Es gibt so viele Nachrichten, die vor siebzehn Jahren noch die Republik in Fetzen gerissen hätten, heute aber in der Masse der Unerhörtheiten einfach untergehen. Ziemlich genau vor 17 Jahren erschütterte der 11. September die Welt. Das Bild Osama bin Ladens als Mastermind hinter dem Anschlag ging um die Welt. Der „Krieg gegen den Terror“ begann und hat bis heute nicht geendet. Wahrscheinlich wird er es auch nicht.
Die (wahrscheinlich) wahre Vorgeschichte vom Tod Osama Bin Ladens
Osama bin Laden war damals Weltfeind Nummer eins. Dass die ganze Geschichte um den 11. September aus allen Ritzen stinkt, weiß jeder. Mittlerweile ist die Hälfte der US-Bürger davon überzeugt, dass der Anschlag auf die World Trade Center-Türme nicht so verlaufen ist, wie die offizielle Version es behauptet. Ein weiterer, nicht geringer Teil ist sich nicht sicher und hält es für möglich, dass ganz andere Interessen und Protagonisten dahinterstecken, als offiziell verlautbart und ein relativ kleiner Teil glaubt an die offizielle Version.
Angeblich wurde Weltfeind Nummer eins, Osama bin Laden, Sohn eines schwerreichen saudischen Bauunternehmers, jahrelang gejagt. Am 2. Mai 2011, ein Jahrzehnt später, wird der meistgesuchteste Mann der Welt in Pakistan, in Abbottabad, von US-Spezialkräften erschossen. Aber auch die offizielle Version, wie sein Tod stattfand, ist umstritten.
Der US-amerikanische Enthüllungsjournalist Seymour Hersh recherchierte eine ganz andere Geschichte als die, die der damalige Präsident Barrack Obama verkündete, als er nach Osama Bin Ladens Tod vor die Mikrophone trat. Nicht die Amerikaner haben ihn aufgetrieben, sondern ein hochrangiger, pakistanischer Geheimdienstler habe gegen 25 Millionen Euro und ein Luxusleben in den USA verraten, wo Osama Bin Laden sich aufhält. Seymour Hersh will auch wissen, woher der Pakistani den Aufenthalt kannte.
Bin Laden habe sich nämlich dort nicht versteckt, sondern sei seit 2006 ein Gefangener und eine Geisel der pakistanischen Regierung gewesen. Islamabad habe mit seinem hochprominenten Gefangenen ein unbezahlbares Druckmittel gegen die Al-Kaida und Saudi Arabien in der Hand gehabt. Die Saudis sollen die Lebenshaltungskosten für Bin Laden und seine umfangreiche Familie bezahlt haben. Mit der großartigen Hatz der Amerikaner auf ihren Erzfeind war es also wohl nicht so weit her, wie behauptet. Statt einer tollkühnen Raubtierjagd scheint es sich eher um eine Terroristenversion von Reinhard Meys „Diplomatenjagd“ zu handeln.
Nachdem die US-Regierung für 25 Millionen wusste, wo Bin Laden sich aufhält, wollte sie auch zum Schuss kommen. Islamabad musste zugeben, den Mann schon seit Jahren gehabt zu haben und tauschte – laut Seymour Hersh – Bin Ladens Leben gegen Militärhilfe. Pakistan soll bei dem Deal darauf bestanden haben, dass die ganze Sache so aussehen muss, dass die Amerikaner Bin Laden gefunden und exekutiert haben, ohne dass Islamabad Bescheid wusste. Nachvollziehbar: Pakistan hätte ziemlichen Ärger mit den muslimischen Brüdern bekommen, wäre Bin Laden einfach so an die USA ausgeliefert worden.
Der pakistanische Geheimdienst sorgte dann, den Recherchen Seymour Hershs zufolge dafür, dass auf dem großen Anwesen Bin Ladens der Strom abgeschaltet und das Radarsystem deaktiviert wurde, damit die Hubschrauber mit den US-Elitesoldaten unbemerkt in nicht allzu weiter Entfernung landen konnte. Am Tag vorher wurden die Anwohner der Umgebung angewiesen, zur Zeit des Angriffes in den Häusern zu bleiben.
