Bild Pixabay.com Autor Jasmin777

Auf EURO und CENT: Das Geschäft mit der Organ­spende – wer ver­dient was?

“Das ist beschämend und für die betrof­fenen Pati­en­tinnen und Pati­enten ist es lebens­be­drohlich”, sagt Karl Lau­terbach, jeden­falls zitiert ihn die ARD-tages­schau in dieser Weise, und es gibt keinen Grund, in diesem Fall an der Akkru­atheit der Infor­ma­tionen, die der öffentlich-recht­liche Regie­rungs­sender bereit­stellt, zu zweifeln. Beschämend ist nach Ansicht von Karl Lau­terbach, dass in Deutschland im inter­na­tio­nalen Ver­gleich weniger Organe gespendet werden. 788 Organ­spender aus Deutschland haben zu den 2.381 Organen bei­getragen, die 2022 in Deutschland trans­plan­tiert wurden.

Hat Karl Lau­terbach eigentlich bereits eine seiner beiden Nieren gespendet?
Wenn nicht, dann ist das beschämend – oder?
Denken Sie nur an den einen von den “rund 8.500 schwer kranken … Pati­enten auf den War­te­listen”, der damit gerettet werden könnte. Die 8.500 schwer kranken Pati­enten gehen auf Axel Rahmel zurück, den medi­zi­ni­schen Direktor der DSO, der Deut­schen Stiftung Organ­spende, der zen­tralen Ver­waltung, wenn es um den Handel mit Organen geht, ein Amt mit Herz, wie man sagen könnte, Lebendherz, noch pulsierend.

Die DSO ist so etwas wie das Logistik- und Organ­be­ra­tungshub der Branche, über das die “Kos­ten­träger”, also der GKV-Spit­zen­verband und die pri­vaten Kran­ken­ver­si­che­rungen die Bereit­sstellung von humanen Organen finan­zieren. Alle Zahlen, die wir in diesem Post berichten, beziehen sich auf die Bereit­stellung von Organen. Für das Aus­tau­schen von Organen am lebenden Pati­enten ent­stehen zusätz­liche Kosten, nach denen wir in den nächsten Tagen suchen.

Was denken Sie, wie hoch sind die Kosten, die für die Bereit­stellung eines Spender-Organs im Durch­schnitt entstehen?

Wie hoch sind die Kosten, die für die BEREIT­STELLUNG eines Spen­de­organs im Durch­schnitt entstehen?

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Wie gesagt, die Abre­chung der Organ­ent­nahme erfolgt über die DSO, über ein jährlich neu aus­ge­han­deltes Budget, an dessen Aus­handlung neben den bereits benannten “Kos­ten­trägern” noch Ver­treter der Bun­des­ärz­te­kammer und der Deut­schen Kran­ken­haus­ge­sell­schaft beteiligt sind. Es will sich eben jeder sein Stück vom Organ­kuchen abschneiden.

Was bei den Ver­hand­lungen her­aus­kommt, wird jedes Jahr u.a. von DSO und GKV ver­öf­fent­licht, als “Ver­ein­barung zum DSO-Budget für das Jahr 2023 nach § 7 des Koor­di­nie­rungs­stel­len­ver­trages gemäß § 11 TPG”. Wer sich dafür inter­es­siert, der findet die ent­spre­chende Ver­ein­barung für das Jahr 2023 zum Bei­spiel hier.

Nun ist eine Ver­ein­barung für ein Jahr, die zu Beginn des ent­spre­chenden Jahres getroffen wird, eine, die getroffen wird, bevor die Anzahl der tat­säch­lichen Kosten für die Bereit­stellung eines Organs bekannt sind bzw. bevor die Anzahl der gespen­deten Organe bekannt ist. Ergo wird geschätzt. Für das Jahr 2023 wurden 2.775 Spen­der­organe, die über den Tisch der DSO gehen, ange­setzt, davon sollen 845 aus einem deut­schen Kran­kenhaus kommen, 110 davon aus einer Ein­zel­ent­nahme, 735 aus einer umfang­reichen Aus­weidung des lebenden Toten. Der Rest wird impor­tiert. Wir wollen uns nicht zu sehr mit den Ein­zel­heiten befassen. Es soll der Hinweis genügen, dass die Ent­nahme von Organen in einem Kran­kenhaus vier Leis­tungs­punkte umfasst:

  • Die Fest­stellung des Hirntods;
  • Die Auf­recht­erhaltung der Homöo­stase, also das am Leben erhalten der Organe eines für tot erklärten Spenders;
  • Die eigent­liche Organentnahme;
  • Rege­lungen für den Fall eines “Frus­tranen Organ­spen­de­ver­suchs”, also das Entgelt, das anfällt, wenn eine Organ­spende in Angriff genommen, aber zu unter­schied­lichen Stadien des Pro­zesses abge­brochen wurde.

Wer für die Ver­gütung im Ein­zelnen ansehen will, der sei auf die Ver­ein­barung verwiesen.
Für uns an dieser Stelle relevant: Pro Organ­ent­nahme können Kran­ken­häuser im Durch­schnitt und bei einer Anzahl von 2.775 für 2023 ange­nommen ent­nom­menen Organen, eine Ver­gütung von im Durch­schnitt: 7.943 Euro geltend machen.

Nun muss ein Organ, wenn es ent­nommen wurde, zuweilen mit dem Flugzeug trans­por­tiert werden. Ein teurer Spaß, der ent­spre­chend mit einer Ver­gütung von 13.650 Euro je trans­por­tiertem Spen­de­organ bei ange­nom­menen 740 Flügen für das Jahr 2023 ver­gütet wird. Flüge werden in der Regel anfallen, wenn das Human­ma­terial aus dem Ausland beschafft werden muss.

