Querdenken-Demo Leipzig, Wikimedia Commons, RoyZuo, Bildlizenz: CC BY-SA 4.0

Fak­ten­freie Dis­kri­mi­nierung: Thü­ringens Innen­mi­nister Maier ver­dächtigt ein Drittel der „Quer­denker“ des Rechtsextremismus

Es wird ein neues Feindbild auf­gebaut im Staate. Der neue Feind heißt „Quer­denker-Demons­tranten“, und sie sind nach dem Dafür­halten des Thü­ringer Innen­mi­nisters Georg Maier zu einem Drittel rechts­extrem. Woher der Herr Maier diese Daten haben will, bleibt unbe­kannt. Eine Studie kommt aller­dings zu einem ganz anderen Ergebnis. Aber Fakten scheinen in der „Coro­na­krise“ sowieso nur noch dritt­rangig zu sein. Längst funk­tio­nieren (fast) weltweit Politik und Medien nach Struk­turen, die einen Geschichts­be­wan­derten fatal an die Zeit der Inqui­sition und Hexen­ver­folgung erinnern. Fakten sind des Teufels, wer mit Ver­nunft argu­men­tiert, ist ein Häre­tiker und wenn gar eine schwarze Katze zugegen war, ist der Hexen­prozess schon ent­schieden: Scheiterhaufen.

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Die Studie wurde von dem Basler Sozio­logen Oliver Nachtwey und zwei seiner Kol­legen durch­ge­führt. Sie gilt als „nicht reprä­sen­tativ“, weil sie unter 1.150 Telegram-Benutzern mittels eines Fra­ge­bogens erhoben wurde. Wenn es zutrifft, was Telegram nach­gesagt wird, dass dort sehr viele posten, die vor der Zensur nach Telegram abge­wandert sind, dann dürfte das Ergebnis sogar noch „unter­trieben“ sein. Denn linke und extrem linke Äuße­rungen werden in der Regel nicht zen­siert, genauso wenig wie Gewalt­ver­herr­li­chung, wenn sie von Nicht-Deut­schen oder Extrem Linken ausgeht. Die Antifa kann meistens unge­hindert auf den sozialen Medien zur Gewalt auf­rufen und auch Anstiftung zum Poli­zisten-Meu­chelmord wird nicht weg­zen­siert, wenn die Rich­tigen das posten. Wer also vor der Zensur zu Telegram flieht, ist nach Ein­schätzung der Poli­tiker und der Medien ent­weder „räääächts“ oder „Coro­na­leugner“. So offenbar das holz­schnitt­artige Weltbild des Thü­ringer Innenministers.

Die Wis­sen­schaftler um Oliver Nachtwey wer­teten 1.150 Fra­ge­bögen aus, die sie an Mit­glieder dieser Gruppen ver­sandt hatten. Die Zeit schreibt hierzu:

„Sozi­al­struk­turell handele es sich um eine relativ alte und relativ aka­de­mische Bewegung. Das Durch­schnitts­alter betrage 47 Jahre, 31 Prozent hätten Abitur, 34 Prozent einen Stu­di­en­ab­schluss, der Anteil Selbst­stän­diger sei deutlich höher als in der Gesamtbevölkerung.

‚Bei der letzten Bun­des­tagswahl haben nach unserer Befragung 21 Prozent die Grünen und 17 Prozent die Linke gewählt. Der AfD haben 14 Prozent ihre Stimme gegeben. Bei der nächsten Bun­des­tagswahl wollen nun aber 30 Prozent der AfD ihre Stimme geben‘, sagte Nachtwey. Cha­rak­te­ris­tisch für die neue Bewegung sei eine Ent­fremdung von den Insti­tu­tionen des poli­ti­schen Systems, den eta­blierten Medien und den alten Volks­par­teien. ‚Es ist eine Bewegung, die mehr von links kommt, aber stärker nach rechts geht, sie ist jedoch enorm widersprüchlich.‘“

Das bedeutet, selbst auf dem (angeblich) rechts­las­tigen Telegram tummeln sich 38 Prozent der Dis­ku­tanten und Kri­tiker der Corona-Maß­nahmen aus dem poli­tisch links­grünen Spektrum. Weitere 30 Prozent wollen bei der nächsten Bun­des­tagswahl AfD wählen. Das sollte in Berlin die Alarm­an­lagen schrillen lassen.

