Filephoto: Demonstrierende Muslime - By: By Dying Regime from Maldives - Protest calling for Sharia in Maldives, CC BY 2.0, Link

Frank­reich, die “auf­kei­mende Isla­mische Republik”

“Fünf Jahre nach den Morden im Charlie Hebdo und im Hyper Cacher hat Frank­reich gelernt, mit der isla­mis­ti­schen Bedrohung zu leben”, schrieb Yves Thréard, stell­ver­tre­tender Redakteur der Tages­zeitung Le Figaro.

(von Giulio Meotti)

“Kein Monat vergeht… ohne dass ein mör­de­ri­scher Angriff mit dem Schrei ‘Allahu Akbar’ auf unserem Boden statt­findet… Aber was bringt es, die Aus­wir­kungen des Isla­mismus zu bekämpfen, wenn wir nicht die Ursprünge dieser Todes­ideo­logie bekämpfen? An dieser Front jedoch kon­kur­riert die Ver­leugnung wei­terhin mit der Nai­vität. In den letzten fünf Jahren hat sich nichts geändert. Ganz im Gegenteil.

“Im Namen der Vielfalt, der Nicht-Dis­kri­mi­nierung und der Men­schen­rechte hat Frank­reich einige Schläge gegen seine Kultur und Geschichte ein­ge­steckt… Die Isla­misten sind ein heißes Eisen. Sie setzen den Kampf fort, der auch ohne Waffen den Reiz eines Krieges der Zivi­li­sa­tionen hat. Ist der berühmte ‘Charlie-Geist’, von dem einige Leute dachten, er weht nach den Anschlägen vom Januar 2015, nur eine Illusion?”

Frank­reich feiert den fünften Jah­restag des töd­lichen Dschihad-Angriffs auf die sati­rische Zeit­schrift Charlie Hebdo, der am 7. Januar 2015 stattfand. Im ver­gan­genen Monat warnte die fran­zö­sische Sena­torin Nathalie Goulet, dass weitere Angriffe wahr­scheinlich sind. “In Frank­reich haben wir ein ernstes Problem und wir müssen mehr tun, um Extre­misten am Handeln zu hindern. So wie es aus­sieht, wird es weitere Anschläge geben”, sagte Goulet.

Es wird ver­mutet, dass es 12.000 radikale Isla­misten auf der fran­zö­si­schen Ter­ror­be­ob­ach­tungs­liste gibt, “aber nur ein Dutzend davon sollen rund um die Uhr über­wacht werden”.

Diese Woche war von einer neuen Serie isla­mis­ti­scher Ter­ror­an­schläge geprägt: Die Polizei ver­letzte einen Messer schwin­genden Mann auf einer Straße in der nord­öst­lichen Stadt Metz, zwei Tage nachdem ein mut­maß­licher radi­kaler Islamist im Pariser Vorort Vil­lejuif einen Mann erstochen hatte, eine Tat, die die Staats­an­walt­schaft als Ter­ror­an­schlag behandelt. Bei beiden Vor­fällen riefen die Angreifer “Allahu Akbar”. Diese Art von Anschlag wurde diese Woche in einem Leit­ar­tikel in Le Figaro als “nor­maler Dschihad” bezeichnet.

Am 7. Januar 2015 fielen die Kari­ka­tu­risten und Jour­na­listen Cabu, Charb, Honoré, Tignous und Wolinski, die Psy­cho­ana­ly­ti­kerin Elsa Cayat, der Wirt­schafts­wis­sen­schaftler Bernard Maris und der Polizist Franck Brinsolaro unter den Kugeln der Dschihad-Brüder Chérif und Saïd Kouachi. Charlie Hebdos Jubi­lä­ums­ausgabe 2020 gedachte des Mas­sakers und prü­gelte die “neuen Gurus des mono­li­thi­schen Denkens”, die ver­suchen, eine poli­tisch kor­rekte Zensur durchzusetzen.

Der Aus­bruch der Empörung des fran­zö­si­schen Volkes, das sich am 11. Januar 2015 in Paris zu einer Mas­sen­de­mons­tration ver­sam­melte, reichte nicht aus, um den Wider­stands­geist der fran­zö­si­schen Führer und Eliten gegen den Isla­mismus und seine Kol­la­bo­ra­teure zu wecken. “Die Ernst­haf­tigkeit der isla­mis­ti­schen poli­ti­schen Tat­sache in Frank­reich wird stark unter­schätzt”, sagt der Anwalt Thi­bault de Mont­brial, Prä­sident von Frank­reichs Zentrum für Studien der inneren Sicherheit.

