Das Kopftuch-Abitur — Oder: BILD als Bevölkerungs-Erziehungsanstalt

Die Volks­er­zieher kommen

Zwei Mel­dungen in der BILD, die sich mit dem Islam beschäf­tigen, mit Migration und Inte­gration, die auf eine ganz spe­zi­fische weise mit­ein­ander zu tun haben und doch nicht so einfach in einen Topf zu werfen sind.

Da ist eine Abitur­klasse mit dem üblichen Klas­senfoto. Auf den zweiten Blick sieht man, dass von den 25 Mädels, die stolz ihr Abitur­zeugnis in die Kamera halten, 13 einen Al-Amira Schleier tragen. Auch bei den Jungs sieht man, dass ein Gutteil der jungen Männer Migra­ti­ons­hin­ter­grund hat.

BILD feiert diese Abitur­klasse in großen Lettern: „Dieses Abi-Foto ist eine deutsche Erfolgs­ge­schichte“ und dar­unter steht: „Die Abitu­ri­enten der Duis­burger Theodor-König-Gesamt­schule sind der Beweis, dass in unserem Land jeder die Chance auf Bildung und Erfolg hat – wenn er sie nutzt“

Bild: Screenshot BILD-Zeitung

Natürlich freut man sich für die jungen Leute, es ist ein stolzer Tag, das Abitur in der Tasche zu haben. Startklar für die Zukunft zu sein.

Aber warum bringt BILD diesen groß auf­ge­machten Artikel?

Man muß nur etwas genauer auf den Titel und die Unter­zeile schauen und zwi­schen den Zeilen lesen. Es ist eine Lektion und Bot­schaft für sehr ver­schiedene Rezipienten.

Zuerst einmal macht die etwas über­zogene Fanfare klar, dass es eben eine Beson­derheit ist und gefeiert werden muss, dass eine Abitur­klasse einen bedeu­tenden Anteil an Migranten hat – weil das eben nicht die Nor­ma­lität ist. Die wenigsten jungen Migranten schaffen einen qua­li­fi­zierten Schulabschluss.
Das ist kein rechts­ra­di­kales Vor­urteil, sondern Fakt.

Die For­schungs­gruppe des Bun­des­amtes für Schu­lische Bildung von Migranten in Deutschland brachte 2008 das Working Paper 13 heraus, in dem zu Beginn unter „Zen­trale Ergeb­nisse“ steht: Aus­län­dische Schüler gehen sel­tener auf Real­schulen oder Gym­nasien als deutsche, dafür aber deutlich häu­figer auf Haupt­schulen und auf För­der­schulen mit dem För­der­schwer­punkt Lernen. Dabei zeigen sich zwi­schen den ein­zelnen Natio­na­li­täten deut­liche Unter­schiede: Pol­nische, rus­sische und kroa­tische Schüler können sich im deut­schen Bil­dungs­system ver­gleichs­weise gut posi­tio­nieren, Schüler aus der Türkei, aus Italien und vor allem aus Serbien und Mon­te­negro dagegen eher schlecht.“
Im August 2016 han­delte „die Zeit“ das The­menfeld Bildung und Migranten ab und titelte: “Bildung von Migranten klappt nicht recht.”

Daher mutet die Über­schrift von Bild reichlich päd­ago­gisch absichtsvoll an. So schön und hoff­nungs­gebend dieser Fall ist, er ist ein unge­wöhn­licher Fall und wird deshalb auch so pro­minent plaziert.

Die Bot­schaft an die jungen Migranten soll Leucht­feuer und Ermahnung gleich­zeitig sein und lautet: „Seht her, was diese jungen Leute hier schaffen, die sind so, wie Du! das schaffst Du auch!“  … und der erhobene Zei­ge­finger kommt sofort hin­terher … Wenn Du nur wirklich willst!

Die Bot­schaft an die Deut­schen, alias „die, die schon länger hier leben“ soll heißen: „Seht her, die Zuwan­derer sind genauso gut wie ihr und können das­selbe, wenn sie eine Chance bekommen!“

Nun ist das ja sicher ein rich­tiger päd­ago­gische Ansatz und soll auch nicht klein­ge­redet werden. Doch er ver­schweigt, dass es eben nur eine kleine Zahl von Migranten ist, die die sozialen Vor­aus­set­zungen, den Willen und die Mög­lichkeit dazu haben. Und das ist – unver­dient für die erfolg­reichen Schüler – auch das Problem.