Seymour Hersh hat einen brillanten Ruf als hochkarätiger Enthüllungsjournalist. Sollte seine Recherche so stimmen, darf man davon ausgehen, dass, wenn die pakistanische Regierung durch ihren Geheimdienst den Amerikanern in die Hände gearbeitet hat, kein echter Kampf auf dem erstürmten Anwesen stattgefunden hat. Eine großartige Inszenierung mit viel Geballer und Radau sicherlich. Ein abgestürzter Helikopter wurde fotografiert und ging als Pressebild um die Welt. Man sieht aber herzlich wenig davon auf dem veröffentlichten Foto, und das kleine Stück ist auch noch durch Sichtblenden umringt.
Sehr wahrscheinlich erforderte die Situation, dass die Gefolgsleute Bin Ladens mitspielten. Das wurde mit absoluter Sicherheit nicht fünf Minuten vorher geklärt. Die Entourage von Bin Laden hat ebenso wahrscheinlich spätestens am Tag vorher gewusst, was kommt und ihren Deal gemacht. Besonders erstaunlich ist das nicht: Die Verflechtungen zwischen der Terrororganisation Al-Kaida und der CIA sind berüchtigt gut. Einer der Schutzpaten dieser „Amour fou“ ist vor kurzem in die ewigen Jagdgründe eingegangen: John McCain.
Sami A. — Terrorist? Leibwächter Osama Bin Ladens? CIA-Mann?
Aus diesem Stall kommt unser „Security-Mann“ Sami Ben Mohamed A., aka (wahrscheinlich echter Name) Abdallah Al Maghrebi alias Abu Al Moujtaba. Er wurde in Afghanistan in dem von Osama Bin Laden geführten Terrorcamp Al Farouk ausgebildet. Dort soll Sami A. mehrere internationale Top Terroristen getroffen haben. Außer natürlich Bin Laden sollen es dessen zweiter Mann Abu Hafs Al Masri gewesen sein und Ramzi Binalshibh, der als der Logistikexperte des elften Septembers 2001 gilt und damit sehr wahrscheinlich ein CIA-Mann ist. Nach Erkenntnissen der Deutschen Polizei soll Sami A. In der Leibgarde Bin Ladens „gedient“ haben. Das bezeugt auch der ehemalige Al-KAida Terrorist und Aussteiger Shadi Abdallah, der ihn als Kollege in Osama Bin Ladens Leibgarde bezeichnet.
Shadi Abdallah war Kronzeuge in einem Prozess gegen die Terrorgruppe Al Tawhid vor dem OLG Düsseldorf. Dort packte er umfänglich über seinen Kollegen Sami A. Aus. Unter anderem erzählte er, dass Sami A. Bin Laden mit einer Panzerfaust beschützt habe.
Sami A., jener Bodyguard Bin Ladens, erzählte in Bochumer Salafistenkreisen gern und blumenreich von diesem Job, dem Leben im Ausbildungslager und predigte radikalen Islam. Der Nordrhein-westfälische Verfassungsschutzchef Burkhard Freier sagte, man habe Sami A. als besonders gefährlich eingeschätzt.
Doch offiziell stuften ihn die deutschen Sicherheitsbehörden nicht als Top-Gefährder ein. Einen Anschlag traute ihm niemand zu. Das Risiko, dass nach Meinung der Behörden von ihm ausging, sei „moderat“. Man ließ ihn gewähren. Es fragt sich, inwieweit andere Geheimdienste (wie die CIA) hier ein Wörtchen mitzureden haben.
Ein gut ausgebildeter Bodyguard? Deutschland braucht Fachkräfte!
Zur gleichen Zeit war Sami A. bereits Security-Mann bei der Firma Klüh. Dokumente, die der „Berliner Morgenpost“ vorliegen belegen, dass der Mann zumindest im Dezember 2000 und im Januar 2001 bei der Sicherheitsfirma angestellt war. Auf Nachfragen, so die Berliner Morgenpost, konnte Fa. Klüh aber nicht sagen, ob er noch länger als Security-Mitarbeiter tätig war, man habe die Unterlagen aus der Jahrtausendwende nicht mehr aufgehoben.
