Im Hessischen Wächtersbach brannte ein Wohnhaus lichterloh. An die Außenwand des Hauses waren ausländerfeindliche Parolen geschrieben worden, wie „Ausländer raus!“. Das hatte die Feuerwehr bei ihren Löscharbeiten gesehen und gemeldet. Die Bewohner des Hauses, eine pakistanische Familie, waren zur Tatzeit nicht daheim. Gottseidank wurde daher niemand verletzt. Die Staatsanwaltschaft ermittelte.
Die Vorgeschichte: Alles sprach dafür, dass es die bösen Deutschen Nazis waren
In der Nacht des 24. auf den 25. Dezember brannte um ein Uhr ein Wohnhaus im Wächtersbacher Ortsteil Wittgenborn lichterloh. Die Feuerwehr musste mit einem Großaufgebot kommen und war mit den gefährlichen Löscharbeiten bis in den Morgen beschäftigt.
„Nach Informationen des Polizeipräsidiums Südosthessen beläuft sich der Schaden auf 350.000 Euro. „Die Brandursache ist bislang noch unklar. Das Fachkommissariat hat nun die Brandermittlungen übernommen“, ließ die Polizei in einer ersten Pressemitteilung wissen. Doch der Fall könnte allem Anschein nach einen rassistischen Hintergrund haben.“
Die Parolen auf den Wänden, die noch erkennbar waren waren explizit ausländerfeindlich. Die Staatsanwaltschaft nahm die Ermittlungen auf. Die Polizei fand an sieben Stellen auf den Wänden die Graffiti „Ausländer raus!“. Seitdem beschäftigten sich die Ermittlungen intensiv mit der „rechten Szene“ der Region. Die Staatsanwaltschaft ermittelte wegen schwerer Brandstiftung.
Die Information, es handle sich um einen rassistischen, rechtsextremen Anschlag, wurde bald als Faktum verbreitet. Die Stadt schrieb auf ihrer Webseite:
„Wie die Polizei bei der Tatortaufnahme feststellte, wurde in diesem Haus an mehreren Wänden der Schriftzug ‚Ausländer raus‘ festgestellt. Seit dieser Feststellung ermittelt die Polizei intensiv.“
… Und weiter über die darin wohnende pakistanische Familie: „Sie lebten seit vielen Jahren integriert in Wittgenborn.“ Freunde der Familie waren verwundert und fragten: „Macht es denn einen Unterschied, ob Opfer von rassistisch motivierten Brandanschlägen integriert sind, oder nicht? Und wer entscheidet darüber?“
Es wurde sogar die Staatschutabteilung des Polizeipräsidiums Südosthessen eingebunden. Die Ermittlungen waren so geheim und sensibel, dass „von weiteren Informationen abgesehen wurde“, wie ein Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Hanau mitteilte.
„Brand in Wächtersbach: Rechtsextremes Motiv nach Wohnhausbrand bestätigt“
Am Donnerstag, den 28 Dezember meldete die Frankfurter Rundschau:
„Die Staatsanwaltschaft hat bestätigt, dass der Brand eines Wohnhauses in Wächtersbach im Main-Kinzig-Kreis am ersten Weihnachtsfeiertag rechtsextremistisch motiviert war. Verletzt wurde bei dem Feuer niemand. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sagte dem Hessischen Rundfunk, die Abteilung für politisch motivierte Straftaten und der polizeiliche Staatsschutz hätten die Ermittlungen übernommen.“
Auch das „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) meldete:
„Nach dem Wohnhausbrand in Wächtersbach ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen Verdachts auf Brandstiftung mit rechtsextremer Tatmotivation. Das teilte die Staatsanwaltschaft Hanau am Donnerstag mit. An mehreren Wänden innerhalb des ausgebrannten Hauses war der gesprühte Schriftzug „Ausländer raus“ gefunden worden. Auch der Staatsschutz des zuständigen Polizeipräsidiums ermittelt. In dem Haus wohnte eine Familie aus Pakistan, die nach Angaben der Stadt seit vielen Jahren integriert im Stadtteil Wittgenborn lebte. Das Gebäude war bei dem Brand stark beschädigt worden und ist nicht mehr bewohnbar. Die betroffene Familie kam nach Angaben der Stadt im Main-Kinzig-Kreis bei Freunden unter. Nähere Aussagen dazu, wie genau der Brand in dem Haus entstanden war, konnten die Ermittler zunächst nicht treffen. Bei der Staatsanwaltschaft führt das Dezernat für politisch motivierte Straftaten die Ermittlungen in dem Fall. Die Ermittler suchen nach möglichen Zeugen.“
Man wollte irgendwie, dass es „Rechte“waren
Auch die Grünen und Linken gaben ihre Stellungnahme ab und werden vom RND ausgiebig zitiert:
„Die Parolen, die an den Wänden entdeckt wurden, sind verabscheuungswürdig und verhetzend“, sagte Martina Feldmayer, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion am Donnerstag. „Wer solche Taten begeht, greift unsere ganze Gesellschaft an.“
„Es reicht nicht, diese Taten zu verurteilen, man muss den Nährboden bekämpfen, der rechte Gewalt begünstigt: das Erstarken der Rechten und die rassistische Hetze gegen Menschen mit Migrationshintergrund und Geflüchtete“, sagte die Linken-Bundesvorsitzende Janine Wissler am Mittwoch.“
Thorsten Scholz (SPD), der Landrat des Main-Kinzig-Kreises und der Wächtersbacher Bürgermeister Andreas Weiher (SPD) scheinen die Einzigen gewesen zu sein, die noch Augenmaß bewiesen haben. Sie waren der Meinung, eine „politische und gesellschaftliche Einordnung sei erst möglich, wenn die Ursachen für den Brand festgestellt und die ausländerfeindlichen Schmierereinen an den Wänden des Hauses zuverlässig aufgeklärt worden seien.