Es ist nämlich das Eine, in einer Schule zum Abitur zu kommen, die sich enga­giert um Inte­gration bemüht und die jungen Leute fördert, auf ihre Pro­bleme eingeht, Ver­ständnis für die sozialen Schwie­rig­keiten hat, denen die jungen Leute noch durch ihre Eltern‑, Onkel‑, Tanten, und Gross­el­tern­ge­neration — und deren Ver­wur­zelung in einem ganz anderen Kul­tur­kreis – aus­ge­setzt sind.
Für die Schul­leitung ist es sicher und ohne Zweifel eine Errun­gen­schaft, dieses Ergebnis erreicht zu haben. Hoch­achtung vor Schul­leiter Dirk Winkelmann.

Das Andere aber ist, wie sie sich dann in der freien Arbeitswelt zurecht­finden werden. Außer in staatlich geför­derten Pro­jekten oder Spe­zi­al­be­schäf­ti­gungen zur Inte­gra­ti­ons­för­derung gibt es da kein Ver­ständnis für diverse kul­tu­relle Eigen­heiten oder teure För­de­rungen. Der Arbeit­geber ver­langt Leistung. Der Arbeit­nehmer muss „sich rechnen“. Muslime, die ihre reli­giöse Über­zeugung allzu deutlich pos­tu­lieren, werden keine große Kar­riere zu erwarten haben. Fai­rer­weise muss man dazu sagen, Leute die offen Sci­en­to­logen sind oder ihre Mit­glied­schaft bei den Zeugen Jehovas her­aus­hängen lassen, ergeht es auch nicht anders. Religion ist Pri­vat­sache und vom Grund­recht geschützt. Die Öffent­lichkeit ist eben öffentlich und der Arbeits­platz kein Ort für die Zur­schau­stellung von Welt­an­schau­ungen und Glaubenssätzen.

Dies ist nicht der einzige päd­ago­gische Artikel, mit dem gleich­zeitig „die Deut­schen“ und „die Migranten“ erzogen werden sollen. Das System – und dazu gehört die Volks­er­zie­hungs­zeitung BILD – hat ganz offen­sichtlich auf den Kurs ein­ge­schwenkt, die Bevöl­kerung für die neue, offene Zuwan­de­rungs­ge­sell­schaft zurecht zu schleifen.

Damit die Vor­be­halte der auto­ch­tonen Bevöl­kerung gegen Zuwan­derer nicht noch weiter ange­heizt werden und den Migranten klar macht, wie der Hase zu laufen hat, schießt man sich bei BILD auf die auf­fäl­ligste Fahne des Islam im All­tagsbild ein, die Ver­schleierung der Frau:

Die Reli­gi­ons­freiheit ist ein hohes Gut. Sie sollte kei­nes­falls ange­tastet werden. An der Ver­schleierung der mus­li­mi­schen Frau aber scheiden sich die Geister. Ist eine Burka oder Ver­schleierung Bestandteil der Religionsfreiheit?

Plötzlich hören wir von Bayerns Jus­tiz­mi­nister Win­fried Bausback (CSU) klare Ansagen:„Für mich steht schon lange fest: Burka und Nikab sind mit Men­schen­würde und Gleich­be­rech­tigung von Mann und Frau unver­einbar. Und nicht nur das: Ohne offene Kom­mu­ni­kation keine freie Gesell­schaft und keine funk­tio­nie­rende Demo­kratie. Gut, dass der Euro­päische Gerichtshof nochmals deutlich gemacht hat, dass ein Staat Gesichts­schleier ver­bieten darf, um die Bedin­gungen des Zusam­men­lebens zu garan­tieren. Deshalb keine falsch ver­standene Toleranz gegenüber den Intoleranten!“ 

CDU- Julia Klöckner legt nach: „Zu einer offenen Gesell­schaft gehört ein offenes Gesicht. Wir müssen den Mut haben, zu unseren Werten zu stehen und sie zu ver­tei­digen. Deshalb: Keine Voll­ver­schleierung in Deutschland. Sie ist frauen‑, inte­gra­tions- und teilhabefeindlich.“ 

Wir werden sehr sicher noch weitere volks­päd­ago­gische Maß­nahmen erleben, durch die das Lager der Migranten und das der auto­ch­tonen Deut­schen mit Lob, Tadel und harter Hand zu einer neuen Bevöl­kerung heran­er­zogen werden sollen.