Auch ansonsten hält sich die Security-Firma bedeckt und antwortet auf Nachfragen umfangreich mit Angaben zu grundsätzlichen Sicherheits-Checks und Überprüfungen. Ob diese auch bei Sami A. Anwendung fanden, dazu kann Firma Klüh nichts sagen:
„ … Ebenso wenig zu der Frage, seit wann die Mitarbeiterdaten täglich mit der EU-Antiterrorverordnung abgeglichen werden. Wen oder was Sami A. als Security-Mann schützte, ob er in sensiblen öffentlichen Bereichen zum Einsatz kam und wenn ja, in welchen, dazu ist von seinem Ex-Arbeitgeber ebenfalls nichts zu erfahren. Sicher ist hingegen: Er war nicht das einzige mutmaßliche frühere Al-Kaida-Mitglied in den Reihen des Sicherheitsdienstes Klüh.“
In der Tat nicht:
Den Funke-Recherchen zufolge kam bei Klüh auch der als islamistischer Gefährder eingestufte Mohamed T. unter. Ihn hätten die Sicherheitsbehörden als früheres, führendes Mitglied der Terrororganisation Al-Kaida eingestuft. Polizei- und Justizbehörden hätten gewusst, dass Sami A. und Mohamed T. im Security-Bereich tätig gewesen seien.
Und wieder steht die Frage im Raum, warum das Risiko überhaupt geduldet wird. Wenn diese Männer unter Beobachtung stehen, weil man um ihre Verbindung zum Netzwerk Al-Kaida weiß, bedeutet das vielleicht, dass man sie bewusst gewähren lässt um Wichtigeres herauszufinden? Oder gibt es Anweisungen von außerhalb, die das Netzwerk vor Zerschlagung schützen? Wer hat daran Interesse?
Vielseitiger Sami A.: Security-Mitarbeiter, Hassprediger und Freizeit-Terrorist
Bereits 1997 kam Sami A. nach Deutschland, zu Studienzwecken. Er studiert Textiltechnik an der FH Niederrhein in Krefeld, wechselt später ins Fach „Technische Informatik“. Er wechselt den Wohnort oft, bis 2007 ist er an neun verschiedenen Haupt- und Nebenwohnsitzen gemeldet. Wo er sich wirklich aufhält, ist nie so ganz klar.
Die Firma Klüh wusste offensichtlich nicht, wen sie da als Beschäftigten hatte. Auch die Polizei und andere deutsche Sicherheitsbehörden waren sich nicht im Klaren darüber, wer Sami A. war. Immer wieder stießen sie auf ihn, mehrfach kurz vor geplanten Terroranschlägen, die gerade noch verhindert werden konnten. Dass ihnen dabei immer wieder derselbe Mann ins Fadenkreuz kam, realisierten sie lange nicht. Auch hierzu hat die Berliner Morgenpost Dokumente vorliegen.
Dabei bekam Sami A. wirklich genügend Gelegenheit, beeindruckende Anschläge zu verüben: Die Klüh Security GmbH schützt und bewacht Prominente und Großveranstaltungen sowie Flughäfen, Banken, Krankenhäuser und Einrichtungen der Bundeswehr. Es scheint geradezu ein Wunder, dass Sami A. in diesem geradezu idealen Umfeld nicht zugeschlagen hat.
Der Tunesier Sami A. hatte noch mehrere Jobs. So hat er auch als Fahrgastzähler in öffentlichen Bussen und Bahnen gejobbt. Wie nett, dass er auch da mit seinem Kollegen, dem oben bereits erwähnten Marokkaner Mohamed T. bei der VRR das Fahrgastaufkommen zählen durfte. Die Stadtwerke Krefeld konnten die Beschäftigung dieser beiden studentischen Aushilfskräfte bestätigen.
Mohamed T. arbeitet nachweislich bis Ende 2005 in Diensten der Sicherheitsfirma Klüh. Am 09. Februar gehört der als Gefährder gelistete Al-Kaida Mann zu der Sicherheitsmannschaft, die das Fußballspiel Deutschland vs. Argentinien schützt. Er steht an einem der Tribünenaufgänge. Es wäre ihm ein Leichtes gewesen, in der vollbesetzten Arena einen Sprengsatz zu platzieren. Die Panik hätte viele das Leben gekostet. Hätten Verfassungsschutz, Bundes- und Landeskriminalamt und Behörden dann auch wieder gemeinsam versucht, das ganze Ausmaß zu vertuschen, wie im Fall Amri? Die Behörden wussten um die Tätigkeiten der beiden Al-Kaida Männer in den hochsensiblen Sicherheitsbereichen.
