Thü­ringen: CDU fällt deutlich hinter LINKE und AfD zurück, die auf fast 50 Prozent kommen

Was für ein Absturz! Drei Monate vor der Land­tagswahl in Thü­ringen ver­lieren sowohl die bislang füh­rende CDU als auch die ohnehin weit abge­schlagene SPD innerhalb von knapp fünf Wochen beide nochmals ein Fünftel ihrer Anhänger. Die CDU fällt von 26 auf 21 Prozent und damit auf Platz drei, klar hinter DIE LINKE und die AfD zurück, wobei letztere von 20 auf 24 Prozent steigt. Die SPD fällt dagegen jetzt sogar in den ein­stel­ligen Bereich, nämlich auf 8 Prozent.
Erste dun­kelrot-rot-grüne Lan­des­re­gierung in Deutschland

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Die thü­rin­gische Land­tagswahl im Sep­tember 2014 hatte für einiges Auf­sehen gesorgt und führte zu einem Novum. Zum ersten Mal kam es in Deutschland zu einer Regie­rungs­bildung unter einem Minis­ter­prä­si­denten von „Die Linke“ (Links­partei / PDS / SED). Diese war zwar nicht als stärkste, sondern hinter der CDU liegend nur als zweit­stärkste Partei aus den Wahlen her­vor­ge­gangen, lag aber weit vor der dritt­plat­zierten SPD, die nicht einmal halb so viele Wäh­ler­stimmen wie jene erhalten hatte. So sah das Ergebnis 2014 aus:
  1. CDU: 33,5 %
  2. LINKE: 28,2 %
  3. SPD: 12,4 %
  4. AfD: 10,6 %
  5. GRÜNE: 5,7 %
  6. FDP: 2,5 %
  7. Sonstige: 7,1 %

Somit stellte sich für die dritt­plat­zierte SPD die Frage, wen sie zum neuen thü­rin­gi­schen Minis­ter­prä­si­denten machten sollte, die damals noch amtie­rende CDU-Minis­ter­prä­si­dentin Christine Lie­ber­knecht oder den Spit­zen­kan­di­daten der Linken. In einem Mit­glie­der­ent­scheid ent­schieden sich die Genossen mit einer klaren 70-Prozent-Mehrheit nicht für eine Fort­setzung der großen Koalition mit der CDU, sondern für die erste deutsche dun­kelrot-rot-grüne Lan­des­re­gierung unter dem neuen Minis­ter­prä­si­denten Bodo Ramelow (Die Linke). Die SPD als eine von zwei Juni­or­part­ne­rinnen der SED-Nach­fol­ge­partei! Ob das gut gehen konnte?
Linke und SPD fallen, Grüne steigen
In knapp drei Monaten, am 27.10.2019, wird in Thü­ringen nun wieder gewählt und die dun­kelrot-rot-grüne Regierung muss sich dem Wäh­ler­votum stellen. Thü­ringen, Lan­des­haupt­stadt Erfurt, ist mit ca. 2,2 Mil­lionen Ein­wohnern bezogen auf die Bevöl­ke­rungs­anzahl das zwölft­größte deutsche Bun­desland respektive das fünftkleinste.
Infratest dimap hat nun aktuell für den MDR eine reprä­sen­tative Erhebung durch­ge­führt und dabei im Zeitraum vom 24.07. (Mi.) bis 29.07.1019 (Mo.) ins­gesamt 1.001 voll­jährige Thü­ringer tele­fo­nisch befragt und die Umfra­ge­werte mit ent­spre­chenden Kor­rek­tur­fak­toren hoch­ge­rechnet. Gestern Abend wurden die Ergeb­nisse ver­öf­fent­licht. So in etwa würden also die Thü­ringer bei Land­tags­wahlen laut Infratest dimap im Moment wählen (in Klammern die Ver­än­de­rungen im Ver­gleich zur Juni-Umfrage von INSA, so es eine gab):

  1. LINKE: 25 % (+ 1)
  2. AfD: 24 % (+ 4)
  3. CDU: 21 % (– 5)
  4. GRÜNE: 11 % (+ 1)
  5. SPD: 8 % (– 2)
  6. FDP: 5 %
  7. Sonstige: 6 % (+ 1)

2019-07-30
Die AfD wird der ganz große Gewinner dieser Land­tagswahl werden, die CDU der ganz große Verlierer
Hier die Ver­än­de­rungen zur letzten Land­tagswahl im Sep­tember 2014 in Prozentpunkten:

