Eine sati­risch-ernste Analyse zum Jah­resende von Prof. h. c. Manfred Krames

He has balls” sagen Ame­ri­kaner umgangs­sprachlich und meinen jemand, der Mumm in den Knochen hat, einer, der mutig Risiko und Ver­ant­wortung auf sich nimmt. Auf Deutsch würde man vulgär sagen: „Er hat den Arsch in der Hose.“

Man könnte das über Helmut Schmidt, Willy Brandt oder John F. Kennedy sagen – im Ver­gleich zu den Träumern von heute. Und da bin ich auch schon beim Thema, nämlich dem Unter­schied zwi­schen den (H)ampelmännchen in Berlin und den gestan­denen Männern von früher. Ganz Deutschland lamen­tiert und debat­tiert seit zwei Jahren über das poli­tische und wirt­schaft­liche Chaos, ohne die Ursachen zu erkennen.

Ich habe sie im Buch „Gefähr­liche Intel­ligenz“ auf­ge­führt und sage hier nur kurz:

  • Die Deut­schen sind auf­grund ihrer betont aka­de­misch-logi­schen Schul­bildung kopf­lastig geworden, während zwei Gene­ra­tionen vorher noch vom Bauch heraus gedacht und ent­schieden wurde. Jeder will heute studieren.
  • Seit rund neun Jahren machen deutsche Poli­tiker Fehler in der Asyl­po­litik, bei den Corona-Maß­nahmen, im Umgang mit Putin usw., mit ver­hee­renden Aus­wir­kungen auf die Bevölkerung.

In Japan, wo ich mit derzeit befinde, würde ein sich irrender Poli­tiker öffentlich ent­schul­digen und seinen Hut nehmen. Er bekommt dann auch kein Geld mehr, ver­liert Status und Macht. In Deutschland dagegen machen die Böse­wichte in der Regierung einfach weiter, ent­schul­digen sich nicht, und beziehen nach wie vor hohe Gehälter. Sie kommen unge­schoren davon, halten schlaue Reden in Talk Shows, machen erneut Fehler, ohne dass es Kon­se­quenzen für sie hat. Das Volk schaut artig zu und sagt sich: „Na schön! Wenn die das können, dann können wir das auch.“ 

Die Folge: Seit vier Jahren ver­ärgert die Bahn lan­desweit ihre Fahr­gäste, ent­schuldigt sich nicht, ver­dient weiter gut und streikt oben­drein noch, wenn sie am meisten gebraucht wird.

Wir haben falsche Vor­bilder. Das ist unser Problem. „Wenn die da oben nur auf ihren Ärschen sitzen und vor sich hin träumen, dann mach ich das auch!“, denken Mil­lionen und bean­tragen Bür­gergeld. Sie alle haben ihre Moti­vation ver­loren, sehen keinen Sinn mehr im Anstrengen, denn im Bun­destag strengt sich ja auch keiner mehr an.

Die Jugend hat den Blick nach vorne und das Ver­trauen in die Gesell­schaft ver­loren. Sie schütteln den Kopf bei den Absur­di­täten. Da Her­an­wach­sende jedoch Ideale brauchen, etwas, womit sie sich iden­ti­fi­zieren, wofür sie kämpfen dürfen, muss unser Wetter für diese Ziele her­halten. Stu­denten beschmutzen teure Gemälde oder kleben sich auf Straßen fest. Nur für die Natur? Oder suchen sie nur nach etwas Wert­vollem, wofür sie sich ein­setzen können mit Herz, Liebe und Ver­stand? Die Poli­tiker geben ihnen ja keine Ziele und sind oben­drein schlechte Vorbilder.

Das also pas­siert, wenn ein Volk intel­lek­tua­li­siert wird, allen voran die Bun­des­tags­ab­ge­ord­neten, die zu 95% aus Aka­de­mikern bestehen – den Kopf voller Bücher­wissen, Fan­tas­te­reien und Ideen, aber kaum Berufs- und Lebens­er­fahrung. Und da sich das Leben der neuen Gene­ration dank Handys und digi­taler Technik noch mehr im Kopf abspielt, werden weitere Träumer geboren, die eben nicht den Arsch in der Hose haben, sondern gemäß schlechtem Vorbild in Berlin vor sich hin träumen und dabei gut weg­kommen wollen, so wie die Politiker.

Der Gemüts­zu­stand der Deut­schen (Arbeits‑, Zah­lungs­moral, Hilfs­be­reit­schaft) ist eine Reflexion dessen, was uns Onkel Olaf und sein Team vor­macht, wobei Angela Merkel nicht besser war. Im Gegenteil!

Gestern sah ich auf YouTube eine Doku­men­tation über die NSDAP und wie sie Macht erlangte. Ich erkannte sofort die Par­al­lelen zu heute. Viel fehlt nicht mehr. Da haben unsere Väter und Groß­väter unvor­stellbare Opfer gebracht, um dieses wun­derbare Land auf­zu­bauen, und wir lassen es den Bach hin­unter gehen. Wie mein Freund und Ver­leger Jan van Helsing und andere vor­aus­ahnen, wird bald der große Knall kommen. Und danach können wir wieder von Null anfangen, wie so viele Male davor.

Die Schul­bildung trägt meines Erachtens die größte Schuld an der Misere. Wenn man Kinder zu mehr Bewusstsein und Kritik erzöge, statt ihre Köpfe voll­zu­stopfen mit Daten, Zahlen und Gesetzen, wenn bei der Erziehung mehr Wert auf Herz als auf Ver­stand gelegt würde, hätte die Nach­ge­neration eine Chance.

Tragen wir alle dazu bei! Zeigen wir der Jugend, dass es besser ist, den Arsch in der Hose zu haben, statt vor lauter Grü­belei und Fan­tas­terei den Blick für die Rea­lität zu ver­lieren. Und erklären wir ihnen, warum es Deutschland zur Zeit so schlecht geht. Seien wir alle wieder mehr herz­betont, mutig und rebel­lisch. Wenn wir nichts unter­nehmen, sind wir mit­schuldig. Es muss nicht viel sein. Wenn jeder nur etwas bei­trägt, kann die der­zeitige Ent­wicklung auf­ge­halten werden, bevor es zu spät ist.

Dazu tragen nicht nur mutige Ver­leger bei, sondern, ja viel­leicht sogar im beson­deren Maße, die Leser. Denn sie sind es, die mit jedem Buch ein kleines bisschen Licht ver­breiten, ein bisschen mehr Wahrheit in Umlauf bringen.

Jan wie auch meine Wenigkeit sehen uns als Gruppe, mit den Lesern zusammen. Wir alle gemeinsam können vieles bewirken. Das ist es doch, was Japan so stark macht. Das Mit­ein­ander und das kol­lektive Denken und Handeln der Japaner. Also lernen wir etwas von ihnen.

Ich wünsche allen eine gesegnete Zeit, vor allem Gesundheit und Freude.

Manfred Krames