Etwa ein Jahr ist es her, dass die einstmals evangelische Kapernaum-Kirche im Hamburg-Horn als Moschee neu „eingeweiht“ wurde. Die Umbauten und die umfangreicher als erwartete Sanierung verschlangen statt der ursprünglich geplanten eineinhalb Millionen Euro am Ende eher fünf Millionen Euro. Kuweit spendete 1,1 Millionen Euro.
„Die ehemalige Glockenstube wird seitdem in Grün, der Farbe des Islams, illuminiert. Im Innenraum des Kirchenschiffs wurde die ehemalige Chorempore durch eine neue größere Empore ersetzt, um zwei getrennte Gebetsbereiche für Männer und Frauen zu schaffen, der komplette Fußboden wurde erneuert. Durch die Umbauten ist der Raum für bis zu 300 Personen nutzbar. Zwischen dem ehemaligen Kirchenschiff und dem Turm entstand ein neuer Verbindungsbau, in dem Seminar- und Waschräume untergebracht sind.“
Der rote Ziegelglockenturm trägt nun statt eines Kreuzes den goldenen Schriftzug „Allah“, der nachts im Scheinwerferlicht glänzt, doch man sieht dem Bau nach wie vor an, dass er eine christliche Kirche war. Der Vorsitzende des Moscheevereins, Daniel Abdin ist ein aufgeschlossener, toleranter Muslim. „Außen Kirche, innen Moschee – das war immer unser Motto“ sagt er. Es ist ihm wichtig zu betonen, die muslimische Gemeinde sei immer mit viel Fingerspitzengefühl an die Sache herangegangen. „Wir wollen den christlichen Brüdern und Schwestern nicht auf den Schlips treten“ versichert er. Anders als zunächst vorgesehen, wurde daher auch nicht der übliche, goldene Halbmond als Symbol für den Islam auf die Turmspitze gesetzt, sondern der Schriftzug mit dem Wort ‚Allah. „Das ist der Name Gottes, der alle Gläubigen verbindet“, sagt Abdin.
Die ehemalige Kirche fand der Vorstand der islamischen Gemeinde in einer online-Immobilienbörse zum Verkauf angeboten. Sie war 2002 „entwidmet“ worden, 2005 kaufte sie ein Unternehmer für wenig Geld und fand 2012 für fast eine Million Euro einen Käufer: Die Al-Nour Gemeinde in Hamburg.
Als 2013 bekannt wurde, dass die Kirche bereits verkauft war und die Umbauten schon im vollen Gange, richtete sich plötzlich die Aufmerksamkeit auf das seit über einem Jahrzehnt verlassene Gebäude. Es war damals das erste, evangelische Gotteshaus, das in Deutschland zur Moschee umgewidmet wurde. Nikolaus Schneider, damals EKD-Vorsitzender bezeichnete den Verkauf des Gotteshauses als „Missgeschick“ und sah darin eine „Zumutung für diejenigen Gläubigen, die sich „mit dem Gotteshaus identifizierten“. Hamburgs Weihbischof Hans-Jochen Jaschke sprach gar davon, dass eine „Austauschbarkeit von Christentum und Islam nicht im Sinne eines guten, interreligiösen Dialoges“ sei, manche sprachen von einem „Dammbruch“. Das würde heute wahrscheinlich niemand mehr wagen, von sich zu geben. Die Gefahr, der Islamophobie geziehen zu werden, wäre zu groß.
Klaus Schäfer, Vertreter der Nordkirchen schwärmte hingegen von „einem leuchtenden Beispiel interreligiöser Offenheit und interreligiöser Gespräche“. Auch der frühere Pastor, Wolfgang Weißbach, freute sich über die Eröffnung der neuen Moschee publikumswirksam im „Domradio“:
„DOMRADIO.DE: Zehn Jahre lang hatte die Kirche leer gestanden, wurde dann erst an einen Investor verkauft. Jahre später dann an die muslimische Al-Nour-Gemeinde. Was passierte mit dem Gebäude?
Weißbach: Diese Kirche war sozusagen sich selbst überlassen gewesen, weil der Investor, der sie gekauft hat, damit nichts anfangen konnte. Und da wäre die Kirche zur Ruine verfallen und abgebröckelt. Von daher ist es eine Rettung. Diese sanierte Kirche besteht also weiter — als Gebetshaus, als ein Gotteshaus, voller Leben.“
Dann aber sagt der Pfarrer auch etwas, das wirklich nachdenklich machen sollte. In diesen wenigen Sätzen fasst er eine Entwicklung zusammen, die ganz Deutschland, ja Europa betrifft:
„DOMRADIO.DE: Aber ist das nicht trotzdem auch ein komischer Gedanke, dass das Gebäude sozusagen die Religion wechselt?