  1. AfD: + 13,4
  2. GRÜNE: + 5,3
  3. FDP: + 2,5
  4. Sonstige: – 1,1
  5. LINKE: – 3,2
  6. SPD: – 4,4
  7. CDU: – 12,5

Der ganz große Gewinner dieser Wahl wird, das kann man wohl schon jetzt sagen, die AfD mit ihrem Spit­zen­kan­di­daten Björn Höcke werden, die im zwei­stel­ligen Bereich (!) zulegen wird, sich womöglich sogar um fast 15 Punkte steigern wird können. Das heißt, die AfD wird ihr Ergebnis von 2014 (10,6 Prozent) höchst­wahr­scheinlich mehr als ver­doppeln. Die Grünen mit ihrer Spit­zen­kan­di­datin Anja Sie­gesmund werden ihr Resultat wohl auch fast ver­doppeln können, ebenso die FDP, die von Thomas Kem­merich in den Wahl­kampf geführt wird.
Die Links­partei unter Bodo Ramelow wird sicherlich Ver­luste ein­fahren, die sich aber im über­schau­baren Bereich bewegen dürften. Ein Minus von vier bis fünf Punkten wäre dagegen für die SPD mit ihrem Spit­zen­kan­di­daten Wolfgang Tie­fensee ein kata­stro­phales Ergebnis. Von ihren ohnehin schon mageren 12,4 Prozent in 2014 droht sie nochmals mehr als ein Drittel der Stimmen zu ver­lieren. Der größte Wahl­ver­lierer wird aber, auch das dürfte jetzt schon relativ klar sein, die CDU unter Mike Mohring werden, welche zuletzt immerhin noch mehr als ein Drittel aller Stimmen erhielt, aktuell aber nur noch gut ein Fünftel ver­buchen könnte. Der CDU droht innerhalb von nur fünf Jahren fast 40 Prozent ihrer bis­he­rigen Wähler zu verlieren!
Doch was würde das alles für die Regie­rungs­bildung bedeuten, sollte es am 27. Oktober so oder so ähnlich kommen?
CDU und SPD kommen zusammen gerade noch auf 29 Prozent

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Dun­kelrot-Rot-Grün hätten aktuell also nur noch ca. 44 Prozent. Das würde selbst dann nicht für eine Mehrheit reichen, wenn die FDP bei­spiels­weise mit 4,99 Prozent den Einzug ins Par­lament ver­passen würde und die sons­tigen Par­teien zusammen auf 6 Prozent kämen. Gehen wir davon aus, dass die FDP min­destens 5,00 Prozent schaffen wird und die sons­tigen Par­teien auf ca. 6 Prozent kommen, dann werden etwa 47 Prozent der abge­ge­benen gül­tigen Zweit­stimmen not­wendig sein, um eine Mehrheit der Sitze im Landtag zu erreichen. Welche mög­liche Koali­tionen gäbe es dann überhaupt?
  1. LINKE + CDU + Grüne/SPD/FDP: Wenn DIE LINKE und die CDU sich zusam­mentun und noch einen dritten Partner dazu nehmen, sei es Die Grünen, die SPD oder die FDP, dann hätte ein solches Drei­er­bündnis derzeit eine klare Mehrheit von 51 bis 57 Prozent. Aber wird sich die CDU wirklich mit der Links­partei und den Grünen zusam­mentun wollen, um eine Regierung zu bilden oder die Links­partei mit CDU und FDP? Das passt ja inhaltlich über­haupt nicht zusammen.
  2. LINKE + AfD: kämen aktuell zusammen auf ca. 49 Prozent, also zwei Punkte mehr als not­wendig, um eine Mehrheit der Sitze im Par­lament zu erringen. Die eine Partei (absolute Gleich­heits­fe­ti­schisten und Inter­na­tio­na­listen) befür­wortet aber noch mehr Immi­gration als alle anderen, die andere Partei (Natio­na­listen) lehnt dagegen Mas­sen­im­mi­gration mehr ab als alle anderen. Wie sollte das zusammenpassen?
  3. Dun­kelrot-Schwarz (LINKE + CDU): käme im Moment auf ca. 46 Prozent. Das würde abge­sehen von extremen inhalt­lichen Gegen­sätzen nicht einmal mathe­ma­tisch reichen für eine Mehrheit.
  4. Blau-Schwarz (AfD + CDU): ca. 45 Prozent. Auch das würde, wenn es die FDP in den Landtag schaffen sollte, nicht reichen für eine Mehrheit. Außerdem spricht sich ja der CDU-Par­tei­führung in Berlin unter Kramp-Kar­ren­bauer derzeit geschlossen gegen jede Zusam­men­arbeit mit der AfD aus, die man mit allen Mitteln klein zu kriegen versucht.
  5. Schwarz-Grün-Rot-Gelb (CDU + Grüne + SPD + FDP): 45 Prozent. Also selbst wenn die FDP den Einzug in den Thü­rin­gi­schen Landtag schaffen sollte, dann hätte dieses Vierer-Bündnis keine Mehrheit.
  6. Dun­kelrot-Grün-Rot: ca. 44 Prozent, derzeit also kaum eine Chance auf eine Mehrheit.
  7. Schwarz-Grün-Rot (CDU + Grüne + SPD): 40 Prozent. Diese Kom­bi­nation ist so weit ent­fernt von einer Mehrheit, dass hier auch wenig Aus­sichten bestehen, dass diese bis Ende Oktober noch erreicht werden könnte.
  8. Schwarz-Rot (CDU + SPD): 29 Prozent. Nahezu unvor­stellbar, die beiden ehe­ma­ligen Volks­par­teien, die in ihren besten Zeiten in Deutschland auf über 90 Prozent kamen und selbst in Thü­ringen 1994 auf über 72 Prozent, liegen aktuell zusammen gerade noch bei 29 Prozent, kaum mehr als die Links­partei oder die AfD alleine, 20 Punkte weniger als diese beide zusammen.

Jürgen Fritz — Erst­ver­öf­fent­li­chung auf dem Blog des Autors www.juergenfritz.com