Die Medi­enlüge über den Nazi-Angriff auf der Frank­furter Buchmesse

Mas­sen­ver­ge­wal­tigung auf der Buch­messe – Fake News travels fast.

(Ein Beitrag von pip-news)

Im Göt­tinger Tage­blatt finden wir einen erschüt­ternden Beitrag über rechte Über­griffe auf der renom­mierten Frank­furter Buch­messe.

Unter der dra­ma­ti­schen Über­schrift „Rechte schlagen Poli­tiker bei Buch­messe zusammen“ erscheint dort ein auf­rüt­telnder Beitrag, der den gewalt­tä­tigen Über­griff eines „Nazi“ auf Nico Weh­nemann, den Frank­furter Stadt­ver­ord­neten und Vor­sit­zenden des Lan­des­ver­bandes FFM der Partei „die Partei“, schildert.

Ergänzt wird der Beitrag durch eine Meldung, die der bekannte ZDF-Komiker Jan Böh­mermann an rund 1,82 Mil­lionen Abon­nenten seines Kanals auf dem Kurz­na­rich­ten­dienst twitter ver­sendete. Dort wünscht Böh­mermann dem Opfer des Nazi-Über­griffes gute Bes­serung und erhebt – mit Verweis auf einen facebook-Beitrag des frü­heren Titanic-Chef­re­dak­teurs Leo Fischer (an 4.997 „Freunde“) – zugleich schwere Vor­würfe gegen die Polizei. Denn diese, so ist Böh­mer­manns Nach­richt zu ent­nehmen, habe dem schänd­lichen Treiben tatenlos zuge­sehen. Im Ori­ginal heißt es

Nico Wehemann wurde heute auf der Buch­messe zusam­men­ge­schlagen, weil er gegen die von der Messe gedul­deten Nazis pro­tes­tiert hat. Die Frank­furter Polizei stand daneben und schritt nicht ein … „

Ver­gleich­bares hört man von der linken Akti­vistin Marina Weisband, die aktuell das von der Bun­des­zen­trale für poli­tische Bildung geför­derte Projekt „aula“ – ein Bil­dungs­projekt für zeit­gemäße, digitale und poli­tische Bildung – betreibt. Sie schreibt ihren 65,7 Tausend twitter-Abon­nenten:

Dass sowas pas­siert, ist eine Schande deut­liches Warn­siegnal. Das ist, wenn man Nazis duldet

Weisband ergänzt ihre Nach­richt mit einem Verweis auf die Inter­net­seite des Journal Frankfurt zum Vorfall, auf der dieses titelt:

Frank­furter Stadt­ver­ord­neter Nico Weh­nemann auf Buch­messe ver­prügelt – Sieg-Heil-Rufe von Nazis

Auch in diesem Beitrag findet sich, wie schon in Böh­mer­manns Schre­ckens­meldung, ein Hinweis auf den Text Leo Fischers samt der gegen die Polizei erho­benen Anschul­di­gungen. Und diese wiegen um so schwerer, als dass sie vom Opfer Nico Wehemann bestätigt wurden. In einer Kurz­nach­richt an seine 853 Abon­nenten ließ er wissen:

Polizei schaut zu

Aber, es geht noch weiter. Eben­falls über­nommen wird die Meldung von oe24.at, „DAS INTER­NET­PORTAL VON ÖSTER­REICH„, und auch der Spiegel greift die Meldung auf. Dort schreibt man zwar etwas zurück­hal­tender von einem Sicher­heitsmann, des rechten Antaios Ver­lages. Doch gar­niert mit einem dra­ma­ti­schen Zitat Weh­ne­manns kommt die Nach­richt an:

Von hinten hat mich ein Sicher­heitsmann, der zu Antaios gehörte, nie­der­ge­streckt.

Und weiter heißt es „Bild­ma­terial zeigt, wie ihm ein Mann in Leder­jacke das Knie in den Rücken rammt.

Ein Skandal! Doch gleichwohl einer, der dazu geeignet wäre, von diversen Über­griffen auf Verlage des poli­tisch rechten Spek­trums auf der Buch­messe abzu­lenken. Denn, dort wurden immerhin „nur“ – zum Teil überaus kost­spielige – poli­tisch moti­vierte Sach­be­schä­di­gungen an den Mes­se­ständen (ver­mutlich) rechter Verlage begangen. Getroffen hat es bei­spiels­weise den Antaios Verlag, der mit der Ver­öf­fent­li­chung von Rolf Peter Sie­ferles „Finis Ger­mania einen Über­ra­schungs­erfolg feierte. Im August/September sorgte die Plat­zierung des Buches in der Spiegel Best­sel­ler­liste samt der unrühm­lichen öffent­lichen Debatte darüber quer durch alle Feuil­letons für einiges Auf­sehen. Eben­falls betrüblich endete der Mes­se­auf­tritt für einen Gemein­schafts­stand der Zeit­schrift „Tumultund dem Verlag Manu­scriptum: Ihr Mes­se­stand war in der Nacht zum Freitag kur­zerhand von Unbe­kannten leer­ge­räumt worden.