Weißbach: Die zentrale evangelische Kirche konnte die Gemeinden nicht mehr unterhalten und die Bevölkerung, die noch da war, auch nicht mehr. Es war sozusagen ein Notstand. Die evangelischen Gemeinden kämpfen damit, dass sie immer kleiner werden, mehr Gemeindemitglieder sterben als neue nachkommen, immer mehr treten aus der Kirche aus und hier ziehen auch einige wegen zu kleiner Wohnungen weg.
Aber in diese vielen kleinen Wohnungen, Hochhäuser sind Menschen mit Migrationshintergrund gezogen. Immer mehr. Sodass die frühere Gemeinde, die immer mehr schwand, einer immer größeren Bevölkerung mit muslimischem Hintergrund Platz machen musste. Und jetzt sind über die Hälfte der Menschen meiner ehemaligen Gemeinde Muslime. Dass sie gerne ein würdiges Gotteshaus haben wollten, das habe ich Ihnen von Herzen gegönnt.“
So sieht es aus in Deutschland und Europa. Und ein Vakuum wird eben immer gefüllt. So schreibt auch die WAZ im Februar dieses Jahres: „1500 Kirchen überflüssig: Wie Gemeinden sie retten können“
Jede Dritte der 6000 Kirchen in Nordrhein-Westfalen wird in den nächsten Jahren nicht mehr gebraucht. Schuld ist die Kinderlosigkeit und die allgemeine Abkehr von der Kirche. Um die Gotteshäuser nicht verkommen zu lassen, werden sie zu Begegnungsstätten, Theaterwerkstätten, Turnhallen. Die Bürger fühlen sich unwohl dabei, aber sie sind froh, wenn das Gotteshaus irgendwie anders sinnvoll genutzt wird, aber ein ungutes Gefühl bleibt. Man hat ein unterschwellig schlechtes Gewissen, dass die Gotteshäuser leer bleiben und reihenweise „entwidmet“ werden.
„Kirchenschließungen weckten bei vielen Menschen Angst und Emotion. Der frühere Geschäftsführer der „Landesinitiative „Stadtbaukultur“, Tim Rienits, sagte: „Kein anderer Baubestand bildet unsere Kulturgeschichte so ab.“ Vor allem aber: Sie zu schließen und eventuell abzureißen, lässt unter Menschen „Angst aufkommen, dass etwas aufgegeben wird, was sie gehalten hat und was Heimat war“, sagt Thomas Weckelmann, der Leiter des Evangelischen Büros NRW. Menschen haben dort geheiratet, Sohn und Tochter getauft, Mutter und Vater betrauert: Ein Kirchenschiff hat Gefühle geladen.“
Man versucht nun, die Kirchen zu erhalten. Die Landesregierungen, Architekten- und Bauingenieurskammern wollen mit der „Landesinitiative Stadtbaukultur“ neue Konzepte entwickeln. Sie stellen die entsprechenden Projekte auf der Webseite Zukunft-Kirchen-Räume vor. Schöne Bibliotheken, Museumsräume, eine Turnhalle. In Bochum wurde aus der Kirche St. Marien eine Konzerthalle, eine andere Bochumer Kirche, die Friedenskirche, ist jetzt ein Gemeindezentrum, Die Bielefelder Paul-Gerhardt-Kirche ist heute die Synagoge „Beit Tikwa“. Die Essener Neue Pauluskirche wurde 2015 als Senioren-Wohneinrichtung und Pflegeheim wiedereröffnet.
Noch sind es erst vier Kirchen in Deutschland, die zu Moscheen geworden sind. Man sollte sich aber einmal die Liste der in Moscheen umgewandelten Kirchen auf Wikipedia ansehen, besonders die ellenlange in der Türkei. Hier braucht es keine Erklärungen mehr.
Berühmtestes Beispiel ist die Hagia Sophia (die „Heilige Weisheit“). Hier ist ein kleiner Ausflug in die Geschichte angebracht. Unsere Leser erkennen sicherlich eventuelle Parallelen und wissen die entsprechende, geistige Transferleistung zu erbringen:
Die Hagia Sophia steht in Istanbul. Die Stadt hieß früher Konstantinopel.
