Streit über den 2. Welt­krieg! Und auch die USA mischten mit! Dabei kam die offi­zielle Geschichts­schreibung ins Wanken!

Wla­dimir Putin reagierte prompt und „kor­ri­gierte“ damit die bislang offi­ziell gel­tende Geschichts­schreibung (Her­vor­he­bungen durch mich):

Der rus­sische Prä­sident Wla­dimir Putin gab Polen eine Mit­schuld am Aus­bruch des Zweiten Welt­kriegs und stritt zugleich eine sowje­tische Ver­ant­wortung ab!

In seiner Jah­res­pres­se­kon­ferenz am 19. Dezember (2019) ver­tei­digte er den Hitler-Stalin-Pakt: Ich beginne mit Geschichte. Unlängst haben Sie wahr­scheinlich bemerkt, dass ich mich mit meinen Kol­legen, den lei­tenden Per­sön­lich­keiten der GUS-Staaten getroffen habe, d.h. jener Staaten, die vor nicht langer Zeit zu unserer gemein­samen Heimat gehörten, unserem gemein­samen Staat, der Hitler-Deutschland im Zweiten Welt­krieg wider­stand und im Großen Vater­län­di­schen Krieg siegte.

Ich sprach dort darüber, dass in einigen Ländern, bei unseren Nachbarn in Europa und sogar jen­seits des Ozeans, oft ver­sucht wird, die Geschichte zu ver­drehen, dass man sich irgend­welche unglaub­lichen Sze­narien aus­denkt, wie sich die Situation in der Welt und in Europa vor Beginn des Zweiten Welt­krieges ent­wi­ckelt hat. Und wie eine logische Schluss­fol­gerung aus diesem Prozess haben die Kol­legen in Europa, das Euro­pa­par­lament, eine Reso­lution ange­nommen, die fak­tisch Hitler-Deutschland und die Sowjet­union auf eine Stufe stellt, indem sie unter­stellte oder direkt sagte, dass auch die Sowjet­union für den Beginn des Zweiten Welt­krieges ver­ant­wortlich ist. Das ist natürlich völ­liger Unsinn.

Ich hatte meine Kol­legen gebeten, mir einige Mate­rialien aus Archiven zukommen zu lassen, und hatte den zeit­lichen Aufwand nicht gescheut, sie mir anzuschauen.

Ich habe eine unvoll­ständige Liste dieser Doku­mente für die Kol­legen zusam­men­ge­stellt, die heute hier sind, und für die Füh­rungs­per­sön­lich­keiten der GUS-Staaten. Ich sagte damals bereits, dass uns keine Zeit bleibe, um ange­messen darüber zu sprechen, und auch heute ist hierzu nicht der Ort. Unge­achtet dessen werde ich einige Worte dazu sagen. Später werde ich, wie Sie viel­leicht erfahren haben, den ver­spro­chenen Artikel schreiben.

Hitler und Polen 1938:

Die UdSSR war das letzte Land in Europa, das einen Nicht­an­griffspakt mit Deutschland unter­zeichnet hat. Das letzte! Alle anderen füh­renden euro­päi­schen Länder taten das vor der UdSSR. 

Ja, der Molotow-Rib­bentrop-Pakt – lassen Sie mich daran erinnern, dass Rib­bentrop Außen­mi­nister Deutsch­lands war und Molotow damals gleich­zeitig Außen­mi­nister und Vor­sit­zender des Minis­ter­rates – wurde unter­zeichnet, und es gab auch einen geheimen soge­nannten Vertrag über die Auf­teilung der Ein­fluss­sphären. Und womit befassten sich die euro­päi­schen Staaten bis dahin? Genau damit. Sie alle haben das­selbe getan. Beginnend 1938, als Hitler seine Ansprüche auf einen Teil der Tsche­cho­slo­wakei erhob, kehrten Groß­bri­tannien und Frank­reich ihrem Ver­bün­deten den Rücken, obwohl Frank­reich einen Bei­stands­vertrag mit der Tsche­cho­slo­wakei hatte. Das gab Hitler die Mög­lichkeit, einen Teil des Landes zu besetzen.

Aber was taten die anderen Länder, z. B. Polen? Fak­tisch ver­ab­re­deten sie sich mit Hitler. Das ist aus den Archiv­do­ku­menten ersichtlich. 

Eine weitere Frage wäre, ob es dabei geheime Zusätze gab oder nicht – aber das spielt keine Rolle. Wichtig ist, wie sie gehandelt haben, und sie han­delten exakt gemäß der Ver­ab­redung. Wie sie ver­han­delten, das besagen die Dokumente. 

