Schulz und Merkel – die großen Europäer?

Ein Gast­beitrag von Julia Berger

Unsere Kanz­lerin und SPD-Chef Schulz ver­weisen immer gerne auf ihre Lei­den­schaft für Europa, den euro­päi­schen Eini­gungs­prozess sowie die euro­päische Wertegemeinschaft.

Die Frage ist, wer hat diese ehren­haften Ziele besonders vor­an­ge­trieben? Ohne Zweifel hat unser erst kürzlich ver­stor­bener Alt­kanzler Helmut Kohl einen großen Beitrag dazu geleistet – auch wenn es nicht immer zum Vorteil für Deutschland war. Trotzdem ist sowohl in Deutschland wie im Rest Europas völlig unstrittig, dass Helmut Kohl ein großer Europäer war. Gilt dies auch für Kanz­lerin Merkel und SPD-Chef Schulz?

Frau Merkel hat im Herbst 2015 gegen jedes deutsche und euro­päische Recht die Grenzen von Deutschland auf­ge­macht und damit eine nie dage­wesene Sog­welle für über­wiegend junge und männ­liche Wirt­schafts­flücht­linge vor allem aus ara­bi­schen und afri­ka­ni­schen Ländern aus­gelöst. Im Zeitraum Sep­tember bis Dezember 2015 haben ein Großteil der Medien in West­europa über­wiegend von ver­folgten Familien mit Kindern gesprochen, die Bilder in der Tages­schau und Heute Journal haben dies ja auch so täglich gezeigt. Während ein Großteil der öffent­lichen gezeigten Meinung von einer nie da gewe­senen Will­kom­mens­kultur geprägt war (Bilder machen Emo­tionen), haben unsere Medi­en­kol­legen aus den mittel- und ost­eu­ro­päi­schen Ländern keine aus­ge­wählten, sondern die realen Bilder gezeigt – nämlich eine bis zum Horizont rei­chende Kolonne männ­licher Wirt­schafts­flücht­linge aus den genannten Regionen. Die Öffent­lichkeit in Mittel- und Ost­europa sowie in den bal­ti­schen Ländern hat darauf hin eine völlig andere Reaktion als die deutsche Will­kom­mens­kultur gezeigt. Die ehr­lichen Bilder wurden noch deut­licher als z.B. Jour­na­listen aus dem Bal­tikum auf der Bal­kan­route mit­ge­laufen sind und die Flücht­linge nach ihren Motiven befragt haben. „Wir wollen zu Frau Merkel, sie hat uns ein­ge­laden!“, „Wir wollen nach Deutschland, dort werden wir ein schönes Leben haben!“, „Ich komme zwar aus Marokko, gebe mich aber als Syrer aus, dann bekomme ich den vollen Asylstatus.“

Die Liste ließe sich beliebig fort­setzen. Jeden­falls hat die ehr­liche Bericht­erstattung unsere mittel- und ost­eu­ro­päi­schen Jour­na­listen dazu geführt, dass die Bevöl­kerung dort bereits vor Beginn der Flücht­lings­welle die wahren Motive der meisten jungen Männer kannte und diese Form der unkon­trol­lierten Mas­sen­ein­wan­derung kate­go­risch ablehnte – und das immer noch ablehnt.

Nun kommen unsere zwei großen Europäer Merkel und Schulz ins Spiel. Nachdem von Beginn an Deutschland mehr Flücht­linge auf­ge­nommen hat als alle anderen EU-Länder zusammen, wurde nun von Merkel und Schulz an die euro­päische Soli­da­rität appel­liert. Erst in diesen Tagen hat Martin Schulz die „gerechte Ver­teilung“ nochmals als wich­tigen Punkt seiner Flücht­lings­po­litik aus­ge­rufen. D.h. künftig werden Länder, die Merkels und Schulz’s Politik der offenen Grenzen nicht unter­stützen, mit finan­zi­ellen Nach­teilen belegt.

Nochmals kurz zur Erin­nerung: Wir sprechen von euro­päi­schem Eini­gungs­prozess und einer Wer­te­ge­mein­schaft. Hier stellt sich jetzt die Frage, ob damit gemeint ist, dass Deutschland bestimmt, welche Werte gelten und wie man sich einigt?

