Deutsche Ver­wal­tungs­ge­richte: Zwei Drittel aller Ver­fahren sind Asylklagen

Zwei Drittel aller Ver­fahren an deut­schen Ver­wal­tungs­ge­richten sind Klagen von abge­lehnten Asyl­be­werbern. Sie ver­klagen das BAMF, weil es ihren Asyl­antrag abge­lehnt hat. Zudem machen die Asyl­klagen wegen der fremden Sprachen viel Aufwand.

(von Michael Müller)

In diesem Jahr werden vor­aus­sichtlich 300.000 Ver­fahren in der ersten Instanz ver­handelt, sagt Robert Seegmüller, Vor­sit­zender des Bundes Deut­scher Ver­wal­tungs­richter. Das seien doppelt so viele wie noch zwei Jahre zuvor.

Grund für diesen Anstieg sind die vielen Klagen von Asyl­be­werbern gegen die Ablehnung ihrer Anträge beim Bun­desamt für Migration und Flücht­linge (BAMF). Die Asyl­klagen machen derzeit rund zwei Drittel aller ver­han­delten Ver­fahren aus.

„Die Lage der Ver­wal­tungs­ge­richte – vor allem die der erst­in­stanz­lichen – kann man nur als dra­ma­tisch bezeichnen“, zitiert die WELT Richter Robert Seegmüller. Besonders die Zahl der Asyl­fälle sei kaum mehr zu bewältigen.

Damit stoßen wir kom­plett an unsere Grenzen. Wir sind völlig über­lastet. Es fehlt Per­sonal, es fehlen Räume.“

Laut BAMF-Chefin Jutta Cordt gehen derzeit etwa 45 Prozent der Asyl­be­werber juris­tisch gegen ihre Asy­l­ent­scheidung vor, so viele wie auch schon in den letzten Jahren. Doch die Anzahl der Asyl­ver­fahren bringe die Gerichte dennoch an ihre Grenzen.

Am Mittwoch meldete das BAMF, dass es die Zahl der noch zu bear­bei­tenden Asyl­an­träge von 146.551 Ende Juni auf 129.467 Ende Juli redu­ziert hat. Doch mit einer Ent­scheidung des Bun­des­amtes sind Asyl­ver­fahren noch lange nicht abgeschlossen.

Etwa ein Fünftel der Asyl­be­werber werden als Flücht­linge nach der Genfer Kon­vention aner­kannt und ziehen daher nicht vor Gericht. Die Klagen kommen von abge­lehnten Asyl­be­werbern und von Migranten, denen das BAMF nur einen sub­si­diären Schutz gewährt hat.

Diesen sub­si­diären Schutz erhalten jene Migranten, bei denen das BAMF keine indi­vi­duelle Ver­folgung fest­stellt. Doch für Migranten mit sub­si­diärem Schutz ist der Fami­li­en­nachzug bis zum nächsten Jahr aus­ge­setzt. Daher wollen sie den Flücht­lings­status erhalten.

Asyl­klagen sind besonders aufwendig

Doch nicht nur die extreme Zahl von rund 200.000 Asyl­klagen in diesem Jahr führt zur Über­lastung der deut­schen Ver­wal­tungs­ge­richte. Hinzu kommt die Art und Weise, wie diese Ver­fahren geführt werden.

Denn die abge­lehnten Asy­lanten haben das Recht auf ein münd­liches Ver­fahren und nehmen dies auch fast immer in Anspruch. Jedes bei der münd­lichen Ver­handlung gespro­chene Wort muss für Kläger und Richter über­setzt werden.

Doch die Situation könnte sich künftig ver­bessern. Denn das im Mai dieses Jahres ver­ab­schiedete „Gesetz zur bes­seren Durch­setzung der Aus­rei­se­pflicht“ ermög­licht bei Asyl­fällen die soge­nannte Sprungrevision.

Wenn Berufung gegen das Urteil eines Ver­wal­tungs­ge­richts ein­gelegt wird, kann es ohne den Umweg über das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt direkt zum Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt geleitet werden. Dadurch ließen sich schneller bun­des­ein­heit­liche Rege­lungen schaffen, sagt Robert Seegmüller.

„Man wird die aktuelle Vielzahl der Fälle irgendwann abge­ar­beitet haben“, zitiert die WELT die Kölner Rich­terin Zim­mermann-Rohde. „Falls aber weiter so viele Flücht­linge ein­reisen wie 2015, wird das ein Problem bleiben.“

 

Dieser Artikel erschien ursprünglich hier:  https://www.berlinjournal.biz/zwei-drittel-aller-verfahren-asylklagen/

Foto: Um die Ver­fahren zu beschleu­nigen, kommen die Beru­fungen bei Asyl­klagen direkt zum Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leipzig.