Auf der soge­nannten Münchner Kon­ferenz vertrat Hitler direkt die Inter­essen Polens und zum Teil Ungarns. Er vertrat direkt ihre Inter­essen und sagte danach noch den Polen: »Sie wissen, es war schwer, Ihre Inter­essen zu verteidigen.

Wir haben all das in Doku­menten. Gott sei Dank besitzen wir genügend Archiv­do­ku­mente, die wir nach dem Zweiten Welt­krieg als Tro­phäen aus euro­päi­schen Ländern erhalten haben.

Aber das ist schon in Ordnung. Was mich, offen gesagt, getroffen hat, das war die Art und Weise, in der Hitler und offi­zielle Ver­treter des dama­ligen Polens die soge­nannte euro­päische Frage diskutierten.

Hitler teilte dem Außen­mi­nister und später dem Bot­schafter Polens in Deutschland mit, direkt gesagt, dass er die Idee habe, die Juden nach Afrika zu schicken, in die Kolonien. Stellen Sie sich vor, im Jahr 1938, die Juden aus Europa nach Afrika zu schicken. Zum Aus­sterben. Zur Vernichtung.

Und was ant­wortete ihm der Bot­schafter Polens, was schrieb er danach auf seinem dienst­lichen Brief­papier an den Außen­mi­nister Polens, Herrn Beck: „Als ich das hörte“, schrieb er, „ant­wortete ich ihm“ – ant­wortete er dem Führer, Hitler – „wenn er das tut, werden wir für ihn in War­schau ein groß­ar­tiges Denkmal errichten.“ 

Ein Lump, ein anti­se­mi­ti­sches Schwein – anders lässt sich das nicht sagen. Er soli­da­ri­sierte sich völlig mit Hitlers anti­jü­di­scher, anti­se­mi­ti­scher Haltung und ver­sprach darüber hinaus, ihm für die Ver­folgung des jüdi­schen Volkes in War­schau ein Denkmal zu errichten. Und schreibt dies seinem Vor­ge­setzten, dem Außen­mi­nister, offen­sichtlich in der Hoffnung auf Aner­kennung. Sonst hätte er das einfach nicht geschrieben.

Nach­folger von damals:

Ich werde jetzt nicht tiefer in die Details gehen, aber ich möchte auf jeden Fall noch einmal unter­streichen: Wir ver­fügen über genug Material, um nie­mandem zu gestatten, das Andenken unserer Väter, unserer Groß­väter, all jener, die ihr Leben auf den Altar des Sieges über den Nazismus legten, zu beschmutzen.

Ich möchte nur bemerken, dass es genau diese Leute, die damals Gespräche mit Hitler führten, dass es gerade diese Art von Leuten ist, die heute die Denk­mäler der Befrei­ungs­sol­daten abreißt, der Sol­daten der Roten Armee, welche die Länder Europas und die euro­päi­schen Völker vom Nazismus befreiten. Das sind ihre Nach­folger. Da hat sich leider wenig geändert. Und wir alle müssen das im Blick haben, auch im Hin­blick auf den Aufbau unserer Streitkräfte …

(Quelle: Nach dem ste­no­gra­phi­schen Pro­tokoll der Ansprache aus dem Rus­si­schen über­setzt von Arnold Schölzel. Ori­gi­naltext: kremlin.ru/events/president/transcripts/by-date/24.12.2019)

Der Tages­spiegel schrieb am 07.01.2020 dazu:

Deutschland und die USA kor­ri­gieren den Kremlchef:

Im Sep­tember 1939 sei die Rote Armee erst in Polen ein­mar­schiert, nachdem die Regierung in War­schau die Kon­trolle ver­loren habe; dies sei nur geschehen, um die Sicherheit der UdSSR zu ver­tei­digen. Tat­sächlich war die Sowjet­armee zwei Wochen nach der Wehr­macht in Polen ein­ge­fallen. Stalins Ter­ror­ap­parat tötete in ähn­licher Weise wie die SS wichtige Gruppen der pol­ni­schen Elite.

Und weiter: Polen reagierte empört auf Putins pro­vo­kante Geschichts­ver­fäl­schung. Deutschland und die USA ver­tei­digten Polen gegen die Vorwürfe.

„Der Rib­bentrop-Molotow-Pakt diente der Vor­be­reitung des ver­bre­che­ri­schen Angriffs­kriegs Hitler-Deutsch­lands gegen Polen,“ betonte der deutsche Bot­schafter Rolf Nikel.