In einem Land, das früher für die Mei­nungs­freiheit stand, ist Selbst­zensur in vollem Gange. “Für die Humo­risten in Frank­reich ist es immer leicht, sich über den Papst und die Katho­liken lustig zu machen, es ist immer leicht, sich über die Juden lustig zu machen, es ist immer leicht, sich über die Pro­tes­tanten lustig zu machen”, gesteht der lang­jährige Charlie-Hebdo-Kolumnist Patrick Pelloux. Beim Islam ist es jedoch nicht leicht. “Wir finden, dass diese Religion beängs­tigend ist. Das Wort Islam ist beängs­tigend, und in der Folge haben die Ter­ro­risten gewonnen.” Die Unter­werfung gewinnt.

Während die fran­zö­si­schen Gefäng­nisse zu einem Nähr­boden für Dschi­ha­disten geworden sind, schreitet die Isla­mi­sierung der Vor­städte, der Ban­lieues, mit voller Kraft voran. Die Wochen­zeitung Le Point widmete kürzlich eine Titel­ge­schichte den “von den Isla­misten eroberten Gebieten”. In vielen dieser Gebiete wütet die Gewalt; 1.500 Autos wurden dort in der Sil­ves­ter­nacht abge­fa­ckelt. In dem kürzlich erschie­nenen Buch “Les ter­ri­toires conquis de l’is­la­misme” (“Die vom Isla­mismus eroberten Gebiete”) von Bernard Rougier, Pro­fessor an der Uni­ver­sität Sor­bonne-Nou­velle und Direktor des Zen­trums für Ara­bische und Ori­en­ta­lische Studien, erklärt er, dass der Isla­mismus ein “hege­mo­niales Projekt” sei, das die Arbei­ter­viertel zer­splittert. Diese “Öko­systeme” arbei­teten an einer “Bruch­logik” der fran­zö­si­schen Gesell­schaft, ihrer Werte und Insti­tu­tionen und seien auf Moscheen, Buch­läden, Sport­clubs und Halal-Restau­rants aufgebaut.

Hugo Micheron, ein For­scher an der Ecole Normale Supé­rieure, ver­mutete, dass sich die Dschi­ha­disten in “ter­ri­to­rialer und gemein­schaft­licher Iso­lation” wohl fühlen. “Heute”, so der Prä­sident des Conseil supé­rieur des pro­grammes des Bil­dungs­mi­nis­te­riums, Souâd Ayada, “ist die Sicht­barkeit des Islam in Frank­reich durch den Schleier und den Dschihad gesättigt”.

Während isla­mis­tische Pre­diger und Rekru­tierer auf der Straße unterwegs sind und die schwachen Geister suchen, die die Front­linie ihres hei­ligen Krieges bilden werden, bildet der poli­tische Islam auch Wahl­listen in Frank­reichs Vor­städten. Der fran­zö­sische Prä­sident Emmanuel Macron hat sich gegen ein Verbot dieser poli­ti­schen Gruppen aus­ge­sprochen. “Frank­reich ist eine auf­stre­bende isla­mische Republik”, stellte der alge­rische Schrift­steller Boualem Sansal fest. In diesen “Ter­ri­torien”, sagte er, leben viele der Ter­ro­risten, die Frank­reich angreifen, von den Kouachi-Brüdern von Charlie Hebdo bis zu den Dschi­ha­disten, die im Bataclan zahl­reiche Men­schen ermordet haben.

Zwei Bevöl­ke­rungs­gruppen, die “neben­ein­ander” leben, würden sich bald “von Ange­sicht zu Ange­sicht” wie­der­finden, sagte Gérard Collomb, ein ehe­ma­liger Innen­mi­nister. Er hatte Recht. Auch Isla­misten sind in öffent­lichen Ein­rich­tungen untergebracht.

Die Isla­misten haben außerdem Dut­zende von fran­zö­si­schen Sol­daten und ehe­ma­ligen Diens­te­mit­ar­beitern rekru­tiert, die zum Islam kon­ver­tiert sind. Viele kommen aus Kom­man­do­ein­heiten und haben Erfahrung im Umgang mit Waffen und Spreng­stoff. Frank­reich ver­wandelt sich in eine “Gesell­schaft der Wach­samkeit” in seinem Kampf gegen die “Hydra” der isla­mis­ti­schen Militanz, wie Macron sagte.

In den fünf Jahren seit dem Mas­saker von Charlie Hebdo, das die Mei­nungs­freiheit zum Ziel hatte, konnten Isla­misten Gräu­el­taten an Zielen wie einem Priester in einer katho­li­schen Kirche in Rouen, einem natio­nalen welt­lichen Fei­ertag (dem Angriff auf die Bas­tille in Nizza), jüdi­schen Gemeinden (von Paris bis Tou­louse) und ein­fachen Men­schen begehen. Im ver­gan­genen Oktober schlug ein Islamist in einem der sichersten Gebäude Frank­reichs zu: dem monu­men­talen Pariser Poli­zei­prä­sidium in der Nähe der Kathe­drale Notre Dame, wo er vier seiner Kol­legen ermordete. “Dies ist ein wich­tiger Wen­de­punkt im isla­mis­ti­schen Ter­ro­rismus”, sagte Gilles Kepel, ein Experte für den Nahen Osten und den Dschihadismus.

