Gericht: Merkels Treffen mit Lob­by­isten dürfen geheim bleiben

Bun­des­kanz­lerin Angela Merkel bei ihrem Grußwort anlässlich des Jah­res­emp­fangs der pri­vaten Banken am 15. April 2013 in Berlin

Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Berlin-Bran­denburg hat eine Ent­scheidung der Vor­in­stanz zu Lob­by­isten-Treffen gekippt. Die nicht-pri­vaten Abend­essen von Angela Merkel im Kanz­leramt bleiben daher vorerst geheim.

Schon seit Mai 2015 bemüht sich abgeordnetenwatch.de, vom Bun­des­kanz­leramt Infor­ma­tionen über nicht-private Abend­essen der Bun­des­kanz­lerin zu erhalten. Hin­ter­grund war, dass Kanz­lerin Angela Merkel ein Festmahl zum 60. Geburtstag von Josef Ackermann in der Regie­rungs­zen­trale aus­ge­richtet hatte.

Zu der Feier für den frü­heren Deutsche-Bank-Chef im April 2008 waren zahl­reiche Ver­treter aus Wirt­schaft, Medien und Politik geladen. Mit der Recherche wollte abgeordnetenwatch.de her­aus­finden, ob die Kanz­lerin auch für andere Inter­es­sen­ver­treter Fest­ver­an­stal­tungen aus­ge­richtet hat.

Bun­des­re­gierung ver­weigert Trans­parenz zu Lobbyisten-Treffen

Doch immer wieder lehnte das Bun­des­kanz­leramt pres­se­recht­liche Aus­kunfts­be­gehren bezie­hungs­weise Anträge nach dem Infor­ma­ti­ons­frei­heits­gesetz ab. Daher klagte abgeordnetenwatch.de am 21. November 2016 beim Ber­liner Ver­wal­tungs­ge­richt, um einen pres­se­recht­lichen Aus­kunfts­an­spruch durchzusetzen.

Da mit einem rechts­kräf­tigen Urteil vor der Bun­des­tagswahl am 24. Sep­tember nicht zu rechnen war, reichte abgeordnetenwatch.de am 8. Mai 2017 par­allel eine Eil­klage beim selben Gericht ein. Die Bürger hätten ein Anrecht zu erfahren, welche Inter­es­sen­ver­treter Angela Merkel zum Essen ins Kanz­leramt einlädt. Zudem wird dies aus Steu­er­geldern bezahlt.

„Dass wir Infor­ma­tionen zu Abend­essen der Bun­des­kanz­lerin mit Lob­by­isten erst ein­klagen müssen, ist ein Armuts­zeugnis“, schreibt abgeordnetenwatch.de. Und weiter:

“Die jah­re­lange Trans­pa­renz­ver­wei­gerung der Bun­des­re­gierung zeigt, wie dringend es ein ver­bind­liches Lob­by­re­gister braucht. Ein solches Register, in dem u.a. Kon­takte zwi­schen Lob­by­ver­tretern und Poli­tikern ver­öf­fent­licht werden, wird im Deut­schen Bun­destag einzig von CDU und CSU abgelehnt.”

Ver­wal­tungs­ge­richt gibt abgeordnetenwatch.de in allen Punkten Recht

Am 23. Juni 2017 gab das Ber­liner Ver­wal­tungs­ge­richt abgeordnetenwatch.de in allen Punkten Recht. Laut dem Eil­be­schluss muss das Kanz­leramt mit­teilen, wann und aus welchem gesell­schaft­lichen Anlass nicht-private Abend­essen der Bun­des­kanz­lerin im Bun­des­kanz­leramt statt­fanden, an denen auch Per­sonen ohne poli­ti­sches Amt oder Mandat teilnahmen.

Das Bun­des­kanz­leramt hatte unter anderem behauptet, dass es bei dem Aus­kunfts­be­gehren um eine Aus­for­schung des innersten Bereiches der Wil­lens­bildung der Bun­des­kanz­lerin gehe. Doch das Gericht stellte klar, dass die Bekanntgabe von Datum und Anlass der dienst­lichen Abend­essen im Bun­des­kanz­leramt „nicht den exe­ku­tiven Kern­be­reich“ betreffe.

Ebenso wenig folgte das Gericht der Behauptung des Kanz­ler­amtes, die Her­ausgabe der Infor­ma­tionen könne in Zukunft negative Aus­wir­kungen auf die Sicherheit der Bun­des­kanz­lerin haben. In dem Gerichts­be­schluss heißt es:

“Den Daten ließe sich weder ent­nehmen, wann sie [Bun­des­kanz­lerin Angela Merkel] das Bun­des­kanz­leramt an diesen Tagen von wo kommend betreten, noch wann sie es wohin gehend ver­lassen hat.”

Auch eine Ver­letzung der Per­sön­lich­keits­rechte der Gäste ver­mochte das Ber­liner Ver­wal­tungs­ge­richt nicht zu erkennen. Das Bun­des­kanz­leramt, das von der Kanzlei Redeker Sellner Dahs ver­treten wird, legte dar­aufhin Beschwerde vor dem Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Berlin-Bran­denburg ein.

Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Berlin-Bran­denburg weist Eil­antrag zurück

Am 12. Sep­tember hat nun das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Berlin-Bran­denburg hat der Beschwerde des Bun­des­kanz­ler­amtes statt­ge­geben und die Eil­klage von abgeordnetenwatch.de zurück­ge­wiesen. Die Frage, ob das Bun­des­kanz­leramt die Infor­ma­tionen an abgeordnetenwatch.de her­aus­geben muss, wird nun erst im Haupt­sa­che­ver­fahren geklärt.

„Jetzt mussten wir einen Rück­schlag hin­nehmen“, schreibt abgeordnetenwatch.de in einer Mit­teilung. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt habe den Eil­antrag auf Ver­öf­fent­li­chung der Lob­by­a­bend­essen noch vor der Bun­des­tagswahl abge­lehnt. Denn das Gericht wolle den Fall genauer prüfen.

“Das bedeutet kei­nes­falls, dass wir vor Gericht unter­liegen werden – das Haupt­sa­che­ver­fahren läuft unver­mindert weiter. Aller­dings steht uns nun mög­li­cher­weise ein jah­re­langer Rechts­streit bevor.”

“Dass Wirt­schafts­bosse hinter ver­schlos­senen Türen bei Wohl­fühl­at­mo­sphäre Ein­fluss auf unsere Poli­tiker und sogar die Bun­des­kanz­lerin nehmen können, ist brand­ge­fährlich. Dass das Kanz­leramt die Öffent­lichkeit hier im Dunkeln lässt, ist skandalös.”

 

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Bild: flickr.com, Bun­des­verband Ban­ken­verband / Bun­des­kanz­lerin Angela Merkel bei ihrem Grußwort anlässlich des Jah­res­emp­fangs der pri­vaten Banken am 15. April 2013 in Berlin

Fotograf: Jochen Zick, Action Press

Quelle: BerlinJournal.biz