Die US-Bot­schaf­terin in Polen, Geor­gette Mos­bacher, sagte: „Lieber Prä­sident Putin, Hitler und Stalin ver­ab­re­deten sich, den Zweiten Welt­krieg zu beginnen. Das ist eine Tat­sache. Polen war Opfer dieses ent­setz­lichen Konflikts.“

(Quelle: https://www.tagesspiegel.de/politik/geschichtsstreit-putin-gibt-polen-mitschuld-am-zweiten-weltkrieg/25397584.html).

Beide Aus­sagen – also die des rus­si­schen Prä­si­denten Wla­dimir Putin und die der US-Bot­schaf­terin in Polen Geor­gette Mos­bacher –  kor­ri­gieren die offi­zielle Geschichts­schreibung, nach der Hitler-Deutschland alleinige Schuld am Aus­bruch des Zweiten Welt­kriegs hat! Geht es nach Putin, haben auch die Polen Mit­schuld. Geht es nach Mos­bacher, ebenso die Russen.

Doch erinnern wir uns. Schon 2015 gab Putin den Polen eine Mit­schuld an der größten Katastrophe:

Quelle Screenshot/Bildzitat: https://www.welt.de/politik/ausland/article146898163/Russland-gibt-Polen-Mitschuld-am-Zweiten-Weltkrieg.html

Die Welt berichtete am 27. Sep­tember 2015 darüber:

Hier bestellen!

Die pol­nische Regierung habe „den Bau einer Anti-Hitler-Koalition blo­ckiert“, sagt der rus­sische Bot­schafter. Polen ist scho­ckiert – und wirft Moskau man­gelnden Respekt vor den Kriegs­opfern vor. Mit der Behauptung, Polen habe eine Mit­schuld für den Beginn des Zweiten Welt­kriegs, hat der rus­sische Bot­schafter in War­schau heftige Empörung aus­gelöst. Polen habe damals die Bildung einer Koalition gegen die Natio­nal­so­zia­listen blo­ckiert, sagte Bot­schafter Sergej Andrejew in einem Interview mit dem pol­ni­schen Fern­seh­sender TVN24. Und: Polen war daher teil­weise ver­ant­wortlich für die Kata­strophe im Sep­tember 1939.“

Der Diplomat machte Polen auch für den Ein­marsch der Roten Armee im Sep­tember 1939 mit­ver­ant­wortlich. Die Invasion sei not­wendig gewesen, „um die Sicherheit der Sowjet­union zu garan­tieren“. Die Sowjet­union habe ein „freund­liches Land“ an seiner Grenze haben wollen.

(Quelle: https://www.welt.de/politik/ausland/article146898163/Russland-gibt-Polen-Mitschuld-am-Zweiten-Weltkrieg.html).

Auf tagesschau.de steht am 02.01.2020 diesbezüglich:

Putin jedoch behauptete, die Sowjet­union habe Polen nichts weg­ge­nommen. Statt­dessen warf er der dama­ligen Führung in War­schau vor, mit Hitler koope­riert zu haben und einen ersten Schritt zur Ver­nichtung des jüdi­schen Volkes gemacht zu haben.

Polens Regierung bestellte dar­aufhin den rus­si­schen Bot­schafter ein. Das pol­nische Außen­mi­nis­terium teilte mit, man sei besorgt über wie­der­holte Aus­sagen aus Russland, die „an die Pro­pa­gan­da­bot­schaften der tota­li­tären Sta­linzeit erinnern“.

Übrigens geht Putin auch auf den Ver­sailler Vertrag ein:

Bei einem Treffen der Gemein­schaft Unab­hän­giger Staaten (GUS) in Sankt Petersburg am 20. Dezember (2019) zeigte Putin Ver­ständnis für die Stimmung in Deutschland nach Abschluss des Ver­sailler Ver­trages 1919, der den Ersten Welt­krieg beendete und Deutschland zu Gebiets­ab­tre­tungen, Repa­ra­ti­ons­zah­lungen und Abrüstung ver­pflichtet hatte. Deutschland sei beraubt worden, sagte Putin etwa.

Und weiter: Den West­mächten wirft Russland aller­dings vor, Nazi-Deutschland unter­stützt zu haben. So heißt es in einem Tweet des Außen­mi­nis­te­riums: „Hitlers Kriegs­ma­schine“ sei mit Unter­stützung US-ame­ri­ka­ni­scher Firmen wie General Motors und Ford erbaut worden. Zudem habe der „Deutsch-Ame­ri­ka­nische Bund“ vor dem Zweiten Welt­krieg ohne jeg­liche Hin­der­nisse in den USA Werbung für Hitler gemacht.

(Quelle: https://www.tagesschau.de/faktenfinder/russland-polen-putin-101.html).


Guido Grandt — Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors www.guidograndt.de