“Das ist beschämend und für die betroffenen Patientinnen und Patienten ist es lebensbedrohlich”, sagt Karl Lauterbach, jedenfalls zitiert ihn die ARD-tagesschau in dieser Weise, und es gibt keinen Grund, in diesem Fall an der Akkruatheit der Informationen, die der öffentlich-rechtliche Regierungssender bereitstellt, zu zweifeln. Beschämend ist nach Ansicht von Karl Lauterbach, dass in Deutschland im internationalen Vergleich weniger Organe gespendet werden. 788 Organspender aus Deutschland haben zu den 2.381 Organen beigetragen, die 2022 in Deutschland transplantiert wurden.
Hat Karl Lauterbach eigentlich bereits eine seiner beiden Nieren gespendet?
Wenn nicht, dann ist das beschämend – oder?
Denken Sie nur an den einen von den “rund 8.500 schwer kranken … Patienten auf den Wartelisten”, der damit gerettet werden könnte. Die 8.500 schwer kranken Patienten gehen auf Axel Rahmel zurück, den medizinischen Direktor der DSO, der Deutschen Stiftung Organspende, der zentralen Verwaltung, wenn es um den Handel mit Organen geht, ein Amt mit Herz, wie man sagen könnte, Lebendherz, noch pulsierend.
Die DSO ist so etwas wie das Logistik- und Organberatungshub der Branche, über das die “Kostenträger”, also der GKV-Spitzenverband und die privaten Krankenversicherungen die Bereitsstellung von humanen Organen finanzieren. Alle Zahlen, die wir in diesem Post berichten, beziehen sich auf die Bereitstellung von Organen. Für das Austauschen von Organen am lebenden Patienten entstehen zusätzliche Kosten, nach denen wir in den nächsten Tagen suchen.
Was denken Sie, wie hoch sind die Kosten, die für die Bereitstellung eines Spender-Organs im Durchschnitt entstehen?
Wie hoch sind die Kosten, die für die BEREITSTELLUNG eines Spendeorgans im Durchschnitt entstehen?
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Wie gesagt, die Abrechung der Organentnahme erfolgt über die DSO, über ein jährlich neu ausgehandeltes Budget, an dessen Aushandlung neben den bereits benannten “Kostenträgern” noch Vertreter der Bundesärztekammer und der Deutschen Krankenhausgesellschaft beteiligt sind. Es will sich eben jeder sein Stück vom Organkuchen abschneiden.
Was bei den Verhandlungen herauskommt, wird jedes Jahr u.a. von DSO und GKV veröffentlicht, als “Vereinbarung zum DSO-Budget für das Jahr 2023 nach § 7 des Koordinierungsstellenvertrages gemäß § 11 TPG”. Wer sich dafür interessiert, der findet die entsprechende Vereinbarung für das Jahr 2023 zum Beispiel hier.
Nun ist eine Vereinbarung für ein Jahr, die zu Beginn des entsprechenden Jahres getroffen wird, eine, die getroffen wird, bevor die Anzahl der tatsächlichen Kosten für die Bereitstellung eines Organs bekannt sind bzw. bevor die Anzahl der gespendeten Organe bekannt ist. Ergo wird geschätzt. Für das Jahr 2023 wurden 2.775 Spenderorgane, die über den Tisch der DSO gehen, angesetzt, davon sollen 845 aus einem deutschen Krankenhaus kommen, 110 davon aus einer Einzelentnahme, 735 aus einer umfangreichen Ausweidung des lebenden Toten. Der Rest wird importiert. Wir wollen uns nicht zu sehr mit den Einzelheiten befassen. Es soll der Hinweis genügen, dass die Entnahme von Organen in einem Krankenhaus vier Leistungspunkte umfasst:
- Die Feststellung des Hirntods;
- Die Aufrechterhaltung der Homöostase, also das am Leben erhalten der Organe eines für tot erklärten Spenders;
- Die eigentliche Organentnahme;
- Regelungen für den Fall eines “Frustranen Organspendeversuchs”, also das Entgelt, das anfällt, wenn eine Organspende in Angriff genommen, aber zu unterschiedlichen Stadien des Prozesses abgebrochen wurde.
Wer für die Vergütung im Einzelnen ansehen will, der sei auf die Vereinbarung verwiesen.
Für uns an dieser Stelle relevant: Pro Organentnahme können Krankenhäuser im Durchschnitt und bei einer Anzahl von 2.775 für 2023 angenommen entnommenen Organen, eine Vergütung von im Durchschnitt: 7.943 Euro geltend machen.
Nun muss ein Organ, wenn es entnommen wurde, zuweilen mit dem Flugzeug transportiert werden. Ein teurer Spaß, der entsprechend mit einer Vergütung von 13.650 Euro je transportiertem Spendeorgan bei angenommenen 740 Flügen für das Jahr 2023 vergütet wird. Flüge werden in der Regel anfallen, wenn das Humanmaterial aus dem Ausland beschafft werden muss.