Konstantinopel ist das älteste, christliche Zentrum der Welt. Ca. 660 vor Christus von griechischen Siedlern (Dorern) gegründet hieß sie „Byzantion“ (Byzanz). Der römische Kaiser und arianische Christ Konstantin machte sie 330 n. Chr. zu seiner Hauptstadt, da war Byzanz schon 1000 Jahre alt. Nach seinem Tode 337 wurde die Stadt ihm zu Ehren Konstantinopel genannt. Sie galt als uneinnehmbar und überstand viele Belagerungen und Kriege. Sie blieb unbesiegt (mit einer kurzen Unterbrechung im Vierten Kreuzzug) und war die christliche Hauptstadt des oströmischen Reiches, bis zur Eroberung durch die Osmanen 1453.
Die damalige „westliche Welt“ erkannte genauso wenig wie heute, dass ihre Kultur, Religion, ja, ihre Weiterexistenz durch einen aggressiv expandierenden Islam bedroht war. Konstantinopel war in beklagenswertem Zustand. Die einst stolze Stadt war verarmt und nur noch dünn bevölkert, weil sie längst von islamischen Truppen eingekreist, das Umland besetzt, die Stadt nur auf dem Wasserweg erreichbar war. Der alte Sultan Murad war friedfertig und ließ die Stadt in Ruhe, doch sein 19jähriger Sohn Mohammed (Mehmet) war ein Christenhasser und setzte sich nach Murads Tod das Ziel, Konstantinopel zu erobern.
Alle Bemühungen des damaligen europäischen Kaisers Johannes VIII, Westeuropa vor der „Türkengefahr“ zu warnen, wurden ignoriert. Als die Belagerung begann, bat Kaiser Konstantin XI. von Konstantinopel Europa um Hilfe. Es kamen 700 Mann. 7000 Verteidiger standen gegen 150.000 Eroberer. Konstantinopel wurde durch die Dummheit und Sorglosigkeit Europas verloren. Die Türken rückten immer weiter vor, bis sie vor Wien standen. Ein verzweifelter Abwehrkampf unter Aufbietung aller Kräfte rettete Europa unter großen Opfern davor, überrannt zu werden.
Der Beginn des neuen, osmanisch-islamischen Zeitalters mit all seinen Veränderungen kulminierte im geschichtlichen Moment der Umwidmung und Umgestaltung der großen Hauptkirche des Christentums in Konstantinopel, der Hagia Sophia, zu einer Moschee. Die Hagia Sophia wurde zum Zentralheiligtum, zur Hauptmoschee der Osmanen. Sie wurde zum Symbol des Sieges über die Christenheit. Der Mittelpunkt der Welt der Christen war in muslimischer Hand. Die Umwandlung zur Moschee ist für den Islam ein so bedeutungsvoller Sieg, dass die bauliche Gestaltung der Moscheen sich seitdem an dem wuchtigen Kuppelbau der Hagia Sophia mit den schlanken, hohen Eck-Minaretten orientiert.
Die Geschichte lehrt uns, dass der Mensch aus der Geschichte nichts lernt. Und so wiederholt sie sich, weil die gleichen Fehler immer wieder begangen werden. Hier sollte man den Gastbeitrag von Giulio Meotti lesen. Wieder setzt der Islam an, eine große, alte, mit hohem Symbolgehalt gefüllte christliche Kathedrale zu islamisieren: Die Cathedrale von Córdoba. Für die Muslime ist Córdoba das „verlorene Kalifat“ der Omajaden in Spanien. Die Bestrebungen, diese Kathedrale für den Islam zu übernehmen, sind unübersehbar. Es wird zur islamischen „Reconquista der Moschee von Córdoba“ geblasen.
„Im Jahre 550 war die Kathedrale von Córdoba eine christliche Basilika, dann wurde sie 714 von den Muslimen besetzt, die sie zerstörten und während der Herrschaft des Kalifen Abd al Rahman I. in die Große Moschee von Córdoba umwandelten. Der Ort wurde 1523 von König Ferdinand III. zum katholischen Glauben zurückgebracht und wurde die aktuelle, große Kathedrale von Córdoba, einer der bedeutendsten Orte des westlichen Christentums. Jetzt versucht eine Allianz von Säkularisten und Islamisten, die Kirche wieder zum islamischen Glauben zu bringen.“
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