Nun liegt es mir fern, diese zutiefst unde­mo­kra­ti­schen poli­ti­schen Aus­schrei­tungen auch nur im Ansatz ent­schul­digen zu wollen. Doch als ehr­licher Beob­achter ist mir klar, dass ein hand­fester Nazi-Überfall in der öffent­lichen Wahr­nehmung weit mehr wiegt, als teils zer­störte, teils ent­wendete Druckerzeug­nisse oder demo­lierte Mes­se­stände.

So weit also, so gut. Denn fast sah es nun danach aus, als könne sich der deutsche Buch­handel noch einmal der lei­digen Frage ent­ziehen, ob es da nicht even­tuell ein kilit­ze­kleines Pro­blemchen akuter linker Into­leranz in den eigenen Reihen gäbe. Aber halt nur fast. Denn derweil sich noch fast alle über den Nazi-Überfall freuten, erreichte plötzlich einen Nach­richt aus dem Off die Öffent­lichkeit. Dort schrieb der Frank­furter Jour­nalist und Soziologe Jonas Fedders:

Lieber Nico Weh­nemann, als ich dir das Foto zur Ver­fügung gestellt habe, habe ich dir explizit dazu gesagt, dass der Mann auf dir meiner Beob­achtung nach zufolge ein Zivil­po­lizist ist – kein Nazi. Warum ver­breitest du Fake News?

Tja, und das war es dann ver­mutlich auch schon, mit der Anekdote vom bru­talen „Nazi-Überfall„, die so wun­derbar von den eigent­lichen poli­ti­schen Extre­mismus-Pro­blemen auf dieser Buch­messe hätte ablenken können. Denn anstatt von der Betrachtung einer bigotten Linken weg­zu­führen, die ange­sichts ihrer Angst, die Kul­tur­he­ge­monie ver­lieren zu können, vor kaum etwas zurück­schreckt, eignet sich nun auch diese kleine Geschichte ganz vor­trefflich zur Illus­tration eben dessen.

Abschließend könnte man nun, zur Rettung der ver­trackten Situation, even­tuell noch die Repu­tation des „Partie-Killers“ Jonas Fedders in Frage ziehen. Doch zumindest seinem twitter Profil nach zu urteilen, scheint er sich eher im poli­tisch linken Milieu zu ver­orten. Dort finden sich Bei­träge, die sich für die links­extreme „rote Flora“ aus­sprechen ebenso wie solche, gegen Poli­zei­gewalt, oder, etwas all­ge­meiner, „gegen rechts“. Und so steht für mich außer Frage, dass auch er einer dieser jungen linken Jour­na­listen mit Hang zum linken Akti­vismus zu sein scheint, wie wir sie heut­zutage so häufig antreffen. Jedoch, und das macht den kleinen, aber feinen Unter­schied: Bei ihm scheint der Anspruch an Jour­na­lismus die Ver­bun­denheit zum linken „Akti­vismus“ noch zu über­wiegen. Und das wie­derum trifft man heut­zutage leider nicht mehr so häufig an.

Statt­dessen allent­halben ver­zweifelt hys­te­rische Auf­schreie ange­sichts diver­gie­render Mei­nungen oder, bes­ten­falls, Rela­ti­vie­rungen, was das Zeug hält.

Exem­pla­risch sei hierzu abschließend die ansonsten redlich um Serio­sität bemühte FAZ zitiert. Sie ver­meldet über die Sozialen Medien facebook und twitter „Der Auf­tritt rechts­ge­rich­teter Verlage auf der Frank­furter Buch­messe sorgt weiter für Aufruhr ..“ wozu der Autor und Blogger Boris T. Kaiser scharf­sichtig wie lako­nisch kom­men­tiert:

Kurzer Rock sorgt für Mas­sen­ver­ge­wal­tigung

Und sehr viel mehr bleibt zum Stand der aktu­ellen Debat­ten­kultur in Deutschland dann auch nicht zu sagen.

 

 

 

 


Quelle Text und Bilder: pip-news
Bilder sind Screen­shots / Twitter Screen­shots — die genaue Quelle des Twit­ter­ac­counts erkennen Sie auf den Bildern