Sehr geehrter Herr Bundespräsident Steinmeier,
wir lesen dieser Tage ein Interview von Ihnen, in dem Sie sich Sorgen um die Demokratie machen. Das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ hat die Fragen freundlicherweise auch so passend gestellt, dass Sie, sehr verehrter Herr Bundespräsident, auch all das unhinterfragt sagen konnten, was Sie Ihren Untertanen nahe bringen wollten.
Nun, wir Untertanen haben Ihre weisen Worte gelesen und auf uns wirken lassen. Und wir haben Fragen. Ich nehme mir heraus, das nachzuholen, was das sicherlich im Prinzip sehr demokratische und kritische RedaktionsNetzwerk Deutschland wahrscheinlich aus Zeitmangel nicht tun konnte: Nämlich zu Ihren guten Ermahnungen und väterlichen Weisheiten Fragen und Anmerkungen zu formulieren. Bitte verzeihen Sie, sehr geehrter Herr Bundespräsident, wenn ich mich dazu erdreiste, Sie mit den Fragen normaler Bürger zu behelligen, aber wir hier unten würden doch gern verstehen, was jemand wie Sie, Herr Bundespräsident, dort oben uns sagen möchte.
Sie sind also besorgt über den Zustand der Demokratie in Deutschland. Sehen Sie, das sind wir Bürger auch.
Wir haben doch eigentlich eine parlamentarische Demokratie, in der wir Bürger alle paar Jahre, als höchster und einziger Souverän – so steht es zumindest in unserem Grundgesetz — unsere Regierung wählen. Und da wir im Gemeinschaftskundeunterricht aufgepasst haben, sind wir bisher immer davon ausgegangen, dass Parteien, wenn sie vom Souverän, also dem deutschen Volk, gewählt worden sind, den Willen eines Teiles des Volkes vertreten und daher eine Teilhabe an der deutschen Politik bekommen müssen. Entsprechend der Mandate im Bundestag, natürlich.
Wir verstehen jetzt nicht so ganz, warum zum Beispiel die AfD — ob man sie nun gut findet oder nicht – und die mittlerweile die zweitstärkste Partei in Deutschland ist, ausgeschlossen wird, wo es nur irgend geht, aufs Übelste beschimpft wird, wo sie auch auftaucht, mit Hass und Häme bedacht und mit allen Mitteln bekämpft wird. Oder meinen Sie vielleicht mit Ihrer Formulierung, dass die Gegner der Demokratie, die immer lauter werden, genau diejenigen sind, die eine rechtmäßige, gewählte Partei widerrechtlich ausgrenzen und regelrecht „ausmerzen“ wollen? Ihre Parteigenossin Nahles beispielsweise, die dieser Partei “in die Fresse” hauen möchte?
Oder meinen Sie, verehrter Herr Bundespräsident, mit der Formulierung „die liberale Demokratie“ sei angefochten, dass es mehrere Sorten von Demokratie in Deutschland gibt? Eine „liberale“ und eine „autoritäre“? Nun, da haben Sie allerdings recht, sehr geehrter Herr Bundespräsident. Auch wir Bürger haben das Gefühl, dass sich eine sehr autoritäre Art von Demokratie – nein, eigentlich eine Autokratie – in unserem einst so schönen Deutschland breitgemacht hat. Eine linke Einheits-Nomenklatura, die den Willen eines großen Teils des Volkes, des Souveräns (siehe Grundgesetz), mit Füßen tritt und das Volk als Nazis beschimpft, wenn es seinen Willen auch äußert. Was uns Bürger wirklich verletzt und beleidigt.
Wir können Ihnen, sehr geehrter Herr Bundespräsident, nur beipflichten, wenn Sie uns auffordern, „Wohlstand und Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit ständig neu zu erstreiten“. Genau dafür stehe ich zum Beispiel jeden Morgen auf und kämpfe dafür.
