Der ewige Mas­kenball: Mit­nahme von Masken im Erste-Hilfe-Koffer soll Pflicht werden

Jetzt ist es sicher: Mit der nächsten Änderung der Stra­ßen­ver­kehrs­zu­las­sungs­ordnung soll die Mit­nahme von Gesichts­masken im Erste-Hilfe-Koffer zur Pflicht werden. Demnach müssen „Fahr­zeug­führer“ auch nach der Corona-Pan­demie, wenn alles vorbei ist, immer ver­pflichtend zwei Mund-Nase-Bede­ckungen im Auto dabei haben. Laut Plan der Regierung werden die Masken ein neuer Bestandteil des ver­pflichtend mit­zu­füh­renden Ver­band­kastens in allen PKWs, LKWs und Bussen. Wann genau die neue Ver­ordnung in Kraft tritt, ist noch nicht klar.

Das Minis­terium will sich aber nicht viel Zeit dafür lassen. Man begrüße eine „schnelle geplante Umsetzung der Nor­men­än­derung“ heißt es. Sehr wahr­scheinlich wird auch ein Bußgeld fällig, wenn bei einer Über­prüfung die ver­hassten „Maul­körbe“ oder, wie der Öster­reicher sagt „Goschen­fetzen“, nicht im Ver­band­kasten ent­halten sind. Bisher waren immer fünf Euro Buße fällig, wenn die Erste-Hilfe-Aus­rüstung im Auto fehlt, unvoll­ständig oder abge­laufen ist. Wir dürfen aber guter Hoffnung sein, dass im Zuge der Mas­ken­pflicht im Ver­band­kasten auch die Buß­gelder weiter hoch­ge­schraubt werden. Unter zehn Euro wird dann nichts gehen.

Auf Anfrage an das Bun­des­ver­kehrs­mi­nis­terium erfuhr die Deutsche Pres­se­agentur (dpa), dass die Pflicht zur Mas­ken­mit­nahme ein Vorstoß des Bun­des­ver­bandes Medi­zin­tech­no­logie gewesen sei.

Dieser Bun­des­verband Medi­zin­tech­no­logie (BVMed) sitzt in Berlin und ist – der eigenen Aus­kunft nach – eine Inter­es­sen­ver­tretung (Lobby) von Industrie- und Han­dels­un­ter­nehmen des Medi­zin­pro­dukte- und Medi­zin­technik-Bereiches.Mit­glieder sind über 230 deutsche und inter­na­tionale Unter­nehmen dieser Sparte mit ins­gesamt über 190.000 Mit­ar­beitern. Im BVMed sind auch die 20 weltweit größten Medi­zin­pro­dukte­her­steller im Ver­brauchs­gü­ter­be­reich organisiert.“

Ei, wie fein, na, so eine Über­ra­schung! Da hat wieder eine Lobby die Politik und Gesetz­gebung zum eigenen Markt­vorteil bestimmt. Das ist anscheinend heute ganz normal. Aber offenbar ist die Ein­fluss­nahme dieses Ver­bandes auf die Politik besonders wir­kungsvoll, ja sogar preisgekrönt:

Im Zuge der (dama­ligen) Gesund­heits­reform sollten Kran­ken­kassen ver­pflichtet werden, die Ver­sorgung mit medi­zi­ni­schen Hilfs­mitteln aus­zu­schreiben, um dann mit dem güns­tigsten Anbieter einen Exklu­siv­vertrag zu schließen. Im Juni 2008, ein halbes Jahr vor Inkraft­treten der geplanten Neu­re­gelung, ging die Initiative „meine Wahl!“ an die Öffent­lichkeit, die sich als „Zusam­men­schluss von Men­schen mit Behin­de­rungen, Selbst­hil­fe­ver­ei­ni­gungen, Hilfs­mit­tel­her­stellern und Ver­sor­gungs­partnern“ ausgab. In der Liste der Unter­stützer war auch der Bun­des­verband Medi­zin­tech­no­logie auf­ge­führt, dem mehr als 200 Her­steller und Händler von Roll­stühlen, Pro­thesen, Inkon­ti­nenz­pro­dukten und ähn­lichen medi­zi­ni­schen Hilfs­mitteln ange­hören. Aller­dings wurde mit keinem Wort erwähnt, dass es sich bei dem Bun­des­verband (Medi­zin­tech­no­logie) um den Initiator und Haupt­fi­nanzier des Akti­ons­bünd­nisses handelte.

Die Lob­by­or­ga­ni­sation der Hilfs­mit­tel­branche hatte die PR-Agentur „Weber Shandwick“ damit beauf­tragt, eine „bun­des­weite Betrof­fenen-Bewegung“ gegen die Kos­ten­dämp­fungs­pläne zu orga­ni­sieren. Die Agentur setzte sich deshalb mit zahl­reichen Selbst­hil­fe­gruppen in Ver­bindung und malte „schwer­wie­gende Belas­tungen“ der Pati­enten und andere negative Kon­se­quenzen der Reform an die Wand. Weil in dem Anschreiben auf die feder­füh­rende Rolle des Wirt­schafts­ver­bandes hin­ge­wiesen wurde, war die Resonanz bei den Pati­en­ten­or­ga­ni­sa­tionen zunächst gering. 

Schließlich gelang es der PR-Agentur Weber Shandwick aber, bran­chennahe Pati­en­ten­or­ga­ni­sa­tionen für die „meine Wahl!“-Kampagne zu gewinnen.

