Da sind sich alle Parteien im Bundestag einig. Man möchte jetzt fünf Jahre statt nur vier Jahre im Amt bleiben. Bundestagspräsident Norbert Lammert plädiert offen dafür, alle anderen zieren sich nur kurz und geben dann kund, sie seien dafür offen. Man werde sich einer „Diskussion über die Verlängerung der Wahlperiode des Bundestages von vier auf fünf Jahre nicht verschließen“, ließ Michael Grosse-Brömer, Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU Fraktion, die Presse wissen. Und auch der Rest der Parlamentarier ziert sich nicht lange. Und überhaupt, eigentlich war das ja sowieso Unsinn mit den vier Jahren, denn die deutschen Landtage werden auch alle fünf Jahre gewählt und das Europäische Parlament auch, fügte Grosse-Brömer hinzu. Die Linke bringt wenigstens noch den Vorschlag, man könne die Reform doch auch damit verbinden, Elemente direkter Demokratie gleich mit einzuführen, vielleicht auch mit der tröstlichen Sicherheit, dass die anderen Parteien das schon verhindern werden. Kubicki von der FDP tut kund, es gebe mehr Befürworter in seiner Partei als Gegner für den Fünf-Jahres-Vorstoß. Die Medien zitieren von Andreas Scheuer (CSU) bis Thomas Oppermann (SPD) die erfreuten Stimmen der Gäste an den Fleischtöpfen in Berlin, jedes Medium bringt kurz und knapp dieselbe Agenturmeldung und das war’s.
Es wäre auch erstaunlich gewesen, wären die Damen und Herren Bundestagsabgeordnete gegen diese Änderung, verspricht doch ein zusätzliches Jahr im Bundestag eine längere Zeit an der wärmenden Steuergeldsonne. Ein Jahr zusätzlicher Diäten und Pauschalen für jeden. Die „Aufwandsentschädigung“ beträgt zur Zeit 9541,74 € im Monat. Das nimmt man gern noch ein Jahr länger mit.
Ein Abgeordneter verdient (laut focus) 114.500,88 Euro im Jahr.
Bei vier Jahren (ohne Anpassungen der Bezüge) sind das 458.003,52 Euro
Bei fünf Jahren (ohne Anpassungen der Bezüge) sind es 572.504,40 Euro.
Dazu kommt noch die Aufwandspauschale für Bürokosten, Büromaterial und die Zweitwohnung in Berlin:
Bei vier Jahren (ohne Anpassungen der Bezüge) sind das 207.306,24 Euro
Bei fünf Jahren (ohne Anpassungen der Bezüge) sind es 259.132,80 Euro
Dann kommt noch Büroausstattung und weitere Arbeitsmittel dazu (Laptops, Fachbücher, Drucker, etc.) mit 12.000 /Jahr dazu.
Das sind bei vier Jahren 48.000 Euro
bei 5 Jahren 60.000 Euro.
Außerdem gibt es noch Pauschalen für Mitarbeiter dazu, für Dienstreisen und Altersentschädigung, Übergangsgeld und Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung. Eine so großzügige, finanzielle Ausstattung genießt man gern ein Jahr länger, das ist verständlich.
Und noch ein schöner Effekt wird hervorgehoben: “Hinzu kommt, dass vor der Wahl der Wahlkampf seine Zeit erfordert und nach der Wahl Zeit für Koalitionsverhandlungen benötigt wird, was jeweils zu Lasten der Regierungszeit geht.”
Mit der Regierungszeit ist das aber so eine Sache. Wenn die Ärzte streiken, sinkt bei den Patienten bekannterweise die Todesrate. Betrachtet man die Erfolge unserer jahrelangen Großen Koalition unter Merkel und den Zustand unseres Landes davor und heute, stellt man betroffen fest, dass die Lage auf keinem Gebiet besser geworden ist, ganz im Gegenteil. Vielleicht ist es ja ganz gut, wenn die Politiker in der Wahlkampfzeit mal in Kontakt mit dem Volke kommen, anstatt in ihrem Biotop am wahren Leben vorbei zu hantieren.
Ist es ein Zufall, dass die Politiker ausgerechnet jetzt auf die Idee kommen — wo das Volk die Kanzlerin und Führungspolitiker seinen Zorn mit Pfeifkonzerten und Protestplakaten spüren lässt — sich mehr Zeit zu schenken, um unbehelligt rumzuregieren? Die Ankündigung, nach dieser Bundestagswahl die Wahlperiode zu verlängern, hat das unangenehme G’schmäckle, dass man sich die Kritik des Volkes nicht gern antut, lieber etwas länger seine Ruhe und üppigen Diäten hat — und den deutschen Michel nach diesem unangenehmen Wahlgang 2017 ganz gern ein bisschen länger draußen vor der Tür stehn lassen möchte.