Die Briten haben nun zwi­schen­zeitlich – seit Jahr­zehnten geplagt von unkon­trol­lierter Ein­wan­derung – für den Aus­tritt aus der EU gestimmt. Der Brexit war relativ knapp und ich wage zu behaupten, dass Merkels Alleingang bzgl. ille­galer Grenz­öffnung und damit de facto die Abschaffung des Dublin-Abkommens den ent­schei­denden Schub für die Brexit-Befür­worter gegeben hat. Mas­sen­ein­wan­derung war die Haupt­mo­ti­vation der radi­kalen, aber eben auch der gemä­ßigten poli­ti­schen Mitte in Groß­bri­tannien. Merkel hat hier sicherlich mit den größten Schaden der euro­päi­schen Idee hin­zu­gefügt, seit es die EU gibt. Aber gelernt hat weder Frau Merkel noch Herr Schulz. Während beide eine weitere Spaltung sowohl der Men­schen in Deutschland als auch der EU vor­an­treiben, hat z.B. Öster­reichs Außen­mi­nister Kurz längst ver­standen: „Wir müssen nun auch die Mit­telmeer-Route schließen.“ – ein völlig nor­maler Vorgang für eine sou­veräne Demo­kratie. Dies wird nun auf dem Balkan mehr oder weniger prak­ti­ziert, genauso in Spanien und – mein Lieb­lings­bei­spiel! – in Aus­tralien, einer lupen­reinen Demokratie.

Trotzdem kommen jeden Tag noch mehr afri­ka­nische Wirt­schafts­flücht­linge in Italien an und es gibt kei­nerlei ernst­hafte Ver­suche der Kanz­lerin oder einen Vor­schlag von Herrn Schulz, diese Route zu schließen. Nein, es kommt noch viel besser: Schulz schlägt vor, mehr legale Ein­rei­se­mög­lich­keiten zu schaffen, um „Druck von der ille­galen Migration“ zu nehmen. Das wäre so ähnlich, als müssten wir mehr Kon­sum­güter staatlich ver­schenken, damit es weniger Laden­diebe gibt. Haben Schulz und Merkel nichts gelernt? Diese Men­schen brauchen wie in Aus­tralien die klare Ansage: „No way!“, also: „Ihr habt keine Chance!“ Während Merkel und Schulz also wei­terhin nichts für die Grenz­schlie­ßungen (an der EU-Außen­grenze) machen, ent­fernen sich die Men­schen in Europa immer mehr von der euro­päi­schen Idee.

Vor kurzem hat die Grüne Ska Keller noch einen in Sachen euro­päische Spaltung drauf gesetzt. So haben z.B. die bal­ti­schen Länder – unter größten Magen­schmerzen – einer geringen Auf­nahme von Flücht­lingen zuge­stimmt (ein Schelm, wer glaubt, Merkel hat dies nicht mit dem Nato-Schutz gegen Russland in Ver­bindung gebracht). Kaum in Litauen und Lettland ange­kommen, hat den über­wiegend ara­bi­schen „Flücht­lingen“ so einiges nicht gefallen: Sie bekamen weniger Geld als in Deutschland (aber immerhin noch so viel wie ein litaui­scher Rentner der 40 Jahre für sein Land gear­beitet hat), die Unter­kunft war nicht so schön und es waren keine anderen Flücht­linge vor Ort, mit denen man sich aus­tau­schen konnte. Kurzer Hand hat die Männer-Gemein­schaft einen Kleinbus gemietet und sogar in einem Zei­tungs­in­terview bereit­willig ver­breitet: „Wir fahren jetzt nach Deutschland!“ Ska Keller hat nun gefordert, dass deshalb z.B. ganze Dörfer mit Flücht­lingen in Lettland ange­siedelt werden sollen. Somit wären die Flücht­linge nicht so alleine, weil es dort ja eben so wenige Flücht­linge gibt. Ich denke, jeder kann sich denken, was auch dieser Vor­schlag für das euro­päische Ziel einer Einigung und Wer­te­ge­mein­schaft bei den Men­schen im Bal­tikum auslöst.

Ich denke, Merkel und Schulz tragen mit ihren Aus­sagen und ihrer Politik besonders stark zur euro­päi­schen Spaltung bei, und leider hat damit Viktor Organ Recht, wenn er von „mora­li­schem Impe­ria­lismus“ durch Deutschland spricht. Die Haltung von Merkel und Schulz bzgl. der „Ver­teilung von Flücht­lingen“ ist eine Kampf­ansage an den euro­päi­schen Eini­gungs­prozess und ver­hindert, dass es wieder mehr gemeinsame Werte innerhalb der EU gibt.

Foto: Martin Schulz und Angela Merkel — flickr.com © European Union 2015 — European Par­liament. (Attri­bution-Non­Com­mercial-NoDerivs Creative Commons license)