Nun haben wir den Reigen der Verwaltungskosten damit nur eröffnet, denn hinzu kommen 15.134,56 Euro pro Entnahmeorgan für die Bereitstellung eines “Transplantationsbeauftragten” in Krankenhäusern. Wie so oft, wenn Geld verteilt wird, ist in Windeseile eine große Zahl von administrativen Jobs geschaffen, die kaum einen Beitrag zur eigentlichen Leistung erbringen und dafür entgolten werden.
Schließlich sind in den Kosten für die DSO die Kosten für deren Geschäftsstelle und die Führung des Transplantationsregisters nicht enthalten. Ergänzen Sie bitte weitere 628,50 Euro pro Organspende zu den Gesamtkosten.
Alles zusammengenommen ergibt das folgende Gesamtbudget für das Jahr 2023:
Teilen Sie die 119.153.743 Euro durch 2.775 für 2023 prognostizierte Organe und Sie erhalten die Gesamtkosten von 42.938,29 Euro für die Bereitstellung eines Spenderorgans. Das sind Kosten die anfallen, bevor auch nur eines der Spenderorgane dem Empfänger transplantiert wurde. Es sind Kosten, die zu 73% für Verwaltungstätigkeit anfallen (87.011.700 Euro von 119.153.743 Euro). Es ist sehr offensichtlich, wer vom Organhandel profitiert.
Lagen Sie richtig mit Ihrer Kostenschätzung?
Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, wenn der medizinische Direktor der DSO, Axel Rahmel, die Werbetrommel für mehr Spendeorgane rührt, jedes einzelne davon ist für seine Organisation 16.223,50 Euro wert. Kein schlechter Anreiz:
“Der Aufwärtstrend, den wir bereits zur Mitte des Jahres sahen, hat sich weiter fortgesetzt. Wir liegen damit aktuell ziemlich genau auf dem Niveau des Jahres 2018”, sagte der medizinische Vorstand der Stiftung Organtransplantation, Axel Rahmel. Diese Zahlen dürften aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass in Deutschland immer noch ein eklatanter Mangel an Spenderorganen herrsche. “Mit Blick auf die rund 8.500 schwer kranken Patientinnen und Patienten auf den Wartelisten können, dürfen und wollen wir uns mit dem erreichten Niveau nicht abfinden”, sagte Rahmel.”
Wie viele Nieren hat Rahmel noch?
Hat er sich mit dem erreichten Niveau doch abgefunden?
Rahmel hat noch einen anderen Grund, für mehr Spendeorgane zu werben. Der Grund findet sich u.a. in der folgenden Formulierung:
“Bei Überschreiten der Fallzahlen nach Nummer 1.2 dieser Durchführungsbestimmung werden 50 % der Mehrerlöse durch die DSO an die Kostenträger erstattet.
Bei Unterschreiten der Fallzahlen nach Nummer 1.2 dieser Durchführungsbestimmung werden durch die Kostenträger 50 % der fehlenden Erlöse an die DSO erstattet.”
Eine kuriose Formulierung, die man regelrecht entwirren muss. Die Fallzahlen nach Nummer 1.2 sind die angenommenen 2.775 Organe, die im Jahr 2023 durch die DSO gehandelt werden. Auf deren Grundlage wurde die Höhe der Pauschalen berechnet. Werden im Jahr 2023 mehr Organe gehandelt als vorgesehen, also mehr als 2.775, dann kann die DSO mit ihren monatlichen Abrechnungen mehr Pauschalgeld geltend machen als zum Anfang des Jahres angenommen, muss davon aber die Hälfte an die Kostenträger zurückzahlen (also rund 21.500 Euro pro Organ), weil man bei den Kostenträgern der Ansicht ist, dass die Verwaltungsleistungen der DSO ohnehin üppig finanziert sind. Wenn indes die Anzahl der gespendeten Organe im Jahr 2023 hinter der Gesamtzahl von 2.775, die angenommen wurden, zurückbleibt, sagen wir, bei 2.400 liegt, dann erhält die DSO für die fehlenden 375 Organe nicht wie veranschlagt 16.101.858 Euro, sondern lediglich 8.050.929 Euro. Ein heftiger Unterschied, der einen massiven Anreiz darstellt, die Werbetrommel für Organspenden zu rühren.
Wenn Sie das nächste Mal einen Vertreter aus dem Organhandel für mehr Organspenden werben hören, dann erinnern Sie sich bitte an diesen Gewinn, den Organhändler aus ihrer Tätigkeit ziehen.
Der Artikel erschien zuerst hier: ScienceFiles.org
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