By blu-news.org - Frauke Petry (AfD) - AfD Parteitag 25.1.2014 in Aschaffenburg, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=36368022

Offener Brief — Frauke Petry sagt zum Abschied “leise” Servus…

Frauke Petry sagt zum Abschied weniger leise “Servus”, dafür rechnet sie in einem offenen Brief mit der Partei ab, die sie 2015 in einer eher “feind­lichen Über­nahme” vom maß­geb­lichen Par­tei­gründer Bernd Lucke übernahm und der sie seitdem als Par­tei­vor­sit­zende, zusammen mit Jörg Meuthen, vorstand.

Hier ihr offener Brief:

“Liebe Wähler und Unterstützer,

ein Wahl­krimi, der in der jün­geren deut­schen Geschichte sei­nes­gleichen sucht, ist gestern zu Ende gegangen.

Vier Jahre, sieben Monate und 21 Tage, nachdem wir die Alter­native für Deutschland gegründet haben, ist sie nun mit rund 13% in den Deut­schen Bun­destag ein­ge­zogen. Damit haben sich viele Bürger für einen demo­kra­ti­schen Diskurs in unserem Land ent­schieden, den wir so dringend brauchen, um die Fehl­ent­wick­lungen der Merkel-Politik in Berlin und Brüssel endlich zu beenden.

Seit Monaten haben unzählige ehren­amt­liche Helfer ihre Freizeit und ihr per­sön­liches Geld dafür ein­ge­setzt, dass die #AfD sich deutsch­landweit als par­la­men­ta­rische Kraft eta­blieren kann.

Dafür möchte ich mich per­sönlich und im Namen der AfD von ganzem Herzen bedanken.

Ich weiß nur allzu gut, wieviel Mut es heute braucht, um sich öffentlich zu einer poli­ti­schen Kraft zu bekennen, die vom poli­ti­schen Gegner und weiten Teilen der Öffent­lichkeit pau­schal als „Nazi“-Partei beschimpft wird. Ihnen allen ist es mit zu ver­danken, dass der 19. Deutsche Bun­destag auch aus Par­la­men­ta­riern besteht, die für einen Poli­tik­wechsel zugunsten von Rechts­staat­lichkeit und Ver­tei­digung unserer frei­heit­lichen Gesell­schafts­ordnung eintreten.

Für einen wahr­haf­tigen Poli­tik­wechsel hat es dennoch leider nicht gereicht.

Zwar haben CDU und SPD gegenüber der Wahl von 2013 zusammen etwa 13%-Punkte ver­loren. Der mutige Schritt der soge­nannten Mitte der Gesell­schaft ist jedoch aus­ge­blieben. Denn wei­terhin stellen die Par­teien, die seit meh­reren Legis­la­tur­pe­rioden für rechts­freie Räume mitten in Deutschland, für illegale Ein­wan­derung, für einen wäh­rungs­po­li­ti­schen Offen­ba­rungseid in Europa, für ideo­lo­gische Expe­ri­mente à la Ener­gie­wende oder „Ehe für alle“ ver­ant­wortlich sind, die Mehrheit im Deut­schen Bundestag.

Diese Mehr­heits­ver­hält­nisse zu ändern, breite gesell­schaft­liche Schichten für eine ver­läss­liche und wirklich kon­ser­vative Politik zu gewinnen, wird die wich­tigste Aufgabe bis 2021 sein. Dafür müssen gute pro­gram­ma­tische Lösungen von glaub­wür­digen poli­ti­schen Köpfen ver­treten werden, ohne dass schrille und abseitige Äuße­rungen ein­zelner Ver­treter das Ansehen in der Öffent­lichkeit domi­nieren, dabei das Ver­trauen der Wähler erschüttern und auf diese Weise das poli­tische Ziel in weite Ferne rücken lassen.

Seit geraumer Zeit wandelt sich die AfD von einer ziel­strebig aus­ge­rich­teten Partei sichtbar und auch nach Aussage füh­render Ver­treter hin zu einem „gärigen Haufen“, also einer „anar­chi­schen“ Partei, die zwar als Oppo­si­ti­ons­partei agieren, dem Wähler aber kein rea­lis­ti­sches Angebot für eine baldige Regie­rungs­über­nahme machen kann. Radikale Posi­tio­nie­rungen außerhalb des Pro­gramms beherr­schen die mediale Präsenz, so dass die not­wendige Ver­an­kerung der Partei in der Mitte der Gesell­schaft seit 2015 nicht zu‑, sondern spürbar abge­nommen hat.

Dies ist des­wegen so kri­tisch, weil ein Regie­rungs­wechsel lange vor einer Wahl struk­turell vor­be­reitet werden muss. Außerdem ist es erfor­derlich, Wirt­schafts­ver­bände und inter­na­tionale Partner in eine grund­le­gende Erneuerung der Gesell­schaft einzubinden.

Ange­sichts der demo­gra­fi­schen Pro­bleme Deutsch­lands, ange­sichts der fort­ge­setzten kalten Ent­eignung der Sparer durch die EZB und der wei­terhin unge­bremsten ille­galen Ein­wan­derung in unser Land möchte ich meine ganze Kraft ab sofort für diesen fun­da­men­talen Poli­tik­wechsel einsetzen.

In einer Partei, die seit fast einem Jahr die real­po­li­ti­schen Ver­treter zunehmend mar­gi­na­li­siert, in der gemä­ßigte Mit­glieder auf allen Ebenen dis­kre­di­tiert werden, droht das einst kraft­volle poli­tische Pro­gramm unter die Räder zu geraten. Die stille Abwan­derung von seriösen Mit­gliedern aus allen Par­tei­glie­de­rungen ist dafür ein schmerz­liches Zeichen.

Da ich diesen Exodus an poli­ti­schem Know-How und Per­sonal aus meiner Position heraus nicht mehr auf­halten kann, habe ich mich nach langem Ringen ent­schlossen, der neu zu bil­denden AfD-Fraktion im Deut­schen Bun­destag NICHT anzu­ge­hören. Statt­dessen werde ich als Ein­zel­ab­ge­ordnete einer ver­nünf­tigen kon­ser­va­tiven Politik Gesicht und Stimme ver­leihen. Ich werde auf andere Weise aktiv dafür sorgen, dass wir spä­testens 2021 die tat­säch­liche gesell­schaft­liche Wende ein­leiten können. Nicht die Partei allein sollte die Mess­latte unseres Han­delns sein, sondern die poli­ti­schen Not­wen­dig­keiten und die inhalt­lichen Erwar­tungen unserer Wähler.

Ich bitte Sie herzlich um Ver­ständnis für diesen schwie­rigen Schritt und bedanke mich nochmals bei allen, die mich innerhalb und außerhalb der AfD kri­tisch und kon­struktiv begleitet haben.”

 

 

Bild: Wiki­media Commons