Drei Jahre Prozess um die Abschiebung — Sami A. lebt von staatlicher Unterstützung
Seit 2005 prozessiert Sami A. gegen seine Abschiebung. Mehrere Gerichte durch die Instanzen haben ihn verurteilt und eine Abschiebung angeordnet. Bis zu seiner Abschiebung lebte Sami A. von staatlicher Unterstützung. Am 13. Juli 2018 ist Sami A. aus Nordrhein-Westfalen in seine Heimat in Tunesien abgeschoben worden. Am Abend zuvor hatte aber das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden, die Abschiebung sei nicht zulässig, weil dem Mann dort Folter drohen könne. Der Beschluss wurde übermittelt, als das Flugzeug mit Sami A. bereits in der Luft war. Nun soll der Mann nach Deutschland zurückgeholt werden und hier erneut mit Sozialgeldern unterstützt werden. Das Gericht und die Anwältin des Abgeschobenen forderten die sofortige Rückholung des Mannes, die Verwaltungsrichter drohten dem Ausländeramt Bochum sogar ein hohes Zwangsgeld an, sollte der Mann nicht bis zum 31. Juli wieder in Deutschland sein.
Ganz klar ist der Fall aber nicht. Die letztendliche Entscheidung über ein Visum für den Rückkehrer liege bei den deutschen Innenbehörden, heißt es in der „BILD“. Und dort wird man ihm wahrscheinlich kein Visum geben, denn Sami A. gilt in Deutschland als „ausreisepflichtig ohne Duldungsstatus“. Seine kürzliche Hochstufung zum „Top-Gefährder“ stehe seiner Rückkehr überdies im Wege.
Eine Aussage aus dem engsten Familienkreis von Sami A. wurde ebenfalls kurz vor dem Abschiebeurteil bekannt: „Sami A. schaue sich häufig Videos von Bin Laden an und habe die zuletzt stattgefundenen Anschläge, darunter den von Anis Amri auf den Berliner Weihnachtsmarkt, ausdrücklich gutgeheißen. Schließlich mache ihm Deutschland das Leben schwer, die Toten seien eine verdiente Strafe. Dann, so steht es in einem Behördenzeugnis, soll Sami A. noch gedroht haben. Im Falle seiner Abschiebung werde “Deutschland Blut weinen.”
Nun plötzlich avanciert Sami A. auf einmal zum Top-Gefährder. Nichts mehr mit „moderaterem Risiko“, denn die Sicherheitsbehörden erkennen nun, dass Sami A. seine „taktische Zurückhaltung in Bezug auf Gewaltdelikte“ aufgeben könnte, seine Kontakte in die gewaltbereite Islamistenszene seien enger geworden und seine Ehe zerbrochen. Man erkennt eine „krisenhafte Zuspitzung“. Fehlende familiäre und soziale Stabilität erhöhen das Risiko. Ein Analyse-Programm des BKA namens „RADAR ITE“ bewertet die Gefahr, die von ihm ausgeht. Unter 700 Gefährdern erreicht Sami A. elf Punkte: Das ist die höchste Kategorie. Eine überraschende Neuinterpretation der Lage, deren vorherige Fehleinschätzung schwer nachzuvollziehen ist.
Die tunesischen Behörden haben Sami A. vorläufig freigelassen, führen aber Terror-Ermittlungen gegen ihn durch. Sein Pass wurde durch die tunesischen Sicherheitsbehörden eingezogen, so dass Sami A. nicht ausreisen kann. Der Pass sei im übrigen abgelaufen. Angeblich gibt es aber keine offizielle Ausreisesperre. Und Sami A. bleibt unerklärlicherweise auch brav in Tunesien?
774 Gefährder mit islamistischem Hintergrund gibt es nach Erkenntnissen des Bundesamts für Verfassungsschutz in Deutschland — laut dem Bericht für das Jahr 2017. Das seien “so viele Personen wie nie zuvor, denen wir die Begehung schwerer Straftaten zutrauen”, kommentierte Innenminister Horst Seehofer die Ergebnisse und fügte hinzu, bei der Abschiebepraxis gebe es Verbesserungsbedarf.
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