Im Herbst 2010 befasste sich der Deutsche Rat für Public Rela­tions mit dem Vorwurf, bei den von Weber Shandwick insze­nierten Pro­test­ak­tionen handele es sich um eine „Pseu­do­bür­ger­initiative“. Das Gremium der frei­wil­ligen Selbst­kon­trolle der PR-Branche erkannte jedoch kein Fehl­ver­halten. Es habe keine Täu­schung der Öffent­lichkeit gegeben, weil der Name der Agentur im Klein­ge­druckten (im Impressum und bei der Kon­takt­an­schrift von „meine Wahl!“) auf­ge­führt worden sei. Im Oktober 2008 revi­dierte der Bun­destag die geplante Neu­re­gelung und machte die Aus­schreibung von Lie­fer­ver­trägen von einer Soll- zu einer Kann-Bestimmung.

Die Agentur Weber Shandwick brüstet sich auf ihrer Inter­net­seite bis heute mit dem Erfolg der eigenen Lob­by­arbeit. Es sei gelungen, das Akti­ons­bündnis ‚meine Wahl!‘ als „Anwalt der Pati­en­ten­rechte“ zu etablieren.

Für die intrans­pa­rente PR-Kam­pagne ‘meine Wahl!’ wurde der BVMed zusammen mit der PR-Agentur Weber Shandwick für die Lob­by­kratie-Medaille 2011 nomi­niert.

Nun hat der BVMed wieder einen Coup für seine Unter­nehmen gelandet. Alle Fahr­zeug­lenker müssen dem­nächst zwei Masken im Ver­bands­kasten mit sich führen. Laut einem Artikel in Auto Motor Sport “tummeln sich rund 67 Mil­lionen Fahr­zeuge“ auf Deutsch­lands Straßen. Setzen wir mal ganz bescheiden 10 Cent pro Maske an (dafür bekommt man kaum eine), dann sind das 13.400.000 Euro (in Worten Drei­zehn­mil­lionen-vier­hun­dert­tausend Euro), die der Bun­des­bürger für jeweils zwei Masken aus­geben müssten. Das ist doch ein nettes Geschäft, das man sich nicht ent­gehen lässt, nicht wahr?

Inter­essant: Der Geschäfts­führer des BVMed, Dr. Marc-Pierre Möll hat ein Studium der Poli­tik­wis­sen­schaften, Phi­lo­sophie und Sozio­logie absol­viert und pro­mo­vierte zum Dr. phil an der Rhei­ni­schen Friedrich-Wil­helms-Uni­ver­sität zu Bonn. Er ist Lehr­be­auf­tragter an der Rhei­ni­schen Friedrich-Wil­helms-Uni­ver­sität zu Bonn und Lehr­be­auf­tragter an der Hum­boldt-Uni­ver­sität zu Berlin. Und er hat eine wis­sen­schaft­liche Arbeit an der Uni Hei­delberg geschrieben mit dem Titel: „Gesell­schaft und tota­litäre Ordnung — eine theo­rie­ge­schicht­liche Aus­ein­an­der­setzung mit dem Tota­li­ta­rismus

Hübsch, nicht wahr? Zur Erin­nerung: An der Rhei­ni­schen Friedrich-Wil­helms-Uni­ver­sität zu Bonn stu­dierte ein sehr bekannter Herr his­to­ri­scher Bedeutung namens Walter Hall­stein, Mitglied des Rechts­wah­rer­bundes, der Natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Volks­wohl­fahrt, des NS-Luft­schutz­bundes und des NS-Dozen­ten­bundes, dessen Füh­rungs­of­fizier er später wurde. Das hat ihm jedoch nie geschadet. Nach dem Krieg wurde er Rektor der Uni Frankfurt. Einen Posten im baye­ri­schen Wirt­schafts­mi­nis­terium, der ihm von Ludwig Erhard ange­boten wurde, lehnte er ab.

Er war während des Dritten Reiches der stra­te­gische Kopf hinter IG-Farben (Bayer, BASF, Hoechst, u.a.), dem größten Öl- und Phar­ma­kartell IG-Farben. Im Jahr 1942 war die Hälfte der che­mi­schen Industrie Europas unter der Kon­trolle von IG Farben. In der „Denk­schrift über die Ver­ei­nigung der deut­schen Far­ben­fa­briken“ schrieb damals Carl Duisberg voller Begeisterung:

„Aber dennoch sind […] die Vor­teile des Zusam­men­schlusses so gewaltig groß. Ist der gute Wille vor­handen […], die der deut­schen Far­ben­in­dustrie die Welt­herr­schaft für Dez­ennien hinaus sichern würde, der geeignete Weg wird sich schon finden lassen.“ 

Das mit der Welt­herr­schaft, die man mit der NSDAP und der Wehr­macht zusammen erringen wollte, funk­tio­nierte dann doch nicht so richtig. Herrn Walter Hall­stein hat aber auch das nicht geschadet. Hall­stein wurde am 7. Januar 1958 auf einer Außen­mi­nis­ter­kon­ferenz in Paris zum Prä­si­denten der ersten Kom­mission der frisch ent­stan­denen EWG gewählt, die sich heute zur Euro­päi­schen Union auf­ge­bläht hat.

Da ist doch eine theo­rie­ge­schicht­liche Arbeit zur Aus­ein­an­der­setzung mit dem Tota­li­ta­rismus aus der Ecke der Medi­zin­technik geradezu über­fällig, wo zurzeit wieder ein neuer Medizin- und Pharma-Tota­li­ta­rismus im Ent­stehen ist, der unter der Ägide eines Herrn, der eigentlich Com­puter-Software ent­wi­ckelte, zur Corona-Welt-Dik­tatur mutiert.

Die Pharma-Indus­trie­sparte scheint schon immer ein beson­deres Ver­hältnis zu den „Powers to be“ (den aktuell herr­schenden Mächten) gepflegt zu haben und kann offenbar stets ihre Inter­essen durchsetzen.