Das Ergebnis ist umso glaub­hafter, als Herr Nachtwey nicht der Sym­pathie für die Demons­tranten ver­dächtig ist, denn er barmt um die Covid-19 Impfung: „Die For­scher um Nachtwey befürchten, dass sich aus der Bewegung, die derzeit die poli­ti­schen Corona-Maß­nahmen kri­ti­siere, in den nächsten Monaten eine impf­kri­tische Bewegung ent­wi­ckeln könnte. Für viele „Quer­denker“, die die Gefahren von SARS-CoV‑2 leugnen, sei …

„ein aus­ge­spro­chener Hang zur Natur­ro­mantik cha­rak­te­ris­tisch: So ver­trauen 41 der Befragten ihren ‚Gefühlen mehr als Insti­tu­tionen und Experten‘, stark aus­ge­prägt sei der Wunsch, Schul­me­dizin und alter­native Heil­me­thoden gleich zu behandeln, typisch sei auch der Glaube an die Selbst­hei­lungs­kräfte des Körpers und das Ver­langen nach ‚spi­ri­tu­ellem Denken‘. Die For­scher befürchten, dass sich aus der Bewegung, die derzeit die poli­ti­schen Maß­nahmen zur Ein­dämmung der Pan­demie kri­ti­siert, in den nächsten Monaten eine wort­mächtige impf­kri­tische Bewegung ent­wi­ckeln könnte.“ 

Es lässt sich schon absehen, was jetzt folgt. Da Innen­mi­nister Georg Maier sowieso Impf­gegner als Rechts­extre­misten ein­stuft, wird sicher bald der Ver­fas­sungs­schutz auf diese Leute ange­setzt werden müssen. Dass die Quer­denker bei­leibe nicht alle Impf­gegner und Ver­fas­sungs­feinde sind, sondern ihr Protest sich ja gerade aus der dau­ernden Ver­ge­wal­tigung unserer Ver­fassung ergibt, inter­es­siert nicht weiter. Auch, dass gerade solche Demons­tranten, die das Grund­gesetz in der Hand hatten und dies den Poli­zisten friedlich und gewaltfrei ent­ge­gen­hielten, besonders hart ange­fasst wurden, ent­behrt nicht einer gewissen, tief­schwarzen Komik. Genau die, die sich auf das Grund­gesetz berufen, sollen als „Ver­fas­sungs­feinde“ vom Ver­fas­sungs­schutz beob­achtet werden.

Michael van Laack schreibt dazu auf Phi­lo­sophia Perennis:
„Schalte die intel­lek­tu­ellen Führer ab, dann hast Du Ruhe. Was das Netz­werk­durch­set­zungs­gesetz im vir­tu­ellen Raum ver­sucht – die Abschaltung der oppo­si­tio­nellen Intel­lek­tu­ellen – soll nach Maiers Vor­stellung in Zukunft immer dann geschehen, wenn sich Bewe­gungen gegen die Politik der Regierung bilden. Denn Oppo­sition ist in großen Teilen rechts­extrem. Ich bin von Tag um Tag mehr gespannt, was die Innen­mi­nister am 9. Dezember auf ihrer Kon­ferenz so alles beschließen werden.“

Es geht also um die Kri­mi­na­li­sierung von Bür­ger­kritik und Bür­ger­wi­der­stand. Denn die bisher gern vor­ge­tragene „Covidioten-Theorie“ von „bil­dungs­fernen Schichten“, die da im dumpf-rechten Wahn auf der Straße ran­da­lieren, Hoo­ligans und Reichs­bürger, dumm wie Brot und gewalt­affin könnte kaum unzu­tref­fender sein. Die Studie auf Telegram dürfte dem dummen Vor­urteil den Boden ent­zogen haben. Es handelt sich um eine intel­lek­tuell eher hoch­ste­hende, aber auch sehr hete­rogene Bewegung. Die Pro­tes­tie­renden sind überdies auch aus­ge­sprochen kom­mu­ni­kativ und können über­zeu­gende Argu­mente vor­tragen. Sie wenden sich vor allem auch nicht in „dumpfer Unbe­lehr­barkeit“ gegen Experten, sondern sie wenden sich gerade an Experten auf dem Gebiet der Viro­logie, Infek­tio­logie, Epi­de­mio­logie und Bio­chemie. Sie können eben auch Argu­mente gewichten und kennen selber Fach­leute, die sie befragen. Es fällt ihnen auf, was an Wider­sin­nig­keiten und unlo­gi­scher Willkür geschieht.

So wird auch der gerade hoch­ko­chende Skandal des feh­lerhaft zusam­men­ge­na­gelten Drosten-PCR-Papiers sehr schnell sehr weite Kreise ziehen. Wenn das Peer-Review Papier der hoch­re­nom­mierten, wis­sen­schaft­lichen Kri­tiker des unbrauch­baren Drosten-PCR-Tests breit bekannt wird, dürfte es schwierig werden für die Politik und Herrn Dr. Drosten. Das hat mit dem von der Politik ver­brei­teten Bild der dumm-dumpfen, rechten Coro­na­leugner-Hoo­ligans sehr wenig zu tun.