Die Aufregung um die pinken (magentafarbenen) Trikots der deutschen Fußballmannschaft für die Europameisterschaft, hat sich gerade erst gelegt, da kommt der nächste Aufreger schon um die Ecke. Die pink-lila Hemdchen entzweiten die Nation. „Warum die Farben ein deutsches Nationaltrikot sein sollen, weiß ich nicht“, fragte die TV-Legende Marcel Reif, als der Sport-Bild Redakteur das Auswärts-Trikot Pink hoch hält und ob das von „InterMiami“ sei. aber, so merkt er an, auch wenn das hier ein freies Land sei, dahinter stecke doch eine Botschaft. Und damit trifft er den Kern.
Pink-Lila ist kein Zufall, sondern ein politisches Statement
Es ist mittlerweile unglaublich anstrengend geworden, den überall aufgestellten Fallen auszuweichen. Niemand redet mehr frei von der Leber weg, niemand traut sich, die tausend sakrosankten Themen anzusprechen und wenn doch, dann nicht ohne einleitende Glaubensbekenntnisse zu den pflichtgemäßen Überzeugungen. Und die sind schon so formelhaft, wie das Vaterunser in der Kirche. Aber – und das weiß auch jeder, das Volk hat sie bis obenhin dick. Auch viele, die eigentlich Linke sind.
Marcel Reif hat recht. Die pinken Trikots signalisieren zum gefühlt tausendsten Mal das diverse, bunte, antirechte, offene-Gesellschaft-Glaubensbekenntnis. In den siebziger und achtziger Jahren liefen wir auch quietschbunt herum und auch Männer trugen lila und pinke Sweatshirts und T‑Shirts und auch Hosen und Hawaii-Hemden. Türkis war auch in und die Jacken hatten gepolsterte Schultern. Das war aber reine Freude an bunten Farben, Lebensfreude und Freiheit. Man konnte schwul sein, lesbisch sein, herumexperimentieren, sogar mit Drogen und völlig abgefahrener Musik. Aber es war fröhlich und unverkrampft. Das gibt es heute nicht mehr.
Uli Hoeneß ist noch alte Schule und reagiert ziemlich ruppig auf die „Problematik“ der Fußballer-Hemden:
Erst pinke Diversity Trikots und jetzt Sigrunen – geht’s noch?
Also, Abwechslung bieten sie ja. Von einem Extrem ins andere. Jetzt tragen die Trikots Nummern, die ein pfiffiger Designer etwas eckig gestaltet hat. Nun ist die „4“ dummerweise ein bisschen schräg, wie ein „S“ aus dem von den Nationalsozialisten so geschätzten Runen. Das ruft natürlich Frau Faeser auf den Plan:
Und sofort schrillen die Alarmglocken! NAZISYMBOLE!!! Und vor allem gilt es nun, die bösen Nazis (die überall lauern) daran zu hindern, massenhaft die Fan T‑Shirts mit der Nummer 44 zu kaufen. Das wäre natürlich der Supergau gewesen: Horden von Nazis mit SS-Runenähnlichen Zeichen auf einem offiziellen Fussbaltrikot. Ein Triumphzug von rechten, grölenden Hooligans! Nicht auszudenken!
Die Fans können natürlich die Trikots der Nationalmannschaft im Onlineshop von Adidas kaufen. Sogar personalisieren lassen kann man die Trikots auch. Aber eine Nummer kann man sich nicht mehr aussuchen, es könnte ja eine viervierzig, also die SS-Runen dabei sein. Oder wird jede Nummer mit vier gesperrt? Man erfährt nichts genaues:
Ein Wettbewerb in Distanzierungen und woken Glaubensbekenntnisse
Ist es nicht bemerkenswert, dass man nicht mehr einfach nur ein Foto zeigen kann, was irgendwie durch Interpretation mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht werden könnte? Dass man da vorsichtshalber besser einen Distanzierungssatz dazu schreiben sollte: „Ich distanziere mich natürlich vom Nationalsozialismus. Das Beispielfoto dient der journalistischen Aufklärung.“
Warum ist das nötig? Der Zusammenhang legt einen solchen Verdacht gar nicht nahe.
Und auch Adidas fühlt sich moralisch in die Ecke gedrängt. Natürlich sondert auch der Sportbekleidungshersteller reflexartig das salvatorische „Diversitätsvaterunser“ ab:
„Wir werden die Nummer 44 schnellstmöglich sperren. Bei Adidas arbeiten Menschen aus rund 100 Nationen, unser Unternehmen steht für die Förderung von Vielfalt und Inklusion, und wir setzen uns als Unternehmen aktiv gegen Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Gewalt und Hass in jeder Form ein. Alle Versuche, spaltende oder ausgrenzende Ansichten zu fördern, sind nicht Teil unserer Werte als Marke, und wir weisen alle Andeutungen, dass dies unsere Absicht war, entschieden zurück. Unser Unternehmen steht für die Förderung von Vielfalt und Inklusion“, sagte Adidas-Sprecher Brüggen zur „Bild“. Wenig später zog auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) nach und stoppte die Auslieferung von bereits bestellten Kombinationen mit der Nummer 44 im eigenen Onlineshop.“
„Der DFB teilte auf BILD-Anfrage mit, dass ihm die Aufregung um die Nummer 44 nicht bekannt war. Doch auch der DFB stellt klar, dass er sich wie Adidas von jeglichem rechten Gedankengut klar distanziert und die Nummer 44 nicht verwendet wird.“
Der DFB hat jetzt eine doch noch vernünftige Lösung gefunden. Man wird einfach eine andere Schrift für die Trikots nehmen und eine neue Auflage der Trikots herstellen. Das hätte man auch ohne großes Tamtam machen können.
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