„Bis wehn wird der Tag und die Schatten flüchten will ich gehen hin zum Myrrhenberg und zum Weihrauchhügel“. (Das Hohelied)
(von Vera Wagner)
Die „Heiligen Drei Könige“ brachten dem neugeborenen Jesuskind neben Gold die beiden kostbarsten Wohlgerüche des Orients: Weihrauch und Myrrhe. Lange Zeit war es ein Rätsel, woher genau das Weihrauchharz eigentlich stammte. Hauptanbaugebiet in der Antike war wohl vor allem die omanische Region Dhofar, die Grenzregion zum heutigen Jemen. Hier hatte auch die legendäre Weihrauchstraße ihren Ausgangspunkt. Die Weihrauchbäume wurden der Legende nach von fliegenden Schlangen bewohnt, bewacht und beschützt. Sie hatten Flügel in allen leuchtenden Farben. Wenn sich jemand unerlaubt dem Baum näherte, kamen sie herausgeflogen, spuckten Feuer und Blitze. Es hieß auch, sie würden einen Gifthauch verbreiten, um den Baum vor Übererntung zu schützen. Weihrauch war in der Antike geschätzt als desinfizierendes und entzündungs-hemmendes Heilmittel. In den Tempeln fast aller Religionen galt das Räucherharz als wertvolle Opfergabe.
Fast ebenso begehrt war die Myrrhe. Sie war Bestandteil des heiligen Salböls. „Und der HERR redete mit Mose und sprach: nimm dir die beste Spezerei: die edelste Myrrhe, fünfhundert Lot (1 Lot = 1/32 Pfund), und Zimt, die Hälfte davon zweihundertundfünfzig, und Kalmus, auch zweihundertundfünfzig Lot, und Kassia, fünfhundert nach dem Gewicht des Heiligtums und eine Kanne Olivenöl. Und mache daraus ein heiliges Salböl nach der Kunst des Salbenbereiters.“
Myrrhe diente als Betäubungsmittel – der Jesus vor seiner Kreuzigung angebotene Myrrhe-Wein war ein Betäubungsmittel. (Nach neuesten Erkenntnissen enthält die Myrrhe zwei Substanzen, die ähnlich wie Opiate wirken.) Myrrhe diente bei der Einbalsamierung der Vorbereitung des toten Körpers auf die Ewigkeit. Und Myrrhe galt als Aphrodisiakum. Die Frauen räucherten damit ihre Kleider ein, vor der Hochzeitsnacht wurde das Bettlaken mit ein paar Tropfen Myrrhenöl aromatisiert. Über die Wirkung der geräucherten Myrrhe schrieb Plutarch: „Wegen ihres angenehmen, erfrischenden Dampfes wird nicht allein die Luft verändert, der durch sie erschütterte Körper wird auch zum Genusse des Schlafes geschickt gemacht. Die Sorgen, welche den Tag über bedrücken, werden zerstreut, ja auch die Einbildungskraft wird gleich einem Spiegel geglättet.“
Weihrauch, Myrrhe, Duftstoffe und unermesslich viel Gold hatte 1.500 Jahre vor Christi Geburt auch die Königin von Saba im Gepäck, als sie den weisen König Salomon besuchte — so steht es im Alten Testament. Die Sarabäer lebten nach alter Überlieferung im „Glücklichen Arabien“ – Arabia felix. Glücklich, weil dort die wertvollsten Pflanzen für die hochbegehrten exotischen Räucherstoffe heimisch waren: Weihrauch, Myrrhe, Zimt, Labdanum, Styrax. So schildert der Historiker Diodoros Siculus das Reich von Saba: „Die Sabäer wohnen im Glücklichen Arabien, haben zahmes Vieh in unermesslicher Menge, haben so viel Balsam, Kassia, Weihrauch und Myrrhen, Palmen, Kalmus, Zimt und andere wohlriechende Gewächse, dass das ganze Land von ihnen mit wahrhaft göttlichem Wohlgeruch überzogen ist, den selbst die Seefahrer aus beträchtlicher Entfernung bemerken, denen es dann zu Mute ist, als röchen sie die fabelhafte Ambrosia.“
Laut Koran gehörte das Volk von Saba zu den Ungläubigen, die die Sonne anbeten und den Dschinn ergeben sind. Tatsächlich wurde die Sonne verehrt, aber auch die Mondgöttin hatte einen eigenen Tempel.
Für Rudolf Steiner waren die „Heiligen Drei Könige“ in einer früheren Inkarnation Schüler Zarathustras gewesen und folgten ihrem Meister, der als Jesus zu Bethlehem wiedergeboren wurde. Über Weihrauch schrieb der Anthroposoph: „Sehr gute Wesenheiten wohnen im Weihrauch; sie ziehen uns direkt in die Höhe zu Gott.“ Auf Steiner geht ein Präparat zurück, das bis heute in der biologisch-dynamischen Landwirtschaft am Drei-Königs-Tag eingesetzt wird, um die Grenzen des Grundstücks energetisch zu schützen Es besteht aus Weihrauch, Myrrhe und Gold. Das Rezept hat mir der Leiter einer Waldorf-Schule gegeben, der dieses Ritual alljährlich auf dem Schulgelände praktiziert: Weihrauch, Myrrhe und Gold (Blattgold) werden gemörsert und in einem Eimer Wasser dynamisiert. Dazu wird Wasser genommen, das in den Raunächten (25. Dezember bis 6. Januar) jeden Tag in der Dämmerung jeweils eine Stunde gerührt wird. Am Nachmittag des 6. Januar geht man die Grenzen des Grundstücks ab und bleibt alle 50 Meter stehen, um das Präparat in Richtung Nachbargrundstück zu sprühen.
Vera Wagner www.weihrauchplus.de
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