Es war Brandstiftung durch den Eigentümer
Wie recht sie mit diesen vorsichtigen und bedachten Äußerungen hatten, sollte sich noch herausstellen. Denn schon bald schöpften die Ermittler Verdacht: Der Eigentümer des Hauses wies deutliche Brandwunden auf, und das, obwohl doch die Familie angeblich allesamt bei Freunden war und dort auch übernachtete.Weitere Ermittlungen ergaben, dass der Hausbesitzer mit anderen zusammen selbst das Haus angezündet hatte, um die hohe Versicherungssumme von über 300.000 Euro zu kassieren. Die Ehefrau beging den Fehler, vor dem Brand noch auffällig viele Haushaltsgeräte verkauft zu haben. Nun steht das Ehepaar und einige Helfer wegen Versicherungsbetruges, sowie das Vortäuschen einer Straftat vor Gericht.
„Die Staatsanwaltschaft Hanau geht nach dem aktuellen Stand davon aus, dass die Ermittlungen und die öffentliche Meinung durch die Tatverdächtigen auf ein rechtsextremistisches Motiv gelenkt und eine falsche Spur gelegt werden sollte, woraufhin es auch zu öffentlichen Solidaritätsbekundungen und Mahnwachen gekommen war.“
Das Ganze als rassistischen Angriff inszeniert zu haben, dürfte nach Ansicht der Staatsanwaltschaft das Strafmaß verschärfen. Denn auch andere ausländische Familien mussten ja befürchten, die nächsten Opfer zu sein.
Am 25.12.23 wurden Vom Amtsgericht Hanau fünf Haftbefehle wegen Verdunkelungs- und Fluchtgefahr erlassen. Die Beschuldigten hatten an sieben Stellen im Gebäude die Parole “Ausländer Raus” an die Wände gesprüht und dadurch den Eindruck eines ausländerfeindlichen Motivs für den Brandanschlag erweckt haben. Die Täter sind daher auch noch des gemeinschaftlichen Vortäuschens einer Straftat dringend verdächtig.
„Bei zwei der Tatverdächtigen handelt es sich um den 47-jährigen, pakistanischen Eigentümer des niedergebrannten Gebäudes sowie um dessen pakistanischen, 34 Jahre alten Schwager, die u. a. der gemeinschaftlichen schweren Brandstiftung mittels eines Brandbeschleunigers dringend verdächtig sind.“ Die Ehefrau des Hausbesitzers ist ebenfalls aktiv in die Sache verwickelt und wird wegen Beihilfe angeklagt werden.
Die Staatsanwaltschaft Hanau geht davon aus, dass der Hausbrand dazu dienen sollte, die hohe Versicherungssumme zu erhalten. Da es hier um einen sechsstelligen Betrag geht, hat das Gericht über einen versuchten Versicherungsbetrug im besonders schweren Fall zu verhandeln. Der Schwager des Hauseigentümers soll den Brand mit gelegt haben, ist also eine Mittäter. Der Vierte Tatverdächtige ist der 18jährige Sohn des Hausbesitzers. Sein Vaterwies ihn an, den Schaden der Versicherung zu melden. Als ein Versicherungsangestellter den Brandschaden vor Ort begutachtete, war es auch der Sohn, der ihn herumgeführt hat.
Der fünfte Verhaftete ist ein 55jähriger Pakistaner, er soll wegen versuchter Strafvereitelung vor Gericht. Er ist derjenige, der dem Hausbesitzer und Brandleger ein falsches Alibi für die Tatzeit gegeben haben.
Der Bürgermeister sagt in entwaffnender Offenheit, dass er ja schon von vorneherein zurückhaltend zu der ganzen Sache Stellung genommen hatte, und er sich deshalb durchaus gut fühle. Er habe sich vier Stunden an dem Brandort zur Besichtigung aufgehalten und da sei ihm schon das eine und andere seltsam vorgekommen. Wenn man Andreas Weiher googelt, weiß man, was er meint mit seiner „Beruflichen Erfahrung“: Er war 27 Jahre lang bei der Polizei.
Nun stehen nicht mehr zutiefst Betroffene an dem Bauzaun vor dem Haus. Es hat sich eine gewisse Ernüchterung in Wächtersbach-Wittgenborn breit gemacht. Die Leute fühlen sich hereingelegt. Sie hatten sich wirklich engagiert und waren zornig auf die Ausländerfeinde gewesen, die dieser netten Familie das Haus angezündet haben und sie hätten umbringen können. Viele von ihnen werden sich wegen der vermeintlich „deutschen, rechten Attentäter“ zutiefst geschämt haben. Aber einige von ihnen haben vielleicht doch verstanden, dass sie eine zu hohe Bereitschaft haben, aus moralischen Gründen sehr schnell den erwarteten und getriggerten Emotionen der deutschen Gutmenschen freie Bahn zu geben. Es gibt eben nicht nur „gute Ausländer“ und „böse Deutsche“.
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