Damit haben wir mehr oder minder den “mate­ri­ellen” Teil des Organ­handels abge­wi­ckelt. Es folgt der Ver­wal­tungs­aufwand, der mit 15.595 Euro pro Spen­de­organ (bei 2.775 Spen­de­or­ganen) zu Buche schlägt und somit das Dop­pelte der Ent­nah­me­kosten dar­stellt. Abge­rechnet werden die 15.595 Euro unter dem Haus­halts­posten “Orga­ni­sa­ti­ons­pau­schale”, sie dienen aus­schließlich zur Finan­zierung der DSO und ihrer Landesstellen.

Nun haben wir den Reigen der Ver­wal­tungs­kosten damit nur eröffnet, denn hinzu kommen 15.134,56 Euro pro Ent­nah­me­organ für die Bereit­stellung eines “Trans­plan­ta­ti­ons­be­auf­tragten” in Kran­ken­häusern. Wie so oft, wenn Geld ver­teilt wird, ist in Win­deseile eine große Zahl von admi­nis­tra­tiven Jobs geschaffen, die kaum einen Beitrag zur eigent­lichen Leistung erbringen und dafür ent­golten werden.

Schließlich sind in den Kosten für die DSO die Kosten für deren Geschäfts­stelle und die Führung des Trans­plan­ta­ti­ons­re­gisters nicht ent­halten. Ergänzen Sie bitte weitere 628,50 Euro pro Organ­spende zu den Gesamtkosten.

Alles zusam­men­ge­nommen ergibt das fol­gende Gesamt­budget für das Jahr 2023:

Teilen Sie die 119.153.743 Euro durch 2.775 für 2023 pro­gnos­ti­zierte Organe und Sie erhalten die Gesamt­kosten von 42.938,29 Euro für die Bereit­stellung eines Spen­der­organs. Das sind Kosten die anfallen, bevor auch nur eines der Spen­der­organe dem Emp­fänger trans­plan­tiert wurde. Es sind Kosten, die zu 73% für Ver­wal­tungs­tä­tigkeit anfallen (87.011.700 Euro von 119.153.743 Euro). Es ist sehr offen­sichtlich, wer vom Organ­handel profitiert.

Lagen Sie richtig mit Ihrer Kostenschätzung?

Vor diesem Hin­ter­grund ist es ver­ständlich, wenn der medi­zi­nische Direktor der DSO, Axel Rahmel, die Wer­be­trommel für mehr Spen­de­organe rührt, jedes ein­zelne davon ist für seine Orga­ni­sation 16.223,50 Euro wert. Kein schlechter Anreiz:

“Der Auf­wärts­trend, den wir bereits zur Mitte des Jahres sahen, hat sich weiter fort­ge­setzt. Wir liegen damit aktuell ziemlich genau auf dem Niveau des Jahres 2018”, sagte der medi­zi­nische Vor­stand der Stiftung Organ­trans­plan­tation, Axel Rahmel. Diese Zahlen dürften aber nicht darüber hin­weg­täu­schen, dass in Deutschland immer noch ein ekla­tanter Mangel an Spen­der­or­ganen herrsche. “Mit Blick auf die rund 8.500 schwer kranken Pati­en­tinnen und Pati­enten auf den War­te­listen können, dürfen und wollen wir uns mit dem erreichten Niveau nicht abfinden”, sagte Rahmel.”

Wie viele Nieren hat Rahmel noch?
Hat er sich mit dem erreichten Niveau doch abgefunden?
Rahmel hat noch einen anderen Grund, für mehr Spen­de­organe zu werben. Der Grund findet sich u.a. in der fol­genden Formulierung:

“Bei Über­schreiten der Fall­zahlen nach Nummer 1.2 dieser Durch­füh­rungs­be­stimmung werden 50 % der Mehr­erlöse durch die DSO an die Kos­ten­träger erstattet.
Bei Unter­schreiten der Fall­zahlen nach Nummer 1.2 dieser Durch­füh­rungs­be­stimmung werden durch die Kos­ten­träger 50 % der feh­lenden Erlöse an die DSO erstattet.”

Eine kuriose For­mu­lierung, die man regel­recht ent­wirren muss. Die Fall­zahlen nach Nummer 1.2 sind die ange­nom­menen 2.775 Organe, die im Jahr 2023 durch die DSO gehandelt werden. Auf deren Grundlage wurde die Höhe der Pau­schalen berechnet. Werden im Jahr 2023 mehr Organe gehandelt als vor­ge­sehen, also mehr als 2.775, dann kann die DSO mit ihren monat­lichen Abrech­nungen mehr Pau­schalgeld geltend machen als zum Anfang des Jahres ange­nommen, muss davon aber die Hälfte an die Kos­ten­träger zurück­zahlen (also rund 21.500 Euro pro Organ), weil man bei den Kos­ten­trägern der Ansicht ist, dass die Ver­wal­tungs­leis­tungen der DSO ohnehin üppig finan­ziert sind. Wenn indes die Anzahl der gespen­deten Organe im Jahr 2023 hinter der Gesamtzahl von 2.775, die ange­nommen wurden, zurück­bleibt, sagen wir, bei 2.400 liegt, dann erhält die DSO für die feh­lenden 375 Organe nicht wie ver­an­schlagt 16.101.858 Euro, sondern lediglich 8.050.929 Euro. Ein hef­tiger Unter­schied, der einen mas­siven Anreiz dar­stellt, die Wer­be­trommel für Organ­spenden zu rühren.

Wenn Sie das nächste Mal einen Ver­treter aus dem Organ­handel für mehr Organ­spenden werben hören, dann erinnern Sie sich bitte an diesen Gewinn, den Organ­händler aus ihrer Tätigkeit ziehen.

Der Artikel erschien zuerst hier: ScienceFiles.org