“Es ist schwer zu glauben, dass die Polizei, auf die wir uns zu unserem Schutz ver­lassen und die unser letzter Schutzwall gegen den Ter­ro­rismus sein soll, selbst Opfer des Ter­ro­rismus sein kann, mit auf­ge­schlitzten Kehlen im Aller­hei­ligsten der Polizeipräfektur”.

Nach dem Angriff wurden sieben Poli­zisten, die “der Radi­ka­li­sierung ver­dächtigt wurden”, ihre Waffen beschlag­nahmt.

“Ich habe den Ein­druck, dass unsere Immun­abwehr zusam­men­ge­brochen ist und der Isla­mismus gewinnt”, sagt der fran­zö­sische Schrift­steller Pascal Bruckner.

“Seine Haupt­for­de­rungen sind erfüllt: Niemand wagt mehr, Kari­ka­turen von Mohammed zu ver­öf­fent­lichen. Die Selbst­zensur setzt sich durch… Der Hass richtet sich eher gegen die­je­nigen, die sich gegen die Ver­schleierung von Infor­ma­tionen wehren, als gegen die­je­nigen, die sie ver­decken. Ganz zu schweigen von der Psych­ia­tri­sierung des Ter­ro­rismus, um den Islam besser zu ent­lasten. Hätte man uns Anfang der 2000er Jahre gesagt, dass im Jahr 2020 etwa 20 fran­zö­sische Kari­ka­tu­risten und Intel­lek­tuelle unter Poli­zei­schutz stehen würden, hätte uns das niemand geglaubt. Die Schwelle der Knecht­schaft ist gestiegen.”

Fünf Jahre nach den ter­ro­ris­ti­schen Morden bei Charlie Hebdo ist die Rede­freiheit in Frank­reich weniger frei. “Niemand würde heute die Kari­ka­turen Mohammeds ver­öf­fent­lichen”, sagte Philippe Val, der ehe­malige Her­aus­geber von Charlie Hebdo, vor kurzem.

“Seit fünf Jahren gehe ich jeden Monat oder so zur Poli­zei­wache, um Mord­dro­hungen, nicht Belei­di­gungen, sondern Todes­dro­hungen anzu­zeigen”, sagt Marika Bret, heute Jour­na­listin bei Charlie Hebdo.

In Paris gab es fünf Jahre nach den Morden bei Charlie Hebdo einen großen Marsch, um nicht gegen den Ter­ro­rismus, sondern gegen die “Isla­mo­phobie” zu pro­tes­tieren. “Vol­taire ver­blasst vor Mohammed, und die Auf­klärung vor der Unter­werfung”, schrieb der Autor Éric Zemmour. Und Katar finan­ziert immer noch pro­blemlos den Bau fran­zö­si­scher Moscheen.

Im Jahr 2017, zwei Jahre nach der Ermordung von Juden bei einem Ter­ror­an­schlag in einem koscheren Super­markt in Paris, wurde eine Jüdin, Sarah Halimi, in ihrer Pariser Wohnung von ihrem Nachbarn Kobili Traoré, der “Allahu Akbar” schrie, gefoltert und ermordet. Ein Beru­fungs­ge­richt ent­schied kürzlich, dass Traoré, weil er Can­nabis geraucht hatte, für seine Hand­lungen “nicht kri­minell ver­ant­wortlich” sei. Wie Frank­reichs Ober­rab­biner Haim Korsia sagte, ist das eine “Lizenz zum Töten von Juden”.

“Anti­se­mi­tismus ist heute so eklatant, dass es schwierig wäre, ihn zu ver­bergen, ohne ins Lächer­liche zu fallen”, sagte der His­to­riker Georges Ben­soussan. “Was tabu ist, sind die Anti­se­miten” — das heißt, dass es heute in Frank­reich tabu ist zu sagen, dass der Isla­mismus die wich­tigste Quelle des Anti­se­mi­tismus ist.

Eine Woche nach dem Ter­ror­an­schlag auf Charlie Hebdo, bei dem neun seiner Mit­ar­beiter getötet und vier weitere ver­letzt wurden, ver­öf­fent­lichte die Zeit­schrift ein Cover, auf dem der Prophet des Islam mit einer Träne auf der Wange abge­bildet war und auf dem er sagte: “Tout est Par­donné” (“Alles ist ver­geben”). Fünf Jahre später scheint tat­sächlich alles ver­geben worden zu sein. Viele sagten damals stolz: “Ich bin Charlie”. Die meisten bewiesen, dass sie es nicht waren.

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Giulio Meotti, Kul­tur­re­daktor für Il Foglio, ist ein ita­lie­ni­scher Jour­nalist und Autor.


Quelle: gatestoneinstitute.org