Foto: Bildschirmfoto YT Eugen Drewermann bei F. v. Witzleben

„Die Menschheit steht am Schei­de­punkt: Krieg oder Frieden!”

Eugen Dre­wermann, Theologe, Psy­cho­ana­ly­tiker und Autor, gilt als einer der pro­vo­kan­testen Denker unserer Zeit. Im Interview spricht er mit Flavio von Witz­leben über den Wert von Frieden & Mensch­lichkeit in Zeiten glo­baler Umbrüche. (von David Berger)

Dre­wermann warnt aus­drücklich, dass die Gefahr eines dritten Welt­kriegs nie so real gewesen sei wie heute. Er betont, dass man leicht­fertig über Krieg spreche, als wäre er etwas All­täg­liches oder eine Option unter vielen. Ein zen­traler Punkt ist, dass Angst – auf indi­vi­du­eller wie natio­naler Ebene – als Motor der Eska­lation wirkt.

Wenn Staaten Angst haben, reagieren sie mit Auf­rüstung. Wenn andere Staaten diese Auf­rüstung sehen, reagieren sie wie­derum mit eigenem Auf­rüsten. So ent­steht eine Spirale, die schwer zu stoppen ist. Dre­wermann sieht darin eine Art „psy­cho­lo­gi­schen Mecha­nismus“, der zu einer unkon­trol­lier­baren Zuspitzung führen kann. Er spricht davon, dass wir „mit der Illusion des Friedens durch Rüstung“ leben, was aber eine gefähr­liche Lüge sei.

Dop­pel­moral, Schuld und Verantwortung

Dre­wermann kri­ti­siert, dass in poli­ti­schen Dis­kursen häufig die eigene Seite idea­li­siert und die Gegen­seite dämo­ni­siert werde — damit werde der mora­lische Gegensatz zuge­spitzt, was Gewalt erleichtert. Er schaut auch darauf, wie Öffent­lich­keiten und Medien Ängste schüren und wie „die große Erzählung von Schuld und Opfer“ benutzt wird, um Zustimmung für mili­tä­rische Maß­nahmen zu gewinnen.

Daraus ergibt sich laut Dre­wermann eine geteilte Ver­ant­wortung: nicht allein Regie­rungen sind schuld, sondern auch wir Bür­ge­rinnen und Bürger, wenn wir Angst zulassen und nicht kri­tisch nachfragen.

Dre­wermann äußert Skepsis gegenüber der Idee, mili­tä­rische Stärke oder Abschre­ckung könnten Frieden sichern. Er hält das für eine Illusion, die oft in eine Opfer-und-Gegner-Logik führt. Statt­dessen plä­diert er für:

  • eine tiefere innere Umkehr, bei der Men­schen Angst reflek­tieren lernen,
  • einen Dialog, der nicht in Schwarz-Weiß-Denk­weisen gefangen ist,
  • und eine Frie­dens­ethik, die nicht nur auf poli­ti­schen Instru­menten beruht.

Per­sön­liche Erfah­rungen und Humanisierung

Im Gespräch bringt er per­sön­liche Refle­xionen mit ein: wie Men­schen durch Kriegs­er­fah­rungen trau­ma­ti­siert werden, und wie schwer es ist, die Ver­ant­wor­tungen ein­zelner Akteure und Insti­tu­tionen auseinanderzuhalten.

Er fordert, dass wir Men­schen wieder in den Blick nehmen — nicht als Feinde oder Sta­tis­tiken, sondern als mit Ängsten, Wunden und Verantwortung.

 

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Der Artikel erschien zuerst hier: philosophia-perennis.com

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