Die Energiekrise in Deutschland – und hauptsächlich in Deutschland – treibt ganze Familien in die Armut. Wie wir gestern schon berichteten, selbst die magere Energiepreispauschale könnte die Familien, die es am allernötigsten haben, gar nicht erst erreichen. Auf der anderen Seite regen sich Besitzer von Photovoltaikanlagen auf, dass ihre Strom erzeugenden Anlagen ab 70 Prozent Leistung abgeriegelt werden. In dem Ort Sauerlach hat ein Betreiber einer solchen Anlage seinen Ärger und Unverständnis einmal in der Presse kundgetan, interessanterweise wird das sogar in Frankreich berichtet.
Herr Kastenmüller sitzt im oberbayerischen Sauerlach und ist auch sauer. Er hat 90 Solarpaneele auf seinem Hausdach und auf der Garage. Seit 2016 baut er an der Anlage und würde natürlich deren Leistung auch zu 100 Prozent nutzen wollen. Zurzeit bekommt man pro eingespeister Kilowattstunde nur 6,24 Cent. Ab 2023 soll sie auf 8,2 Cent steigen. Aber selbst das kann er nur teilweise erreichen, denn ab 70 Prozent Leistung wird seine Anlage abgeschaltet (Wirkleistungsbegrenzung) und kann nicht mehr einspeisen. Das liegt an dem Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG), das sich aus dem Strom-Einspeisungsgesetz von 1991 entwickelt hat. Heute ist es das Gesetz, das den gesamten Ausbau der Erneuerbaren Energien und die Methoden zur Sicherstellung der Netzstabilität regelt sowie die genannte Einspeisungsvergütung für die Stromerzeuger. Und hier ist auch die Drosselung der PV-Anlagen auf 70 Prozent festgelegt. Damit die Netze nicht überlastet werden.
Herr Kastenmüller versteht die Welt nicht mehr und ging an die Presse: „Überall ist die Rede von Energiekrise, und dann wird meine Anlage abgeschaltet?“ fragt der 72-Jährige empört. „Wir haben Energienot, warum sollen hier 30 Prozent des Stroms einfach verschwinden? Warum nicht so viel Strom produzieren wie möglich? Die Sonne scheint doch sowieso weiter.“
Der Sprecher der Bayernwerk-Netze, Christian Martens, versteht den Zorn des Herrn Kastenmüller. Damit verliert dieser ja auch 30 % seiner möglichen Einspeisevergütung und ja, wir haben eine Energiekrise. Aber: „Wenn wir alle Anlagen auf 100 Prozent hochschrauben würden, gibt es eine Netzüberlastung.“ Das sei, so Herr Martens, weder wirtschaftlich als auch technisch nicht sinnvoll.
Photovoltaik-Anlagen werden also auf 70% der theoretisch möglichen Leistung heruntergeregelt. Sie produzieren also fast ein Drittel weniger Strom, als sie eigentlich könnten. Logischerweise fragt man sich, warum die Abriegelung nötig ist, wieso eine volle Leistung zur Netzüberlastung führen kann und was das an wirtschaftlichem Verlust für die PV-Anlagenbetreiber bedeutet.
Also, die Verluste halten sich in Grenzen. Eine Abriegelung auf 70 Prozent sind nicht gleich 30 Prozent Verlust. Die angegebene Maximalleistung ist eine im Labor an den Paneelen ermittelte Leistung bei idealer Sonneneinstrahlung mittags im direkten 90 Grad Winkel, ohne jegliche Beschattung und bei idealer Temperatur. Doch die jeweils ideale Dachneigung, die Ausrichtung zur Himmelsrichtung, der Lauf der Sonne, die vielleicht zu bestimmten Tageszeiten durch benachbarte Gebäude oder Bäume abgeschattet wird, die Wolkendichte und die Temperatur schmälern die Leistung der Anlage mehr oder weniger stark. Normalerweise sind es nur wenige Tage im Jahr, an denen es zu einer Abriegelung kommt.
Eigentlich erfahren nur die Einspeiser, die eine Anlage in Südrichtung mit nur leichter Dachneigung haben einen spürbaren Verlust von ca. 5 Prozent der Einspeisevergütung. West-Ost-Dächer weisen keinen Ertragsverlust auf.
„Laut einer Studie des Fraunhofer ISE arbeiten 73 Prozent der neu installierten PV-Anlagen ohne Leistungsbegrenzung. Dabei dürfen 66 Prozent der 2019 neu installierten Anlagen gemäß EEG nur maximal 70 Prozent ihrer Leistung ins Netz einspeisen, weil sie über kein fernsteuerbares Einspeisemanagement verfügen. Dieser Anteil ist seit 2014 gewachsen. Die anderen leistungsbegrenzten Anlagen haben sogar Begrenzungen auf 60 bis 50 Prozent, weil sie mit einer Batteriespeicheranlage kombiniert sind.“
Wer sich Frust und Ärger wegen der Wirkleistungsbegrenzung ersparen will, sollte sich zuerst auf den einschlägigen Seiten informieren. Es gibt mehrere Möglichkeiten, seine PV-Anlage zu konfigurieren und verschiedene Verträge mit den Energieunternehmen zur Einspeisung.
Angesichts der gegenwärtigen Entwicklung, der Energieunsicherheit und der ernsthaften Probleme, die auf jeden von uns zukommen, ist es sicher eine gute Idee, sich von den allgemeinen Versorgungsleistungen, wie Stadtgas, Strom, Heizöl, Benzin so unabhängig wie nur irgend möglich zu machen. Da das Geld in einer schon angelaufenen mehr oder weniger brutalen Dauerinflation entwertet wird, ist es am besten in Anschaffungen angelegt, die unabhängig machen oder ihren Wert nicht verlieren, wie beispielsweise Edelmetalle.