Denn der Wohlstand, der ist leider schon lange dahin. Wie viele leben heute von HartzIV, Herr Bundespräsident! Ständig gibt es neue Dinge, wie „Energiearmut“. Davon haben Sie wahrscheinlich noch nichts gehört. Also, Herr Bundespräsident, Energiearmut ist, wenn deutsche Bürger nicht einmal das Geld haben, für ihre Wohnung Strom oder Heizung zu bezahlen. Also kein Licht, im Winter Außentemperatur und keine warme Mahlzeit, keine warme Dusche, oft auch nicht einmal kaltes Wasser haben. Es gibt zwar keine amtliche Statistik dafür, aber die Stromanbieter verschickten im Jahr 2010 drei Millionen Mahnungen und 340.000 Sperrandrohungen. Damals ging es uns Deutschen aber noch besser. Letztes Jahr hatten wir 860.000 Wohnungslose in Deutschland, die haben noch nicht einmal eine Wohnung, in der sie unter Energiearmut leiden könnten. Dieses Jahr werden es über eine Million sein. Viele alte Leute können sich kaum noch etwas zu essen leisten und würden verhungern, wenn es die Tafeln nicht gäbe.
Ich weiß nicht, ob Sie gelesen haben, dass vor kurzem eine Rentnerin aus dem siebten Stock in den Tod gesprungen ist, als man sie mit der Polizei aus ihrer Wohnung räumen wollte, die sie nicht mehr bezahlen konnte. So sieht das mit dem Wohlstand aus, der schon lange nicht mehr selbstverständlich für uns ist. Nun, Ihr Problem, sehr verehrter Herr Bundespräsident, ist das ja nicht. Sie werden Ihr Leben lang eine Viertelmillion Jahresgehalt haben. Wie schön für Sie.
Und was die Rechtsstaatlichkeit betrifft: Die hätten wir auch sehr gern wieder, Herr Bundespräsident. Vor allem die öffentliche Sicherheit. Wir konnten einmal ganz unbesorgt durch unsere Städte schlendern, auf Stadtfeste und Weihnachtsmärkte gehen, ohne von Messern erstochen und von Lastwagen totgefahren zu werden. Oder auch an Demonstrationen oder Friedensmärsche teilzunehmen, ohne von vermummten Schlägern krankenhausreif geprügelt zu werden. Unsere Kinder konnten früher einfach so, ohne Pfefferspray, an der Bushaltestelle stehen und mehr als hin und wieder Schubsereien passierte in den Klassenräumen nicht. Ja, das waren schöne Zeiten, Herr Bundespräsident. Sie haben recht: Die müssen neu erstritten werden.
Wie gut, dass wir da mit Ihnen, unserem Bundespräsidenten einig sind. Ihre Stimme hat doch Gewicht.
Ich hoffe, Sie freuen sich, dass es immer mehr deutsche Bürger gibt, die wirklich Demokratie, Wohlstand für das Volk, Rechtsstaatlichkeit, innere Sicherheit, ein friedliches Zusammenleben, Gerechtigkeit, und Respekt und Bereitschaft, einander zuhören wollen – und dies auf den Straßen in Kandel, Chemnitz und überall sonst entschlossen und mit friedlichen Mitteln erstreiten wollen.
Und ja, die Extremisten aller Seiten sollen im Namen der Meinungsfreiheit diese, ihre Meinung haben dürfen. Nur, sobald sie zu strafbaren Handlungen schreiten, sei es den rechten Arm zu heben, mit Pflastersteinen und Knüppeln auf Andersdenkende und Polizisten einzuprügeln oder mit Messern ihre Kultur durchzusetzen, sollten unsere Gesetze ohne Ansehen der Person, Ideologie, Religion oder Herkunft streng und gerecht angewendet werden. Gleiche, Behandlung, gleiches Recht für jedermann.
Wie schon, dass wir Sie, sehr verehrter Herr Bundespräsident, in diesem Kampf auf unserer Seite wissen.
Mit vorzüglicher Hochachtung,
Niki Vogt
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